Informationen zum Forschungsprojekt ‚Qualitätsoffensive Förderbereich – Quo F‘
Ausgangspunkte
Worum ging es im Forschungsprojekt Qualitätsoffensive Förderbereich und wie ist es entstanden?
Das Forschungsprojekt Qualitätsoffensive Förderbereich (abgekürzt Quo F) wurde von 2016–2020 von der Abteilung Pädagogik bei Geistiger Behinderung an der Humboldt Universität zu Berlin in Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule Heidelberg und verschiedenen Praxiseinrichtungen durchgeführt. Inhaltlich ging es dabei um die Verbesserung der Qualität der Arbeit mit erwachsenen Menschen mit schwerer Behinderung durch eine konzeptionelle Weiterentwicklung von nachschulischen Angeboten für diesen Personenkreis sowie um die Entwicklung von Qualifizierungsprogrammen für die Mitarbeiter/innen in den Einrichtungen.
Ausgangspunkt für das Forschungsprojekt Qualitätsoffensive Förderbereich waren die zwei Studien ‚SITAS‘ und ‚EloQuenT‘, die einige Jahre zuvor bundesweit in Förder- und Betreuungsbereichen oder vergleichbaren Einrichtungen durchgeführt wurden. Im Rahmen dieser Forschungsprojekte wurde u. a. danach gefragt, welche tagesstrukturierenden Angebote Menschen mit schwer Behinderung nach ihrer Schulzeit erhalten, wie diese inhaltlich und organisatorisch gestaltet sind und von welchen Personen sie geplant und durchgeführt werden.
Forschungsbefunde
Die Ergebnisse zeigten, dass bundesweit äußerst uneinheitliche Organisationsformen existieren, die mit einer vielfältigen inhaltlichen Ausgestaltung sowie umfassenden gestalterischen Freiheiten einhergehen. Es wurde ebenso deutlich, dass die Angebote nicht immer so gestaltet wurden, dass Menschen mit schwerer Behinderung dadurch Teilhabe an gesellschaftlich und kulturell bedeutsamen Lebensbereichen ermöglicht wurde. Dies konnte u.a. darauf zurückgeführt werden, dass für die tagesstrukturierenden Einrichtungen bisher weder in der Praxis noch im Bereich der Fachwissenschaft umfängliche und fundierte Konzepte existieren, die für die Planung und Gestaltung von Angeboten als Orientierung dienen können. Darüber hinaus wurde deutlich, dass bei vielen Mitarbeiter_innen ein Qualifikationsbedarf hinsichtlich des pädagogischen Grundlagenwissens und methodisch-didaktischer Fähigkeiten besteht.
Das weitgehende Fehlen von fachwissenschaftlich fundierten Konzepten, das zeigten die Untersuchungen ebenfalls, kann durchaus der wissenschaftlichen „Schwerstbehindertenpädagogik“ angelastet werden, die sich in den letzten 40 Jahren primär mit Fragen des Kindes- uns Jugendalters auseinandergesetzt und damit weitgehend als schulbezogene Pädagogik etabliert hat.
Mangels alternativer Konzepte orientiert sich die planerische und methodische Umsetzung von Angeboten für erwachsene Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung nach wie vor oft an den frühen und frühsten Stufen der kindlichen Entwicklung. Erwachsenen Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung werden kleinkindliche Inhalte zugemutet, die ignorieren, dass die menschliche Entwicklung sich über die gesamte Lebensspanne in Übergängen und damit verbundenen Lebensereignissen, Veränderungen und Umstrukturierungen vollzieht.
Welche Ziele verfolgte das Forschungsprojekt Quo F?
Ziele
Aus dem gerade Ausgeführten ergab sich für die Wissenschaftler_innen das Motiv und gleichzeitig auch die Herausforderung, sich mit der Frage auseinander zu setzen, welchen Beitrag sie für die Praxis leisten können, der Mitarbeiter_innen darin unterstützt, erwachsenen Menschen mit schwerer Behinderung einen vielfältigen und interessanten Alltag zu ermöglichen. Letztlich ging es um die Frage eines erfüllten Lebens für diesen Personenkreis.
Dieses Ziel kann erreicht werden, wenn Mitarbeiter_innen in der Praxis erwachsene Menschen mit schwerer Behinderung in ihren alltäglichen sowie kultur- und arbeitsweltbezogenen Tätigkeiten so unterstützen, dass sie an der Fülle der Lebensereignisse und -themen beteiligt werden und dabei Vielfalt und Teilhabe erleben können.
Dazu brauchen die Mitarbeiter_in in der Praxis, das haben die Forschungsprojekte gezeigt, theoretische, methodische und konzeptionelle Orientierungshilfen sowie sie unterstützende didaktische Materialien, die ihnen eine professionelle Gestaltung des Alltags und einen wertschätzenden Umgang mit erwachsenen Menschen mit schwerer Behinderung ermöglichen.
Welche Entwicklungsaufgaben ergaben sich daraus?
Entwicklungsaufgaben
Aus den zuvor dargestellten Zielen ergaben sich im Projekt zwei zentrale Entwicklungsaufgaben.
- Die Entwicklung von Materialien zur Weiterbildung von Mitarbeiter_innen für die Arbeit mit Menschen mit schwerer Behinderung
Die Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass die Mitabeiter_innen in den Einrichtungen in ihren Ausbildungen oft nicht spezifisch genug auf die Arbeit mit erwachsenen Menschen mit schwerer Behinderung vorbereitet werden. Für de Wissenschaftler_innen ergab sich daraus die Aufgabe, Weiterbildungsmöglichkeiten zu schaffen, in denen sich die Mitarbeiter_innen grundlegendes theoretisches und gleichzeitig praxisrelevantes Wissen für die Arbeit aneignen können.
- Entwicklung eines Orientierungsplans mit den Schwerpunkten Alltag, Arbeit und Kultur (wird als Folie eingeblendet)
Aber ebenso zentral war für die Wissenschaftler_innen die Entwicklungsaufgabe, Materialien zu konzipieren, die den Mitarbeiter_innen für die konkrete praktische Arbeit inhaltliche und methodisch-didaktische Impulse für die Gestaltung von Angeboten geben, damit sie erwachsene Menschen mit schwerer Behinderung in ihren alltäglichen sowie kultur- und arbeitsweltbezogenen Tätigkeiten unterstützen können. Sie wollten einen Orientierungsplan im Sinne einer Handreichung oder eines offenen Curriculums entwickeln, der Impulse, konkrete Ideen und methodische Hinweise für die Planung und Durchführung von Angeboten in den Teilhabefeldern Alltag, Arbeit und Kultur anbietet. Die Grafik fasst diese beiden Entwicklungsaufgaben nochmals zusammen:
Die linke Säule widmet sich der Weiterbildung der Mitarbeiter_innen. Sie beinhaltet einerseits praxisrelevante theoretische Grundlagen und anderseits Grundlagen der Planung.
Die rechte Säule, die den Orientierungsplan symbolisiert, stellt die Teilhabe von Menschen mit schwerer Behinderung an Alltag, Arbeit und Kultur in den Mittelpunkt.
Wie erfolgte die Umsetzung?
Umsetzung
Die Umsetzung des Projekts erfolgte durch die Abteilung Pädagogik bei geistiger Behinderung der Humboldt-Universität Berlin in Kooperation mit Frau Prof. Dr. Teresa Sansour von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Dem Forschungsteam war es dabei wichtig, die Materialien nicht am Reißbrett zu entwickeln, sondern im Austausch mit der Praxis. Deshalb wurde bei der Entwicklung der Materialien mit sieben unterschiedlichen Einrichtungsformen verschiedener Träger in Berlin und Baden-Württemberg kooperiert.
Durch den intensiven Austausch mit den Kolleg_innen in der Praxis ergab sich mehrfach im Verlauf des Projekts nicht nur die Notwendigkeit, begriffliche und inhaltliche Klärungen und Konkretisierungen vorzunehmen, die für die zu bewältigenden Entwicklungsaufgaben bedeutsam waren, sondern es mussten konzeptionelle Überlegungen auch grundsätzlich überdacht und bereits erledigte Entwicklungsaufgaben verworfen werden.
Personenkreis
Gleich zu Beginn mussten die Wissenschaftler_innen sich mit der Frage auseinandersetzen, welche Menschen gemeint sind, wenn von Menschen mit schwerer Behinderunggesprochen wird. Im Austausch mit der Praxis zeigte sich, dass der Personenkreis in den Einrichtungen äußerst heterogen ist und sich nicht mit einer nur annähernd einheitlichen Beschreibung fassen lässt. Dies wird auch in den sehr unterschiedlichen Bezeichnungen wie z.B. Menschen mit schwerer Behinderung, mit schwersten Behinderungen, mit komplexer Behinderung, mit hohem Unterstützungsbedarf usw. deutlich.
Bei den Hospitationen in den Einrichtungen trafen die Wissenschaftler_innen z. B. auf Menschen, die
- deutlich in ihren kognitiven Kompetenzen eingeschränkt zu sein schienen, aber durchaus sehr mobil waren.
- Andere wiederum zeigten massive Einschränkungen in allen motorischen Aktivitäten, unterschieden sich jedoch in ihren kognitiven Kompetenzen nicht von den Beschäftigten in einer WfbM.
- Aber wir trafen auch auf eine nicht geringe Zahl an Menschen, die sowohl in ihren elementaren Bewegungsaktivitäten und in ihren Fortbewegungsmöglichkeiten, in den Aktivitäten des Lernens und der Anwendung von Wissen, der Kommunikation, der Wahrnehmung und in der Selbstversorgung massiv eingeschränkt waren.
- Und nicht zuletzt begegneten uns Menschen, die kaum oder nur geringe Einschränkungen in der Motorik oder Kognition erkennen ließen, dafür aber ihre Umwelt durch ihre besonderen Verhaltensweisen herausforderten und Menschen, die nicht den Leistungserwartungen der WfbM entsprachen.
Die Beispiele verdeutlichen nochmals die enorme Heterogenität des Personenkreises und unterstreichen, dass er in einer ‚einheitlichen‘ Beschreibung letztlich nicht fassbar ist. Trotzdem kristallisierte sich für die Einrichtungen, für die die Materialien entwickelt werden sollten, eine übergreifende Gemeinsamkeit heraus: Allen Menschen, um die es im Rahmen des Projekt gingt, wird aufgrund ihrer Einschränkungen, zugeschriebenen Unfähigkeiten und fehlenden Kompetenzen die Teilhabe am Lebensbereich Arbeit verwehrt. Der Gesetzgeber bzw. auch die Institutionen schreiben ihnen zu, nicht „werkstattfähig“ zu sein. Auch jenseits von Arbeit lässt sich feststellen, dass ihre selbständige gesellschaftliche Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft durchgängig und in vielen Bereichen langfristig und erheblich eingeschränkt ist und sie in der Regel lebenslang auf Fürsorge und Unterstützung durch andere angewiesen sind.
Für die Wissenschaftler_innen war es deshalb wichtig, bei der Entwicklung der Materialien, ohne die mit der Behinderung verbundenen biologischen Faktoren zu ignorieren, die erfahrene Interaktion von Menschen mit schwerer Behinderung mit der Umwelt sowie ihre Handlungs- und Erlebensdispositionen in den Blick zu nehmen. Daraus ergab sich die Notwendigkeit und Herausforderung, die Materialien und Rahmenbedingungen so zu konzipieren und zu arrangieren, dass sie den Handlungs- und Erlebensdispositionen von erwachsenen Menschen mit schwerer Behinderung so weit wie möglich entsprechen. Leitend war die Grundannahme, dass Menschen mit einer schweren Behinderung nicht grundsätzlich andere Bedürfnisse haben als andere Menschen.
Als Bezeichnung für den Personenkreis entschieden sich die Wissenschaftler_innen für den Begriff ‚Menschen mit schwerer Behinderung‘ und verzichten bewusst auf einen Superlativ.
Bezeichnung der Einrichtungen
Die Notwendigkeit einer weiteren begrifflichen Klärung ergab sich bei der Bezeichnung der Einrichtungen, für die die Angebote konzipiert werden sollten. Ebenso vielfältig und uneinheitlich wie die Beschreibung des Personenkreises erwies sich in der bundesweiten Praxis die Bezeichnung der Institutionen, in denen Menschen mit schwerer Behinderung gefördert, begleitet, unterstützt und betreut werden. Die Einrichtungen nennen sich z.B. Förder- und Betreuungsbereiche, Tagesförderstätten, Arbeitsbereiche, Tagesbeschäftigungszentrum, Angebot zur Beschäftigung, Förderung und Betreuung, Beschäftigungs- und Förderbereich usw. Die unterschiedlichen Begrifflichkeiten könnten suggerieren, dass sie mit entsprechenden Konzepten oder einer spezifischen Ausrichtung der Arbeit verbunden sind. Diese Vermutung fand in den Forschungsprojekten allerdings keinerlei Bestätigung.
Bei der Suche nach einer übergreifenden Bezeichnung der Einrichtungen im Projekt entschieden sich die Wissenschaftler_innen für den Begriff ‚Arbeits- und Bildungsorte‘.
Diese Wahl war nicht nur dadurch begründet, dass keiner der in der Praxis verwendeten Bezeichnung geeignet war, die unterschiedlichen Institutionsformen ‚abzubilden‘, sondern vor allem dadurch, dass die verwendeten Begrifflichkeiten aus Sicht der Wissenschaftler_innen eher grundsätzlich ungeeignet waren. Sie betrachten die Verwendung von Begriffen wie ‚Betreuung‘, ‚Beschäftigung‘ und ‚Förderung‘, die bei vielen Bezeichnungen der Einrichtungsform verwendet werden, im Kontext von erwachsenen Menschen mit schwerer Behinderung grundsätzlich kritisch. Es hat in den letzten 20 Jahren eine breite fachwissenschaftliche Diskussion mit dem Ergebnis stattgefunden, dass der Begriff ‚Förderung‘ als Zentralbegriff der Heil- oder Behindertenpädagogik kritisch zu sehen ist. Der Begriff ‚Förderung‘ erscheint gerade auch im Kontext erwachsener Menschen mit schwerer Behinderung ungeeignet, da er einen einseitigen Charakter aufweist, der die zu Fördernden passiv erscheinen lässt. Ebenso kritisch betrachten sie die aus ihrer Sicht äußerst diffusen Begriffe der ‚Beschäftigung‘ und der ‚Betreuung‘.
Mit der Entscheidung für die Verwendung des Begriffs ‚Arbeits- und Bildungsorte‘ im Rahmen des Forschungsprojekts schließen die Wissenschaftler_innen bewusst an die UN-BRK an, die allen Menschen, unabhängig von Art und Schwere der Behinderung, ein Recht auf Arbeit und Bildung einräumt. Er hat programmatischen Charakter, weil er einen klaren Auftrag formuliert, nämlich Angebote zu realisieren, die allen Menschen mit schwerer Behinderung die Teilhabe an Arbeit und Bildung ermöglichen. Zudem, was es ihnen besonders wichtig, dass die Bezeichnung Arbeits- und Bildungsort nicht an die bestehenden Institutionsformen gebundenist, sondern auch Angebote an anderen Orten, z. B. im Sozialraum berücksichtigt werden.
Multimediale
Umsetzung
Ein weiterer wichtiger Klärungsschritt erfolgte erst im zweiten Projektjahr und führte zu einer grundlegenden Neuausrichtung. In der Planung des Projekts waren die Wissenschaftler_innen davon ausgegangen, dass die Materialien, die sie für die Weiterbildung der Mitarbeiter_innen sowie zur Unterstützung bei der Planung von Angeboten entwickeln würden, in gedruckten Büchern mit vielen Praxisbeispielen erscheinen sollten. Im Austausch mit der Praxis zeigte sich jedoch, dass für die Mitarbeiter_innen in den Einrichtungen umfängliche Texte nicht unbedingt einen geeigneten Zugang darstellten. Die Wissenschaftler_innen mussten eingestehen, dass ihre Ausgangsüberlegungen zu akademisch waren. Die Mitarbeiter_innen in der Praxis, die zu einem größeren Anteil keine akademische Ausbildung durchlaufen haben, gaben ihnen zu verstehen, dass es eher unrealistisch sein würde, dass sie sich an ihrem Feierabend mit den entwickelten Materialien durch Lesen von dicken Büchern auseinandersetzen würden.
Die Wissenschaftler_innen haben daraufhin ihre ursprüngliche Planung verworfen, um in einem zeitlich, methodisch und technisch aufwändigen Prozess ein webbasiertes multimediales Konzept zu entwickeln, das die Inhalte über kurze Texte, Überblickvideos, Experteninterviews, Fotos und Grafiken usw. für die Nutzer_Innen zugänglich macht. Es ist in der Folge eine Online-Plattform mit ca. 30 GB an Materialien entstanden, die ca. 70 selbst erstellte Videos, 22 Texte zur Weiterbildung, 38 Module zur Gestaltung von Angeboten und mehrere Hundert Hinweise zu weiterführender Literatur enthielt.
Darüber hinaus haben wir uns entschieden, ergänzend zu unserem Webangebot ein Buch mit zentralen theoretischen Aspekten für die Weiterbildung der Mitarbeiter_innen zu veröffentlichen.
Welche Herausforderungen ergaben sich im Projekt?
Herausforderungen
Wie bereits erwähnt, hat eine intensivere erfahrungswissenschaftliche Auseinandersetzung mit erwachsenen Menschen mit schwerer Behinderung und den damit verbundenen Lebenswelten und Institutionen bislang kaum stattgefunden. Diese wissenschaftlichen Leerstellen wurden für uns auch zur Herausforderung bei der Erarbeitung der Inhalte, sowohl für die Weiterbildung der Mitarbeiter_innen als auch bei der Erarbeitung der didaktischen Materialien zur Gestaltung von Angeboten. Zu Themenfeldern, wie z.B. Kognition, Handlungskompetenz, Biografiearbeit, Inklusion oder Sozialraumorientierung, aber auch zu konkreten Praxisfeldern wie z.B. im Bereich der Teilhabe an der Kultur, fanden und finden sich kaum Hinweise in der einschlägigen Fachliteratur.
Diese Leerstellen im Rahmen des Projekts zu füllen, stellte eine sehr große Herausforderung dar. Wir haben uns bei der Entwicklung der Materialien zwar darum bemüht, erwachsene Menschen mit schwerer Behinderung fokussiert in den Blick zu nehmen, aber das ist uns nicht durchgängig gelungen. Insbesondere bei den weiterführenden Materialien mussten wir immer wieder auch auf Literatur, Videos, Webseiten usw. verweisen, die nicht unmittelbar etwas mit Menschen mit schwerer Behinderung zu tun haben. Wir betrachten diese Materialien als erste Impulse und als Angebot, sie weiter zu denken und auf die eigene Praxis zu transferieren
Nicht weniger herausfordernd war unser eigener Anspruch, mit den von uns entwickelten didaktischen Materialien die Mitarbeiter_innen in die Lage zu versetzen, Menschen mit schwerer Behinderung, unabhängig vom Schweregrad der Behinderung, eine umfassende Teilhabe an Alltag, Arbeit und Kultur zu ermöglichen. Wir glauben zwar, dass es uns gelungen ist, bei der Entwicklung der didaktischen Materialien das Lebensalter der Menschen mit schwerer Behinderung deutlich in den Vordergrund zu stellen und dass wir mit diesen Materialien den Mitarbeiter_innen Impulse und Methoden geben, die erwachsenen Menschen mit schwerer Behinderung mehr Möglichkeiten der Teilhabe an Alltag, Arbeit und Kultur aufzeigen. Gleichzeitig sind wir uns allerdings bewusst, dass uns dies noch nicht in der gewünschten Differenziertheit bei allen Themen gelungen ist. Je abstrakter die Themen waren, beispielsweise Themen wie ‚Politische Bildung‘ oder ‚Literatur‘, um so herausfordernder war es auch für uns, bei der Entwicklung von beispielhaften konkreten Angeboten gerade auch die Menschen mitzudenken, die in ihren kognitiven Fähigkeiten in besonderer Weise eingeschränkt sind. Hier wird für die Zukunft noch weitere Entwicklungsarbeit in Praxis und Theorie notwendig sein.
Grundsätzlich verstehen wir unser Webangebot als ‚Work in Progress‘, d. h. wir haben den Wunsch, dass derzeit noch fehlende Inhalte ergänzt werden und auch durch Mitwirkung der Praxis insbesondere die konkreten Beispielplanungen zu unterschiedlichen Themenschwerpunkten kontinuierlich ausgebaut werden.
Von wem und unter welchen Bedingungen kann die Online-Plattform genutzt werden?
Zu Beginn des Forschungsprojektes sollten sich die Materialien, die entwickelt werden sollten, auf die Arbeit in Förder- und Betreuungsbereichen oder vergleichbaren Einrichtungsformen, die wir hier Arbeits- und Bildungsorte nennen, beziehen. Vor diesem Hintergrund ist auch der Titel des Forschungsprojekts ‚Qualitätsoffensive Förderbereich – Quo F‘ entstanden.
Im Laufe des Forschungsprojekts hat sich allerdings im Austausch mit der Praxis herausgestellt, dass sowohl die theoretischen Grundlagen als auch die Inhalte zur Planung von Angeboten zur Teilhabe an Alltag, Arbeit und Kultur in gleicher Weise für Wohneinrichtungen, für die Erwachsenenbildung, für die Freizeitplanung usw. relevant sein können. Deshalb wurde, auch wenn nach wie vor die Arbeits- und Bildungsorte im Zentrum der Webseite standen, der Online-Plattform des Forschungsprojekts der Titel ‚Qualitätsoffensive Teilhabe – Teilhabe an Alltag, Arbeit und Kultur‘ gegeben.
Genutzt werden kann das Webangebot allerdings grundsätzlich von unterschiedlichen Personen, Institutionen und in verschiedenen Kontexten, also z.B. von Mitarbeiter_innen einer Einrichtung, die vielleicht ein Musik- oder Literaturangebot gestalten wollen, von Studierenden oder Schülerinnen der Fachschule für Heilerziehungspflege, die ein Referat vorbereiten, aber auch von Einrichtungen, die eine hausinterne Weiterbildung realisieren wollen usw.
Creative Commons
Lizenz
Um eine möglichst breite, weitgehend uneingeschränkte und kostenlose Nutzung der Online-Plattform zu ermöglichen, wurde und wird diese, wenn nicht anders angegeben, unter der
Creative Commons Lizenz CC BY-NC-ND 4.0
Materialien zur Weiterbildung
Auch wenn die Online-Plattform durchaus auch für ein individuelles Selbststudium genutzt werden kann, verstehen die Wissenschaftler_innen ihre Materialien primär als „Werkzeugkasten“ für strukturierte Weiterbildungsangebote, durch die Mitarbeiter_innen in der Praxis an die unterschiedlichen Inhalte des Webangebots heranführt und ausgewählte Aspekte vermittelt werden. Da eine solche ‚vermittelnde Instanz‘ aktuell noch nicht existiert, wurde 2021 in einem Modellprojekt in Kooperation mit der Akademie des Paritätischen Wohlfahrtverbandes eine erste Gruppe von Multiplikatoren qualifizieren, die mit dem dort erworbenen Wissen Weiterbildungen in den Einrichtungen durchführen können.
Wer hat zum Gelingen des Forschungsprojekts beigetragen?
Im Projektzeitraum haben sich unterschiedliche Personen und Institutionen eingebracht und zum Gelingen des Projekts beigetragen
Projektmitarbeiter_innen
Neben den Projektleitungen Wolfgang Lamers, Oliver Musenberg und Judith Riegert waren als Mitarbeiter_innen Anne Buder, Sophia Falkenstoerfer, Marlen Marzini, Tina Molnár, Stefanie Müller, Benita Richter, Teresa Sansour und Angelika Thäle beteiligt.
Studentische Mitarbeiter_innen
Große Unterstützung hatten die Forscher_innen bei verschiedenen Aufgaben durch unsere studentischen Mitarbveiter_innen Lucas Ditz, Henrieke Ehnert, Anja Gimpl, Isabel Göpper, Fiona Marie Haake, Marie-Christine Hakner, Julia Hammann, Alina von Hayn, Torsten Krämer, Viviane Lang, Christiane Lichtenfeld, Andre Schäfer und Jonathan Sieber.
Expert_innen
21 Kolleginnen und Kollegen aus der gesamten BRD haben dem Projektteam für Experten_inneninterviews zur Verfügung gestanden
Projektbeirat
Das Forschungsprojekt wurde über die gesamte Laufzeit konstruktiv von einem Beirat begleitet, in dem sich Frau Dr. Gabriele Schlimper, Herr Prof. Dr. Kar-Ernst Ackermann, Herr Erik Boehlke, Herr Michael Danner von Wilpert, Herr Konrad Lampart, Herr Jörg Markowski, Herr Michael Marterer und Herr Andreas Sperlich als externe Mitglieder engagierten.
Gestalterische und technische Unterstützung
Die Gestaltung und technischen Umsetzung der Online-Plattform wurde von Grafik Design – Gabriele Seiß und von Raphael Ehm von der Firma medienwald.de unterstützt. Bei den Aufnahmen der Interviews und bei der Weiterbearbeitung des Filmmaterials haben die Wissenschaftler_innen kompetente und umfängliche Hilfe durch Herrn Schulze und Herrn Tari vom Zentralen Service für Video- und Audioproduktion des Computer- und Medienservice der Humboldt- Universität zu Berlin erfahren. Einige Experteninterviews wurden an der Universität zu Köln am Lehrstuhl für Pädagogik für Menschen mit Beeinträchtigungen der körperlichen und motorischen Entwicklung von Prof. Dr. Jens Boenisch aufgenommen.
Finanzielle Unterstützung
Das Forschungsprojekt wäre nicht zu realisieren gewesen, wenn nicht erhebliche finanzielle Mittel zur Verfügung gestanden hätten. Hier gilt der Dank den Mittelgebern, der GIB e.V. Stiftung, der Heidehofstiftung, RC Partner für Reintegration und Chancengleichheit e.V. und der Software AG Stiftung, die das Projekt großzügig unterstützt haben.