Körperliche Veränderungen
Körperliche Veränderungen und mögliche Intervention
Zu den folgenden Themen werden mögliche körperliche Veränderungen am Lebensende und Besonderheiten bei Menschen mit komplexer Behinderung dargestellt und Möglichkeiten der Symptomlinderung beschrieben.
Charakteristische körperliche Veränderungen im Sterbeprozess können sowohl über verbale als auch über nonverbale Zeichen sichtbar werden. Äußerliche Merkmale können Schwäche, Müdigkeit, vermehrter Schlaf, Appetitlosigkeit bis hin zu Ekel vor Nahrung und Trinken, Abmagerung, Schmerzen, Fieber, Inkontinenz, Atembeschwerden, Atempausen und farbliche Veränderungen der Haut umfassen. Bei der Begleitung dieser Veränderungen spielen nicht nur medikamentöse, sondern auch nicht-pharmakologische Strategien eine entscheidende Rolle. Das übergeordnete Ziel besteht darin, ein Sterben ohne quälende Symptome zu ermöglichen und dadurch die Würde und die Lebensqualität des Sterbenden zu wahren und zu fördern. [1]
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über „typische“ körperliche Veränderungen am Lebensende und mögliche Interventionen. Eine wirkungsvolle Symptombehandlung ist essentiell für die Erhaltung von Lebensqualität. Unter Umständen ist dazu ärztliche Unterstützung, idealerweise durch ein Team zur Spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) heranzuziehen. Die nachfolgenden Vertiefungen (siehe Pfeile bzw. hinterlegte Seiten) geben einen Einblick in Besonderheiten bei Menschen mit komplexer Behinderung und möglichen hilfreichen Angeboten.
Körperliche Veränderungen | Interventionen
Müdigkeit
Stark zunehmende Müdigkeit kann ein erstes Anzeichen dafür sein, dass ein Perspektivwechsel in Richtung Palliativ Care angebracht ist. Möglicherweise können aktivierende Maßnahmen zu anstrengend werden und zugunsten des Wohlbefindens verändert oder ersetzt werden, z.B. Rollstuhl statt Gehen, Waschen am Waschbecken oder im Bett statt Duschen.
Mangelnder Appetit & Durst
Hunger- und Durstgefühl können im Sterbeprozess abnehmen. Essen und Trinken werden z.B. durch das Aufeinanderpressen der Lippen, das Ausspucken von Essen oder das zur Seite drehen des Kopfes abgelehnt. Es kann auch zu Ekel gegenüber Speisen und Getränken kommen. Zunächst sind andere Ursachen wie z.B. Schmerzen, Infektionen im Mundbereich und Obstipation auszuschließen. Ist dies nicht der Fall, sollte die Verweigerung von Essen und Trinken akzeptiert werden. Sie ist als Schutzfunktion des Körpers zu verstehen, da der Stoffwechsel nach und nach abnimmt und Nährstoffe nicht mehr verarbeitet werden können. Die Nahrungsaufnahme kann dann zur Last werden und dem Körper zu viel Energie kosten. Das Einstellen von Hunger- und Durstgefühlen ist als Schutzreaktion des Körpers zu verstehen. Die Angst, dass Menschen am Lebensende verhungern und verdursten ist völlig unbegründet.
Wenn Menschen nicht mehr essen, wird eine Mundpflege umso wichtiger. Am Lebensende kann der Mund austrocknen und die Gefahr, dass Infektionen entstehen wird größer.
Mundtrockenheit
Es kann dazu kommen, dass der Mund austrocknet, z.B. wegen einer Abneigung zu trinken, durch Medikamente oder eine ausgeprägte Mundatmung. In der Folge können sich schmerzhafte Borken und Risse bilden. Eine gute Mundpflege (Befeuchten von Lippen und Zunge mit Lieblingsgetränk, Pflegen der Lippen und Zunge mit öliger/fettiger Substanz) kann dann helfen.
→ Mundpflege
Schmerzen
Schmerzen sind ein Hauptsymptom in der palliativen Situation und können sich im Krankheitsverlauf verstärken (z.B. wenn Tumore wachsen). Diese sollten unbedingt medikamentös behandelt werden. Aber auch verschiedene alternative Möglichkeiten können der Schmerzreduktion dienen.
Viele Menschen mit komplexer Behinderung können ihre Schmerzen nicht artikulieren. Stattdessen kann es sein, dass sie diese mittels körperlicher Reaktionen oder herausfordernde Verhaltensweisen (wie schreien, schlagen, stereotypen Bewegungen oder in sich gekehrt sein) zeigen. Aber auch kleinste Signale und Stressreaktionen des Körpers, wie ein erhöhter Puls und Blutdruck, eine schnellere Atmung, ein Anspannen der Muskeln können einen Hinweis darauf geben. Derartige Indikatoren sollten genau beobachtet werden. Bei Bedarf sind spezifische Assessmentinstrumente zur Schmerzerfassung einzusetzen.
→ Schmerzen und Schmerzerkennung,
→ Medikamentöse Schmerzbehandlung,
→ Basale Stimulation,
→ Aromapflege
Unruhe
Bei Unruhe müssen zunächst andere Ursachen, wie z.B. Luftnot, Schmerzen, Verstopfung, Juckreiz oder Harnstau ausgeschlossen werden.
Es kann aber auch unabhängig davon im Sterbeprozess dazu kommen, dann können vertraute Elemente (z.B. Musik, Gegenstände und Düfte), sowie die Anwesenheit von vertrauten Personen, liebevolle Gesten, Nähe und Zuwendung helfen. Sollte die sterbende Person sich durch die angebotene Maßnahme nicht beruhigen, sollte sie eingestellt werden, da sie auch als unangenehm oder zu intensiv empfunden werden kann.
Es kann aber auch unabhängig davon im Sterbeprozess dazu kommen. Dann können vertraute Elemente (z.B. Musik, Gegenstände und Düfte), eine veränderte Lagerung, sowie die Anwesenheit von vertrauten Personen, liebevolle Gesten, Nähe und Zuwendung helfen. Sollte die sterbende Person sich durch die angebotene Maßnahme nicht beruhigen, sollte sie eingestellt werden, da sie auch als unangenehm oder zu intensiv empfunden werden kann.
-> Positionierung
-> Basale Stimulation
Atembeschwerden & Atemveränderungen
Atembeschwerden entstehen bei verschiedenen chronischen Erkrankungen oder auch im Alter, wenn die Funktionen von Herz und Lunge abnehmen. Verschiedenen Möglichkeiten, wie für frische Luft sorgen, atemerleichternde Lagerungen oder Atemmassagen können die Atemsituation verbessern.
Die Gabe von Sauerstoff am Lebensende ist oft nicht mehr empfohlen, da sie die Atemwege austrocken und zu einem Hustenreiz führen kann.
Bei Atemnot kann gegebenenfalls ein:e Palliativmediziner:in hinzugezogen werden und über eine medikamentöse Hilfestellung beraten.
Am Lebensende kann es zu zunehmenden Atempausen im Schlaf kommen (Cheyne-Stokes-Atmung). Mit zunehmender Müdigkeit werden diese Pausen immer länger und auch am Tag deutlicher. Wenn die Person keine Zeichen von Atemnot zeigt, ist davon auszugehen, dass sie nicht darunter leidet und nichts getan werden muss.
→ Atmung und Atemunterstützung
Quellen
[1] vgl. Hartmann 2023, S. 173
Literatur
Hartmann, B. (2023): Grundlagen der Palliativversorgung in Wohnformen der Eingliederungshilfe. In: Zuleger, A., Maier-Michalitsch, N. (Hg.), Pflege und palliative Care interdisziplinär bei Menschen mit Komplexer Behinderung. Düsseldorf: selbstbestimmtes leben, S. 168-187.