Palliative Versorgung und Begleitung
Dr. Helga Schlichting | Julia Heusner | Mia Weithardt [Universität Leipzig]
Gefördert durch die
Palliative Care ist von großer Bedeutung für Menschen mit komplexer Behinderung, da sie oft mit schweren und fortschreitenden Erkrankungen konfrontiert sind. Sie zielt darauf die Lebensqualität schwerkranker und sterbender Menschen, sowie ihrer An- und Zugehörigen wieder herzustellen und zu erhalten. Die Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse der Betroffenen liegt daher besonders im Fokus. Für den Personenkreis der Menschen mit komplexer Behinderung bedeutet dies unter anderem sich ethischen Fragen zu stellen, alternative Kommunikationsformen und vielfältige Verstehenszugänge zu finden und zu entwickeln, sowie Herausforderungen des Zugangs zu hospizlichen und palliativen Einrichtungen und Diensten anzugehen. Die Begleitung von An- und Zugehörigen spielt eine ebenso wichtige Rolle wie die Entwicklung einer speziellen Organisationskultur in Einrichtungen der Eingliederungshilfe. Entsprechend des Wunsches vieler Menschen mit geistiger Behinderung „zu Hause“ zu sterben, sollen Einrichtungen nicht nur Lebensorte sondern auch Orte des Sterbens sein können. Mitarbeitende benötigen daher spezielle Schulungen und Unterstützung, um den besonderen Anforderungen in der palliativen Versorgung gerecht zu werden.
Palliative Care zielt darauf ab, die Lebensqualität sterbender Menschen so gut wie möglich zu erhalten. Menschen mit komplexer Behinderung benötigen dazu eine bedürfnisgerechte individuelle Pflege, alternative Kommunikationsformen und vielfältige Verstehenszugänge.
Relevanz und Bedeutung von Palliative Care
Zunahme der Relevanz der Themen in der Eingliederungshilfe
Sterben und Tod sind unangenehme Themen. Gleichzeitig sind sie allgegenwärtige Aspekte des Lebens, denen sich alle Menschen früher oder später stellen müssen. Oft geschieht dies zunächst als Angehörige, Freund:innen oder Bekannte. [1] Auf viele Menschen mit komplexer Behinderung trifft die Allgegenwärtigkeit des Themas in besonderer Weise zu: Aufgrund ihrer komplexen Krankheitssituation und damit einhergehenden Krisen oder Lebenslimittierungen sind sie oft früher und wiederholt mit ihrer eigenen Endlichkeit konfrontiert [2]. Dies ergibt auch eine Sekundäranalyse vorhandener Daten zu Sterberaten bei Menschen mit geistiger Behinderung des Forschungsprojekts Palliative Care und hospizliche Begleitung von Menschen mit geistiger und schwerer Behinderung (PiCarDi). Demnach gibt es „ein[en] negative[n] Zusammenhang zwischen Hilfebedarf und Sterbealter: je höher der Hilfebedarf, umso niedriger ist das durchschnittliche Sterbealter.“ [3] Auch Familien und Bezugspersonen von Menschen mit komplexer Behinderung müssen sich demnach früher und häufiger als andere Personen, mit den Themen Sterben und Tod beschäftigen. [4]
Recht auf Teilhabe in der letzten Lebensphase
Ein Teilhabe-Anspruch in Bezug auf die letzte Lebensphase findet sich zunehmend auch in der deutschen Gesetzeslage wieder. Sowohl die UN-Behindertenrechtskonvention, als auch das Hospiz- und Palliativgesetz betonen die Notwendigkeit des Abbaus von Barrieren in der gesundheitlichen Versorgung (Art. 25 UN-BRK) bzw. den gleichberechtigten Zugang aller Menschen zu hospizlichen und palliativen Strukturen. Auch Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland weißt explizit darauf hin, dass das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe von schwerkranken bzw. sterbenden Menschen mit Behinderung auf die Zugänglichkeit von palliativen Versorgungsangeboten anzuwenden ist. [7] Diese sollen ohne jede Einschränkung barrierefrei in Anspruch genommen werden können.
Herausforderungen in der palliativen Versorgung und Begleitung
Neben den „typischen“ Veränderungen und Symptomen, die für die meisten Menschen in den letzten Lebenstagen üblich sind, bringen Menschen mit komplexer Behinderung spezifische Herausforderungen für die hospizliche und palliative Begleitung und Versorgung mit. Diese erfordern eine individuelle und differenzierte Auseinandersetzung.
Die Frage nach dem Beginn einer palliativen Situation bei Menschen mit komplexer Behinderung
Typische Symptome am Lebensende treten im Lebensverlauf auf
Symptome, die charakteristisch für das Lebensende sind, können bei Menschen mit komplexer Behinderung das ganze Leben lang immer wieder auftreten. Dies können Begleitsymptome von verschiedenen lebenslangen chronischen Erkrankungen oder die Folge einer schweren cerebralen Bewegungsstörungen sein, wie Skoliosen mit Organverlagerungen, Kau- und Schluckstörungen mit Aspiration und folgender Lungenschädigung und körperliche Fehlbildungen oder Organstörungen als Folge von Syndromen, die sich verschlechtern können.
Bedarf an palliativer Begleitung in krisenhaften Situationen
Nach Jennessen [8] sind viele Menschen mit komplexer Behinderung von einer Lebensverkürzung betroffen und befinden sich in fragilen Gesundheitssituationen. Oft wird Menschen mit komplexer Behinderung medizinischerseits eine kurze Lebenszeit attestiert und oft durchlaufen sie mehrmals schwerste Erkrankungen und Krisen im Lebensverlauf, bei denen ein Überleben fraglich ist. Eine palliative Begleitung kann und sollte daher immer auch bei krisenhaften Veränderungen einsetzen, bei denen eine Behandlung schwerwiegender Symptome (Schmerzen, Atemnot usw.) nötig ist.
Schwierigkeit palliative Situationen von vorübergehende Krisen zu unterscheiden
Derartige (scheinbar) palliative Situationen können beim Personenkreis folglich sehr schnell und unvorhergesehen entstehen, aber auch wieder überwunden werden. Gerade junge Menschen mit komplexer Beeinträchtigung haben oft einen großen Lebenswillen und können schwere gesundheitliche Krisen überwinden. In dieser Situation ist die gute Beobachtung aller Beteiligten notwendig, und zu klären, ob sich der:die Betroffene tatsächlich am Lebensende oder in einer vorübergehenden Krise befindet. Mit Entscheidungen für die Änderung oder den Abbruch von kurativen Maßnahmen muss sehr behutsam umgegangen werden [9].
Schleichende Veränderungen als Zeichen einer palliativen Situation
Palliative Situationen können auch als schleichende Prozesse mit schrittweiser Verschlechterung des Gesundheitszustandes und Funktionsaufgabe von Organen verlaufen. Dies kann sich unteranderem durch eine vermehrte Anfälligkeit für Krankheiten, Müdigkeit oder dem Nachlassen von Aufmerksamkeit zeigen. Es kann sein, dass ein Mensch Essen und Trinken ablehnt oder bei Alltagstätigkeiten sehr schnell erschöpft, z.B. beim Sitzen im Rollstuhl oder beim Laufen. Es kann auch sein, dass Menschen an liebgewonnen Aktivitäten kein Interesse mehr zeigen, sich zurückziehen oder kaum mit anderen interagieren (möchten). Auch aggressive Verhaltensweisen können auftreten.
Wichtig ist, dass solche schleichenden Veränderungen beobachtet und als mögliches Zeichen von sich verschlechternden Krankheiten, Alterungsprozessen oder auch eines sich ankündigenden Lebensendes in Betracht gezogen werden. Es ist dann zu fragen, welche Interventionen zugunsten der Lebenszeit notwendig und sinnvoll sind und welche zum Wohlfühlen im Jetzt unterlassen werden können. Zudem sollten auch andere Interpretationsmöglichkeiten, wie z.B. eine psychische Erkrankung als mögliche Ursache für die Veränderungen durchdacht werden. In allen Situationen muss dafür Sorge getragen werden, dass ein Mensch mit komplexer Behinderung angemessen pflegerisch, medizinisch und psychosozial begleitet und betreut wird.
Verständnis von Sterben und Tod
Erfahrungen mit Sterben und Tod beeinflussen das Verständnis
Alle Menschen haben ein unterschiedliches Verständnis von Sterben und Tod und dem was danach passiert. Bei Menschen mit einer komplexen Behinderung wird dieses schnell auf ihre kognitiven Fähigkeiten zurückgeführt. Ihnen wird oft kein umfassendes Verständnis zugetraut bzw. die Fähigkeit ein solches entwickeln zu können abgesprochen. Stattdessen werden sie immer wieder mit Kindern verglichen. Dadurch besteht die Gefahr zu übersehen, dass über die Lebensspanne gemachte Erfahrungen ein wichtiger Faktor für die Herausbildung eines Verständnisses von Sterben und Tod sind. [10]
Viele Erfahrungen mit Sterben und Tod
Wie oben beschrieben ist für den Personenkreis der Menschen mit komplexer Behinderung davon auszugehen, dass viele in ihrem Leben nicht nur besonders früh sondern auch besonders viele Erfahrungen mit Abschied, Sterben und Tod machen. Sie erleben wiederholt gesundheitliche Krisen, mit ungewissem Ausgang, die sie mit ihrer eigenen Endlichkeit konfrontieren. In ihrem Umfeld sind sie davon betroffen, dass z.B. Mitbewohne:innen, Kolleg:innen oder Freund:innen, aufgrund einer Erkrankung oder damit einhergehender Krisen früh versterben. [11]
Schlechte Begleitung kann zu Ängsten und Unsicherheit führen
Auch Menschen mit komplexer Behinderung bemerken derartige Veränderungen, nehmen damit einhergehende Stimmungen sensibel wahr, entwickeln eigene Gedanken und Gefühle dazu und reagieren entsprechend. Wenn ihnen eine solche Wahrnehmung und ein (umfassendes) Verständnis von Sterben und Tod nicht zugetraut wird, werden ihnen möglicherweise Informationen und Erklärungen vorenthalten. Das kann zur Herausbildung eines falschen Verständnisses, zu einer falschen Einordnung von künftigen Situationen, sowie zu Angst und Unsicherheit auch in Bezug auf das eigene Lebensende führen. [12]
Verschiedene Begleitangebote machen
Eine gute Begleitung von Erfahrungen mit Abschied, Sterben und Tod, kann hingegen zu einem Gefühl von Sicherheit beitragen [13], indem die verschiedenen Dimensionen des Todes nach und nach begreifbarer werden und eine Bearbeitung der eigenen Gefühle und Gedanken ermöglicht wird. Dafür ist es wichtig, dass Begleitpersonen ein Bewusstsein dafür haben, dass von außen nie vollständig sichtbar ist, was in einer Person vorgeht und was sie versteht. Begleitpersonen sollten verschiedene Ausdrucksweisen möglichst vielfältig interpretieren und Begleit- und Bildungsangebote schaffen, die von verschiedene Verständnisniveaus als Möglichkeit ausgehen.Eine gute Begleitung von Erfahrungen mit Abschied, Sterben und Tod, kann hingegen zu einem Gefühl von Sicherheit beitragen [13], indem die verschiedenen Dimensionen des Todes nach und nach begreifbarer werden und eine Bearbeitung der eigenen Gefühle und Gedanken ermöglicht wird. Dafür ist es wichtig, dass Begleitpersonen ein Bewusstsein dafür haben, dass von außen nie vollständig sichtbar ist, was in einer Person vorgeht und was sie versteht. Begleitpersonen sollten verschiedene Ausdrucksweisen möglichst vielfältig interpretieren und Begleit- und Bildungsangebote schaffen, die von verschiedene Verständnisniveaus als Möglichkeit ausgehen.
Enttabuisierung
Das bedeutet konkret, dass die Themen Sterben, Tod und Trauer nicht tabuisiert werden. Menschen mit komplexer Behinderung sollten nicht aus einem Schutzgedanken heraus davon ferngehalten werden [14].
Bildungsangebote
Bildungsangebote rund um die Themen Gesundheit/Krankheit, Abschied, Sterben, Tod und Trauer können ihnen auch ohne konkret veranlassende Begebenheiten die Möglichkeit eröffnen, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen und darauf vorzubereiten. Es können z.B. Bildungsfahrten in ein Hospiz, auf den Friedhof oder andere mit Sterben, Tod und Trauer aussoziierte Orte stattfinden, Filme zu dem Themenkreis geschaut und als Gesprächsanlass genutzt werden, sowie Angebote zu einem gesundheitsbewussten Lebensstil, zu verschiedenen Krankheitsbildern oder auch spezifischen medizinischen Behandlungen mit Anschauungsmaterial oder Betroffenen, die von ihren Erfahrungen damit berichten, erfolgen. Derart kontinuierliche Angebote können einen Raum für langwierige Prozesse des Verständnisaufbaus darstellen.
Sterben, Tod und Trauer mit allen Sinnen erfahrbar machen und begleiten
Weiter sollten Menschen mit komplexer Behinderung nicht von schwerkranken und sterbenden Menschen in ihrem Umfeld abgeschirmt werden. Damit kann einerseits die Trauerarbeit vorbereitet werden, andererseits kann die direkte Wahrnehmung mit allen Sinnen zu einem Verstehen und zum Abbau von Ängsten beitragen. In der Begleitung eines sterbenden Menschen können sie bestenfalls erfahren, dass dieser in seiner vertrauten Umgebung bleiben darf, mit der Situation nicht alleine gelassen wird und, dass seine Symptome behandelt werden. Weiter sollte Menschen mit komplexer Behinderung angeboten und ermöglicht werden sich von Toten zu verabschieden, wenn sie dies wünschen. Durch das Sehen und Berühren, sowie durch begleitende Erklärungen können sie erfahren, dass ein Mensch tot ist, sein Herz nicht mehr schlägt, er nicht mehr atmet, sich die Hautfarbe verändert und der Körper kalt wird. Dadurch wird unter anderem verstehbar, dass es dem toten Menschen nicht wehtut, wenn er verbrannt oder beerdigt wird. Auch die Teilnahme an Beerdigungen, Gedenkfeiern und weiteren Ritualen sollte angeboten und ermöglicht werden. [15]
Umgang mit der Wahrheit
Offene und ehrliche Kommunikation
Ein weiterer wichtiger Grundsatz in der Kommunikation mit Menschen mit komplexer Behinderung ist, dass auch sie ein Recht auf offene und ehrliche Kommunikation über Krankheit, Sterben und Tod haben. Die Vermutung, dass sie Informationen nicht verstehen oder damit überfordert sein könnten, können dies verhindern. Damit wird Menschen mit komplexer Behinderung die Möglichkeit genommen, bewusste Entscheidungen zu treffen und sich z.B. auf einen Abschied vorzubereiten. [16] Begleitende sollten eigene Vorannahmen daher reflektieren und Menschen mit komplexer Behinderung gegenüber ehrlich sein. Auch, wenn sie nicht sicher sind, was das Gegenüber verstehen kann, sollten sie ihm Informationen bereitstellen. Wenn sich Begleitende das Überbringen schlechter Nachrichten nicht zutrauen, können sie überlegen, wer noch dafür in Frage kommen könnte. Beim Informieren ist die Verwendung einer möglichst einfachen, konkreten und klaren Sprache, sowie die Verwendung von anschaulichen Hilfsmitteln zur Unterstützung der Kommunikation wichtig [17].
Autonomie und Entscheidungsfindung
Recht auf Autonomie und Selbstbestimmung
In der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland heißt es: „Der sterbende Mensch muss darauf vertrauen können, dass Entscheidungen unter Achtung seines Willens getroffen werden. […] Die Gewährleistung von menschenwürdigen Rahmenbedingungen für schwerstkranke und sterbende Menschen, die Garantie sozialer Rechte und einer angemessenen Begleitung gehören ebenso wie die Sicherung von Autonomie und Selbstbestimmung zu den Merkmalen einer Gesellschaft, die die Rechte Schwerstkranker und Sterbender als hohes Gut ansieht und verteidigt“ [19].
In dem Auszug der Charta wird deutlich, dass u.a. die Wahrung von Autonomie und Selbstbestimmung eine herausragende Rolle in der hospizlichen und palliativen Begleitung von Menschen in der letzten Lebenszeit spielt.
Fehlendes Zutrauen in die Entscheidungsfähigkeit
Für den Personenkreis von Menschen mit komplexer Behinderung kann dieser Anspruch in seiner Realisierung jedoch herausfordernd sein. Ihnen wird oftmals nicht zugetraut weitreichende Entscheidungen für sich und ihr Leben bzw. ihr Lebensende zu treffen. Auch ein individualistisches Autonomieverständnis, dass von einer persönlichen Freiheit und Eigenverantwortung ausgeht, stellt einen ungünstigen Hintergrund für die Sichtweise auf die Entscheidungsfähigkeit und Entscheidungsprozesse von Menschen mit komplexer Behinderung dar.
Relationale Autonomie
Dabei bleibt die grundsätzliche Verletzlichkeit und Angewiesenheit aller Menschen zueinander unbeachtet [20]. Von daher scheint ein relationaler Zugang zu Selbstbestimmung und Autonomie sinnvoll [21]. „Vor dem Hintergrund eines solidarisch gedachten Selbstbestimmungsbegriffs, der Selbstbestimmung allen Menschen gleichermaßen zuerkennt, und der Vulnerabilität und Angewiesenheit letztlich aller Menschen, kann Selbstbestimmung nur relational möglich sein, denn Selbstbestimmung realisiert sich meist in Beziehungen zu anderen Menschen.“ [22]
Unterstützende Entscheidungsfindung
Es ist daher angebracht Menschen mit komplexer Behinderung nicht vorschnell von Entscheidungsprozessen auszuschließen. Ihre Wünsche, Bedürfnisse und Vorstellungen müssen ernst genommen werden, um ihre Autonomie bestmöglich zu gewährleisten. Es braucht einen Paradigmenwechsel von stellvertretenden Entscheidungen hinzu einer unterstützten Entscheidungsfindung auch für diesen Personenkreis. Bei Menschen mit komplexer Behinderung Selbstbestimmung zu ermöglichen kann auch bedeuten kleinste körperliche Veränderungen und Reaktionen als Ausdruck der eigenen Selbstbestimmungsfähigkeit wahrzunehmen und sensibel darauf einzugehen. Begleitende sind dazu angehalten sich selbst zu reflektieren, um zu verhindern, dass gut gemeinte Fürsorge in Paternalismus und Fremdbestimmung übergeht.
Beratungsgespräche zur Gesundheitlichen Versorgungsplanung sowie ethische Fallbesprechungen können Möglichkeiten darstellen um unterstützte und gemeinsame Entscheidungsprozesse umzusetzen.
Gespräche zur Gesundheitlichen Versorgungsplanung nach §132g
Aufsuchendes Beratungsangebot
Seit 2015 sind Einrichtungen der Eingliederungshilfe mit dem Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung (HPG) in Deutschland aufgefordert, für ihre Klient:innen die sogenannte Gesundheitliche Versorgungsplanung am Lebensende nach § 132g SGB V anzubieten.
Unter der Gesundheitlichen Versorgungsplanung wird ein aufsuchendes Beratungsangebot verstanden. Ziel der Beratung ist es „frühzeitig Werthaltungen und Einstellungen in Bezug auf Leben und Sterben sowie Versorgungswünsche“ [23] zu besprechen. Eigene Vorstellungen und Präferenzen können für „Situationen der Einwilligungsunfähigkeit“ [24] dokumentiert werden. Konkret kann u.a. über die medizinisch-pflegerische Versorgung und Betreuung in der letzten Lebensphase, über möglich Notfallsituationen sowie geeignete Maßnahmen der palliativ-medizinischen, palliativ-pflegerischen und psychosozialen Versorgung gesprochen werden. Die Beratungen werden durch qualifizierte Gesprächsbegleiter:innen durchgeführt. Es handelt sich um eine kassenärztliche Leistung – das bedeutet, dass das Beratungsangebot für gesetzlich Krankenversicherte kostenlos ist.
In den Beratungsprozess können verschiedenen Bezugspersonen (Angehörige, gesetzliche Betreuer:innen, Mitarbeiter:innen) sowie die behandelnden (Haus-)Ärzt:innen einbezogen werden, sofern dies von den Klient:innen gewünscht ist.
Offenes Beratungsangebot
Grundsätzlich handelt es sich bei der Gesundheitlichen Versorgungsplanung um ein offenes Angebot. Das bedeutet: es besteht die Möglichkeit, dass am Ende eines Beratungsprozesses eine Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung erstellt wird. Es kann sich aber auch dagegen entschieden werden. Es gibt unterschiedliche Instrumente in einfacher Sprache (z.B. Zukunftsplanung am Lebensende von Bonn Lighthouse) mit denen eine Werteerfassung und Vorausplanung ermöglicht werden soll.
Mit Blick auf Menschen mit komplexer Behinderung kann die Gesundheitliche Versorgungsplanung an gewisse Grenzen kommen. Können Klient:innen ihre Entscheidungen nicht ohne großen Interpretationsspielraum selbst zum Ausdruck bringen, müssen unter Umständen andere Wege zur Entscheidungsfindung genutzt werden.
Ethische Fallbesprechungen
Ethische Fallbesprechungen implementieren
Ethische Fallbesprechungen haben sich im klinischen Kontext als wertvolles Instrument bei schwierigen ethischen Entscheidungen etabliert, insbesondere wenn es um die Begleitung und Versorgung von Menschen geht, die ihren Willen nicht mehr äußern können oder Unterstützung im Entscheidungsprozess benötigen. Sie bieten eine strukturierte Möglichkeit, solche Fragestellungen mit allen Beteiligten zu diskutieren, einschließlich der betroffenen Person, soweit möglich. Eine Fallbesprechung ist besonders hilfreich bei Behandlungsentscheidungen oder wenn es um den mutmaßlichen oder natürlichen Willen der betroffenen Person geht. Ziel ist eine ethisch verantwortungsvolle Entscheidungsfindung, die sowohl die Rechte und Bedürfnisse der Person mit komplexer Behinderung als auch ethische Grundsätze und rechtliche Vorgaben berücksichtigt.
Teilnehmende
Dabei sollten alle Menschen, die die betroffene Person gut kennen und in ihre Versorgung eingebunden sind (z.B. Angehörige, der:die rechtliche Betreuer:in, Freund:innen, die begleitenden Fachkräfte, der:die Hausärzt:in, Leitungspersonen und weitere), einbezogen werden. [25] Die ethische Fallbesprechung wird von einer diesbezüglich ausgebildeten Person moderiert.
Wissen über die Lebensgeschichte
Es ist sinnvoll, frühzeitig Informationen über die Biographie, Wünsche, Werte und Zukunftsvorstellungen der betroffenen Person zu sammeln und in Absprache mit ihr zu dokumentieren, um in einer Fallbesprechung darauf zurückgreifen zu können. Der Fokus liegt dann darauf, was im Sinne der betroffenen Person wäre und welche Maßnahmen sinnvoll erscheinen. [26]
Besondere ethische Brisanz und Reflexion eigener Haltungen
Entscheidungsprozesse am Lebensende bei Menschen mit komplexer Behinderung haben aufgrund der Euthanasie-Verbrechen zur Zeit des Nationalsozialismus besondere ethische Brisanz. Ermordungen wurden als Akt der Gnade euphemisiert und gerechtfertigt, indem Behinderung und Leid geleichgesetzt wurden [27]. Tendenzen dieser Ideologien sind auch in der heutigen Leistungsgesellschaft wirkmächtig. Aussagen, die das Leben eines Menschen mit komplexer Behinderung als vorwiegend leidvoll beschreiben, wiesen beispielsweise auf ein derartiges Gedankengut hin.
Etablieren von ethischen Fallbesprechungen in der EGH
Ethische Fallbesprechungen können helfen, derartige Prägungen zu reflektieren und zu einem ethischen Bewusstsein beitragen. Entscheidungen können gemeinsam getroffen und getragen werden. Träger von Wohnformen für Menschen mit Behinderung sollten daher ethische Fallbesprechungen, etwa durch ein Ethikkomitee, anbieten.
An- und Zugehörige begleiten
Die Begleitung von An- und Zugehörigen in ihrer Sorge und ihrer Trauer ist essentieller Bestandteil von Palliativ Care
Bedürfnisse und Wünsche von Angehörigen
Um Angehörige angemessen begleiten zu können ist es wichtig etwas über die jeweils spezifischen Familiengeschichten, die Beziehungsmuster und die damit möglicherweise einhergehenden Gefühle und Vorstellung der Angehörigen zu erfahren.
Die Rolle von Eltern und Angehörigen über die Lebensspanne
Lebenslange Sorge um die Gesundheit
Eltern und Angehörige, häufig Geschwister, sind oft über die gesamte Lebensspanne wichtige, nicht selten die wichtigsten, Bezugspersonen von Menschen mit komplexer Behinderung. Gerade in der oft aufwändigen (pflegerischen) Versorgung, Begleitung und beharrlichen Anwaltschaft sind Eltern ein lebenslanger Anker für ihre Kinder [28] und nicht selten ihre Lebensversicherung. Auch wenn diese erwachsen sind und in Einrichtungen leben, bleibt gerade die gesundheitliche Sorge häufig bei ihnen.
Ängste und Sorgen in Bezug auf das Lebensende
Fragen der gesetzlichen Betreuung und guten Versorgung
Im Hinblick auf das Lebensende belasten Eltern und Angehörige oftmals Fragen hinsichtlich der gesetzlichen Betreuung sowie finanzielle Aspekte, und sie machen sich Sorgen bezüglich einer guten pflegerischen und psychosozialen Versorgung ihrer Kinder bzw. Geschwister, wenn sie die Begleitung nicht mehr leisten können [29].
Insbesondere Eltern von erwachsenen Kindern mit komplexer Behinderung sind von ihrer lebenslangen anstrengenden Sorgetätigkeit im Alter häufig erschöpft, hinzu kommen Probleme und Erkrankungen, die das eigene Altern mit sich bringt [66]. Dies nehmen sie sehr schmerzhaft wahr.
Angst vor dem Vorversterben
Für viele ist es eine kaum aushaltbare Vorstellung, dass sie ihren erwachsenen Kindern am Lebensende nicht beistehen können, besonders, wenn diese nicht über Sprache verfügen und sich kaum selbst pflegen und versorgen können [30].
Wünsche für die Begleitung am Lebensende
Versterben im vertrauten Umfeld
Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder lebenslang, auch bei erhöhtem Pflegebedarf und bis zum Versterben, in ihrer gewohnten Wohneinrichtung bleiben können, müssen aber erfahren, dass sächliche, strukturelle und personelle Gegebenheiten dies verhindern können [31], [32]. So erleben sie, dass Bewohner*innen mit einem erhöhten Pflegebedarf wegen Alters oder zunehmender körperlicher Einschränkungen in stationäre Pflegeeinrichtungen, wie Wohnpflegeheime oder Altenheime, umziehen müssen [33].
Beteiligung an der Versorgung
Eltern und Angehörige möchten in die Begleitung am Lebensende als gleichwertige Partner*innen einbezogen werden. Viele wünschen sich bis zum Tod bei ihrem Kind zu bleiben und hoffen auf Verständnis und der Schaffung entsprechender Bedingungen in den Wohneinrichtungen [34].
Auseinandersetzung mit den Themen Tod und Sterben
Schützen und Schonen vor schwierigem Thema
Für Eltern ist die Thematisierung der Themen Sterben und Tod mit ihrem erwachsenen Kind aus unterschiedlichsten Gründen schwierig und wird deshalb oft vermieden. Ursachen dafür liegen einerseits in der grundsätzlichen gesellschaftlichen Tabuisierung, andererseits aber auch in der Absicht das Kind vor den schwierigen Themen zu „schützen“ und zu „schonen“ oder einem unterstellten mangelnden Verständnisses seitens des Kindes [35].
Das Lebensende ihrer erwachsenen Kinder ist demzufolge für Eltern und Angehörige ein schwieriges und mit vielen Ängsten und Sorgen belegtes Thema.
Möglichkeiten der Begleitung
Unterstützung von Angehörigen
In der Begleitung von Angehörigen ist es wichtig biografische Aspekte und besondere Belastungen zu berücksichtigen, um Reaktionen besser nachvollziehen zu können. Weiter sollten Angehörige in ihren Sorgen und Ängsten ernst genommen und gehört werden. Dazu gehört auch die Bereitschaft Wut und Traurigkeit von Angehörigen auszuhalten. Möglicherweise kann die Einbindung eines Hospizdienstes auch für Angehörige eine wertvolle Unterstützung bieten. Eine offene und transparente Kommunikation über den jeweiligen Gesundheitszustand der schwerkranken bzw. sterbenden Person ist besonders wichtig, damit Angehörige diesen nach und nach annehmen können. Angehörige können zudem dabei unterstützt werden ihre Rolle in der hospizlichen und palliativen Begleitung zu erkennen und umzusetzen, indem sie beispielswiese angeleitet werden bestimmte Maßnahmen der Sterbebegleitung zu übernehmen.
Menschen mit Behinderung in der Rolle als Begleitende
Auch Menschen mit geistiger Behinderung, die zum Beispiel als Mitbewohnende und Freund:innen zu den Zugehörigen einer schwerkranken bzw. sterbenden Person gehören, können und wollen oft begleitende Aufgaben übernehmen. Sie sollten nicht aus einem Schutzgedanken davon ausgeschlossen werden.
Gemeinsame Entscheidungsfindung
Gesetzlich Betreuende nehmen eine wichtige Rolle im Hinblick auf Entscheidungsprozesse am Lebensende ein. Diese gehen mit einer hohen Verantwortung und zugleich einer großen Last einer. Sie sollten damit nicht allein gelassen werden. Stattdessen sollten Entscheidungen mit allen Beteiligten und nach Möglichkeit auch mit dem schwerkranken bzw. sterbenden Menschen gemeinsam getroffen werden. Ethische Fallbesprechungen können dabei helfen. Das Wissen um ein derartiges Instrument kann auch Angehörige entlasten.
Hospizliche und Palliative Einrichtungen und Dienste
ambulante und stationäre Angebotsstrukturen
Viele Menschen haben den Wunsch, zu Hause zu sterben. Das kann bei Menschen mit komplexer Behinderung das Elternhaus, aber auch eine Wohngruppe der Eingliederungshilfe oder eine andere Wohnform sein, in der sie leben. Ambulante Angebote der Palliativ- und Hospizarbeit können den Wunsch zu Hause zu sterben unterstützen. Für den Fall, dass eine Begleitung zu Hause aufgrund einer schweren körperlichen Symptomatik nicht mehr möglich ist, können stationäre Angebote in Anspruch genommen werden.
Die Grafik gibt einen Überblick über die wichtigsten ambulanten und stationären hospizlichen und palliativen Dienste:
Erschwerter Zugang für Menschen mit komplexer Behinderung
Palliative Care als Bestandteil der Regelversorgung
Mit dem Inkrafttreten des Hospiz- und Palliativgesetzes im Jahr 2015 wurde Palliative Care und damit die Inanspruchnahme der eben beschriebenen Dienste als Bestandteil der Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkassen und Pflegeversicherung in Deutschland deutlich gestärkt. Jede:r Versicherte, der:die an einer unheilbaren, lebenslimitierenden und/oder chronisch fortschreitenden Erkrankung leidet, hat einen Anspruch auf Palliative Care und Sterbebegleitung. Dieser Anspruch besteht unabhängig davon, ob sich die Versicherten zu Hause, in einem Krankenhaus, einem Pflegeheim oder in einer Wohnstätte der Eingliederungshilfe aufhalten.
Zugangsbarrieren
Angebote der hospizlichen und palliativen Begleitung und Versorgung stehen damit also grundsätzlich auch Menschen mit komplexer Behinderung offen, dennoch können sie aufgrund von Zugangsbarrieren und einer fehlenden flächendeckenden Versorgungsstruktur nicht gleichberechtigt davon profitieren. [36]
Fehlende Barrierefreiheit
Zugangsbarrieren können unter anderem im Fehlen barrierefreier Architektur und Ausstattung palliativer und hospizlicher Einrichtungen liegen. Zudem können institutionalisierte Formen des Zusammenlebens den Zugang zum allgemeinen Gesundheitssystem erschweren [37]. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts PiCarDi-D aus einem Online-Fragebogen zu konkreten Sterbefällen in besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe belegen, dass Kooperationen zwischen der Eingliederungshilfe und stationären Hospizen und Palliativstationen eher selten vorhanden sind [38]. Grundsätzlich steht der Zugang zu einem stationären Hospiz bei Erfüllung der Aufnahmekriterien (komplexe Symptomlast, geringe Lebenserwartung von wenigen Tagen bis wenigen Monaten) auch Menschen, die in Einrichtungen der Eingliederungshilfe wohnen, offen. [39] Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Leistungsanspruch eines:einer Bewohner:in gegenüber der Eingliederungshilfe bei Umzug in ein Hospiz endet. „Damit ist eine weitere Begleitung durch Mitarbeitende der Eingliederungshilfe, die die Menschen unter Umständen über lange Zeit betreut haben und ihnen sehr vertraut sind, nicht mehr Leistungsbestandteil der Eingliederungshilfe.“ [40] Auch für Menschen, die in Pflegeeinrichtungen wohnen ist der Zugang zu einem Hospiz mit dem Versorgungsvertrag nach SGB XI erheblich erschwert. Ein Umzug in ein stationäres Hospiz wird nur bei besonders komplexer Symptomlast vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen befürwortet. [41]
Berührungsängste und Unsicherheiten
Zugangsbarrieren können zudem auch durch Berührungsängste, Unsicherheiten und fehlende Informationen sowohl bei palliativen und hospizlichen Diensten als auch bei der Eingliederungshilfe, den Menschen mit komplexer Behinderung und ihren Angehörigen entstehen [42]. Mitarbeitende und Angehörige, die in der alltäglichen Begleitung sehr kompetent sind, können sich in der Pflege am Lebensende unsicher fühlen. Umgekehrt haben externe Fachkräfte zum Teil wenig Erfahrung im Umgang mit Menschen mit komplexer Behinderung und den Strukturen der Eingliederungshilfe. Ihnen fehlt häufig Wissen über behinderungsspezifische Erkrankungen, Symptome und Kommunikationsformen [43].
Relevanz von interdisziplinärer Zusammenarbeit und Kooperation
Vernetzung als zentrale Aufgabe und Herausforderung
Damit Menschen mit komplexer Behinderung eine gleichberechtigte und gleichwertige Begleitung am Lebensende ermöglicht werden kann, braucht es eine umfassende interdisziplinäre und multiprofessionelle Zusammenarbeit und Vernetzung verschiedener Fachleute und aller beteiligten Institutionen.
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordert offene Kommunikation, klare Rollenverteilungen, ein gemeinsames Verständnis der Ziele der hospizlichen palliativen Begleitung und Versorgung, sowie die Bereitschaft gegenseitig voneinander zu lernen. Dies ermöglicht es, Ressourcen effektiv zu nutzen.
Einrichtungen der Eingliederungshilfe sollten die örtlichen Strukturen kennen und Kontakte zu den beschriebenen Diensten in ihrer Umgebung unabhängig von akuten Krankheits- bzw. Sterbefällen knüpfen, um grundsätzliche Möglichkeiten der Unterstützung auszuloten und Informationen einzuholen. Kooperationen, gemeinsame Weiterbildungen und Fachtage können dazu beitragen Berührungsängste abzubauen und eine Perspektiverweiterung ermöglichen. [44]
Wohnformen der Eingliederungshilfe (EGH) als Lebens- und Sterbeorte
Organisationskultur und Organisationsentwicklung
Wunsch „zu Hause“ zu sterben
Die Forschungsergebnisse einer qualitativen Onlinebefragung zu konkreten Sterbefällen in besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe aus dem Forschungsprojekts PiCarDi legen nahe, dass sich viele Menschen mit geistiger und schwerer Behinderung (57%) nicht nur wünschen in ihrer jeweiligen Wohnform zu sterben, sondern auch tatsächlich dort versterben, wo sie sich zu Hause fühlen [45].
Gefahr des Umzugs in eine Pflegeeinrichtung
Mit steigenden alters- und krankheitsbedingtem Unterstützungsbedarf kann es jedoch auch dazu kommen, dass Umzüge in Pflegeeinrichtungen veranlasst werden. Daher stellt sich zum einen die Frage, wie Organisationen sich entwickeln müssen, damit ein Sterben vor Ort möglich ist und derartige Umzüge vermieden werden können, zum anderen, was es für eine gute hospizliche und palliative Begleitung in besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe braucht.
Zentrale Bedeutung der Organisationskultur
Das Forschungsprojekt PiCarDi kommt auf der Grundlage von qualitativen Befragungen von Leitungskräften und Fachkräften unterschiedlicher Wohnformen zu dem Schluss, dass „[…] Fragen von professioneller Haltung und Organisationskultur zentral sind für eine gute Begleitung am Lebensende.“ [46]
So konnte herausgearbeitet werden, dass die Organisationskultur sich besonders dann positiv auf die Begleitung und Versorgung von Menschen mit komplexer Behinderung am Lebensende auswirkt, wenn sie gleichermaßen personenzentriert ist, eine Kultur der Präsenz der Themen Sterben, Tod und Trauer vorhanden ist und eine funktionale Versorgungssicherheit vorliegt.
Personenzentrierung
Personenzentrierung meint in diesem Kontext, dass Unterstützungsprozesse konsequent an den individuellen Bedürfnissen und der subjektiven Selbstdeutung der schwerkranken bzw. sterbenden Bewohner:innen, unter Einbeziehung ihrer biografischen Prägung ausgerichtet werden.
Kultur der Präsenz der Themen Sterben, Tod und Trauer
Eine Kultur der Präsenz besteht dann, wenn die Themen Sterben, Tod und Trauer zugelassen und als Aufgabe angenommen und verstanden werden. Dies umfasst Kompetenzen der Mitarbeitenden in diesem Themenfeld sowie die konzeptionelle Verortung in der Einrichtung.
Funktionale Versorgungssicherheit
Die Dimension der funktionalen Versorgungssicherheit bezieht sich auf strukturelle und personelle Aspekte. Insbesondere geht es darum, ob die notwendigen Versorgungsstrukturen, z.B. in Form von personellen, zeitlichen und räumlichen Ressourcen, für die Begleitung und Versorgung am Lebensende geschaffen und genutzt werden, ob Kooperationen mit externen hospizlichen und palliativen Angeboten bestehen und wie diese integriert werden. [47]
Maßnahmen zur Organisationsentwicklung
Die Entwicklung und Integration einer hospizlichen und palliativen Kultur in der Eingliederungshilfe erfordert eine koordinierte Anstrengung auf verschiedenen Ebenen. In erster Linie braucht es die Sensibilisierung für die Themen Sterben, Tod und Trauer. Weitere Maßnahmen können das partizipative Erarbeiten von Leitlinien, Standards und Dokumentationsunterlagen, die Etablierung von Instrumenten zur Schmerzerfassung und Biographiearbeit, das Angebot von Schulungen zu Palliativ Care für Mitarbeitende und das Herstellen von Kontakten zu externen hospizlichen und palliativen Diensten und Einrichtungen sein [48].
Was brauchen Mitarbeitende
Hohes Belastungserleben
Mitarbeitende aus besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe können in der Begleitung von Bewohner:innen mit komplexer Behinderung am Lebensende verschiedene Belastungen erleben. Hierzu zählen eigene Ängste im Umgang mit den Themen Sterben, Tod und Trauer und vor der Konfrontation mit der eigenen Endlichkeit. Auch unterschiedliche Einstellungen zum Umgang mit schwerkranken und sterbenden Bewohner:innen im Team und Unsicherheiten aufgrund fehlenden Wissens bezüglich einer angemessen Begleitung und Versorgung am Lebensende können als Belastung erlebt werden [49]. Darüber hinaus stellen plötzliche Todesfälle eine besondere Belastungssituation dar, da sie häufig mit Gefühlen wie Schock und Schuld verbunden sind, insbesondere wenn die Todesursache unklar ist oder es sich um einen Suizid handelt [50]. Ein weiterer zusätzlicher Belastungsfaktor stellt der zunehmende Fachkräftemangel und ein schlechter personeller Schlüssel in Wohneinrichtungen dar. Haben Mitarbeitende das Gefühl nicht genügend zeitliche Ressourcen für die Begleitung eines:einer sterbenden Bewohner:in zu haben, kann dies zu einer moralischen Belastung werden, da sie ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht werden können [51].
Das Team
Möglichkeiten zur Entlastung
Das Forschungsprojekt PiCarDi hat herausgearbeitet, dass auch das Handeln des Teams entscheidend für eine gute Begleitung am Lebensende ist. In Workshops mit Mitarbeitenden äußeren diese, dass sie es für besonders wichtig erachten, dass das Team die Begleitung von schwerkranken bzw. sterbenden Bewohner:innen als gemeinsame Aufgabe ansieht und annimmt. Der Zusammenhalt innerhalb des Teams sowie eine gegenseitige Unterstützung trage dazu bei, dass Mitarbeitende sich in der Begleitung unterstützt fühlen [52].
„Und da ist es natürlich immer gut, wenn man dann auf die Kollegen, die schon so lange da sind und, […] dass man die anrufen kann und die die anderen, die dann jederzeit auch gerne bereit sind, einem zur Seite stehen, unterstützen.“ (WS4, Dok1, 630-634, [53)
Definition Palliative Care nach der WHO
Schmid (2014) schlägt vor den Teamzusammenhalt zu stärken, in dem eine konstruktiven Kommunikationskultur und gemeinsame Rituale entwickelt werden. Dies kann z.B. durch gemeinsame (ethische) Fallbesprechungen, die Nutzung von Reflexions- und Austauschinstrumenten und von gemeinsamer Teamzeit sowie Supervision erreicht werden. [54] Dort sollte, Raum für die Emotionen der Mitarbeiter:innen geschaffen werden und eine offene Kommunikation über die jeweiligen Erfahrungen, Ängste und Unsicherheiten ermöglicht werden [55]. Weiter ist es nach Schmid (2014) wichtig, dass eine Rollenklärung der einzelnen Teammitglieder hinsichtlich der jeweiligen Aufgaben, Funktionen und Grenzen erfolgt. Dazu gehört auch das Treffen von Absprachen über Auszeiten von der Begleitung und Versorgung schwerkranker bzw. sterbender Bewohner:innen und das Aufteilen von Verantwortlichkeiten. [56] Bezüglich des Umgangs mit einem plötzlichen Todesfall kann es entlastend wirken, im Voraus festgelegte Handlungsschritte befolgen zu können. [57].
Selbstfürsorge
Selbstreflexion und bewusster Umgang mit eigenen Emotionen
Selbstsorge umfasst die Reflexion darüber, einen bewussten Umgang mit den eigenen Emotionen zu pflegen und sich selbst etwas Gutes zu tun. In vielen Fällen besteht eine langjährige Beziehung zu dem:der schwerkranken bzw. sterbenden Bewohner:in, weshalb die Auseinandersetzung mit dem eigenen Trauerprozess eine wichtige Komponente der Selbstsorge ist. Zudem ist es wichtig, spezifische Belastungsfaktoren in der Begleitung von Sterbenden und ihren Angehörigen zu erkennen und Warnsignale für Überforderung oder Burnout frühzeitig zu identifizieren und entsprechend darauf zu reagieren. Bei Bedarf sollten Mitarbeitende Anlaufstellen und Hilfsmöglichkeiten in Anspruch nehmen, das können z.B. ehrenamtliche Hospizbegleiter:innen und Seelsorger:innen sein. Auch eine aktive Auseinandersetzung mit der beruflichen Rolle, ihren Möglichkeiten und Grenzen, ist Teil von Selbstsorge, ebenso wie ein guter Ausgleich zur Arbeit. [58]
Qualifikation und Weiterbildung
Möglichkeiten der Qualifikation und Weiterbildung ausschöpfen
In Interviews des Projekts PiCarDi betonen Mitarbeitende die Notwendigkeit von Qualifikation, Weiterbildungsmaßnahmen und Schulungen, um der verantwortungsvollen Aufgabe der Begleitung und Versorgung von schwerkranken bzw. sterbenden Bewohner:innen gerecht werden zu können [59]. Sie sollten Kenntnisse darüber erwerben, wie sie schwerkranke bzw. sterbende Bewohnerinnen und deren Zugehörige begleiten können, wie sie deren Bedürfnisse erkennen, welche lindernden Maßnahmen sie anwenden und wie sie ein Abschiednehmen begleiten können. Darüber hinaus sollten sie lernen eigene Grenzen zu erkennen und sich mit internen und externen hospizlichen und palliativen Strukturen zu vernetzen. [60]
Die Qualifikation und Weiterbildung von Mitarbeitenden kann zu verschiedenen Zeitpunkten, z.B. bereits im Rahmen der Ausbildung, ansetzen und in unterschiedlichen Formaten, z.B. als Fortbildung, Inhouse-Schulung oder Workshop, durch Fachvorträge über spezifische Themen, mit Hilfe von Online-Ressourcen und weiterem, stattfinden. Auch die Zusammenarbeit mit spezialisierten Fachkräften kann als eine Form der Qualifikation betrachtet werden.
Quellen
[1] vgl. Hartmann 2023, 168 [2] vgl. Reich 2019, 2 [3] Schäper et al. 2021, 29 [4] vgl. Reich 2019, 2 [5] vgl. PiCarDi Homepage [6] vgl. Schäper et al. 2021, 79 [7] vgl. ebd., 79 [8] vgl. Jennessen 2014, 23 [9] vgl. Hartmann 2023, 171 [10] vgl. Bruhn & Osterwald 2014, 116 [11] vgl. Reich 2019, 2 [12] vgl. Hartmann 2018, 26 [13] vgl. ebd., 26 [14] vgl. Bruhn 2014, 123 [15] vgl. Hartmann 2018, 92f. [16] vgl. ebd. 2018, 34 [17] vgl. Witt-Loers 2019, 127 [18] vgl. Hartmann 2018, 33 [19] Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e.V. 2020, 9 [20] vgl. Fricke et al. 2021, 39 [21] vgl. ebd., 39 [22] PiCarDi Homepage, 2 [23] Fricke et al. 2021, 38 [24] ebd., 38 [25] vgl. Hartmann 2018, 73f. [26] vgl. ebd., 37f. [27] vgl. Dederich 2014, 41f. [28] vgl. Achilles 2018, 57; [29] vgl. Haveman & Stöppler 2010, 132f. [30] vgl. Achilles 2018, 60 [31] vgl. Achilles 2016, 11 [32] vgl. Achilles 2018, 59; [33] Achilles 2016, 51f.; [34] vgl. PiCarDi-Homepage [35] vgl. Achilles 2016, 63 [36] vgl. Falkson & Tiesmeyer 2021, 51ff. [37] vgl. Schäper & Jennessen 2021, 23f. [38] Schäper et al. 2021, 31 [39] vgl. Hartmann 2018, 24 [40] Roemer et al. 2021, 9 [41] vgl. ebd., 9 [42] vgl. Falkson & Tiesmeyer 2021, 51f. [43] vgl. Schäper & Jennessen 2021, 23 [44] vgl. Hartmann 2018, 17f. [45] vgl. Schäper et al. 2021, 31 [46] ebd., S. 35 [47] vgl. Schäper et al. 2021, 34 [48] vgl. Hartmann 2018, 108 [49] vgl. Brand & Bruhn 2014, 155 [50] vgl. Brand & Bruhn 2014, 158f. [51] vgl. Schäper 2023, 7 [52] vgl. ebd., Folie 36 [53] vgl. ebd., Folie 37 [54] vgl. Schmid 2014, 240 [55] vgl. Kostrzewa 2020, 312 [56] vgl. Schmid 2014, 240 [57] vgl. Brand & Bruhn 2014, 159ff. [58] vgl. Schmid 2014, S. 241f. [59] vgl. Schäper et al. 2021, S. 41 [60] vgl. Hartmann 2018, S. 105
Literatur
Literatur
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Brand, C. & Bruhn, R. (2014): Wenn ein Mensch gestorben ist – eine Orientierung für Mitarbeiter in der Behindertenhilfe. In: Bruhn, R & Straßer, B. (Hrsg.): Palliative Care für Menschen mit geistiger Behinderung. Interdisziplinäre Perspektiven. Stuttgart: Kohlhammer, S. 155-167.
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Bruhn, R. & Osterwald, H. (2014): Sterbe- und Todesverständnis von Menschen mit geistiger Behinderung. In: Bruhn, R & Straßer, B. (Hrsg.): Palliative Care für Menschen mit geistiger Behinderung. Interdisziplinäre Perspektiven. Stuttgart: Kohlhammer, S. 116-119.
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Dederich, M. (2014): Leid und Mitleid im Leben von Menschen mit geistiger Behinderung. In: Bruhn, R & Straßer, B. (Hrsg.): Palliative Care für Menschen mit geistiger Behinderung. Interdisziplinäre Perspektiven. Stuttgart: Kohlhammer, S. 39-43.
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Haveman, Meindert & Stöppler, Reinhilde (2010): Altern mit geistiger Behinderung. Grundlagen und Perspektiven für Begleitung, Bildung und Rehabilitation. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage, Stuttgart: Kohlhammer.
PiCarDi Homepage. [Zugriff am 20.03.2024]
PiCarDi Homepage: Selbstbestimmung und Empowerment. [Zugriff am20.03.2024]
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Roemer, A.; Schroer, B.; Schäper, S. (2021): Teilhabe bis zum Lebensende. Handreichung für die Entwicklung und Darstellung von Leistungen in der Begleitung am Lebensende in der Eingliederungshilfe. Herausgeber: DGP. [Zugriff am 20.03.2024]
Schäper, S. & Jennessen, S. (2021): Gute Begleitung und Versorgung am Lebensende. In: Menschen. Zeitschrift für gemeinsames Leben, Lernen und Arbeiten, 44 (1), S.21-25.
Schäper, S.; Jennessen, S.; Schlichting, H. (2021): Abschlussbericht/ Erste Förderphase. Unveröffentlicht.
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Schäper, S., Jennessen, S., Schlichting, H.: „ Es geht um mein Leben und meinen Tod“ – Teilhabe bis zuletzt. PiCarDi-Abschlusstagung am 5. Oktober 2023. Unveröffentlicht.
Schmid, U. (2014): Begleitung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. In: Bruhn, R & Straßer, B. (Hrsg.): Palliative Care für Menschen mit geistiger Behinderung. Interdisziplinäre Perspektiven. Stuttgart: Kohlhammer, S. 239-242.
Witt-Loers, S. (2019): Trauernde Menschen mit geistiger Behinderung begleiten. Orientierungshilfe für Bezugspersonen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Impulsfragen & Reflexionsübungen
Impulsfragen
- Welche Erfahrungen haben Sie mit Sterben, Tod und Trauer? Wie sind sie bisher mit Sterben, Tod und Trauer umgegangen? Was sind Ihre Sorgen und Ängste? Was ist Ihre persönliche Meinung zu lebensverlängernden Maßnahmen? Wie definieren sie für sich Lebensqualität? Wie könnten ihre bisherigen Erfahrungen und ihre Haltung Ihre Fähigkeit einen Menschen mit komplexer Behinderung zu begleiten beeinflussen? Wo sind Ihre Grenzen?
- In welcher Beziehung stehen Sie zu dem schwerkranken bzw. sterbenden Menschen mit komplexer Behinderung? Was ist ihre gemeinsame Vergangenheit? Wie beeinflusst das Ihre Fähigkeit genau diesen Menschen am Lebensende zu begleiten?
- Was sind ihre persönlichen Strategien der Selbstfürsorge? Auf welche Strukturen im Team können Sie zurückgreifen? Welche externen Unterstützungsangebote gibt es?
- Wie ist die Organisationskultur im Hinblick auf die Dimensionen Personenzentrierung, Präsenz der Themen Sterben, Tod und Trauer und funktionale Versorgungssicherheit ausgestaltet? Wo gibt es Entwicklungsbedarf?
- Wie sind die regionalen hospizlichen und palliativen Strukturen? Welche Kontakte bestehen bereits? Welche können noch geknüpft werden?