Sport

PROFIL

Unterschiedliche Körper- und Bewegungserfahrungen zu machen, Freude an der Bewegung zu empfinden, gemeinsam zu spielen, Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit zu entwickeln und das körperliche Wohlbefinden zu steigern – all das ermöglichen attraktive Sportangebote. Doch wie können diese auch bei größeren körperlich-motorischen Einschränkungen der Teilnehmer_innen realisiert werden?

Körperliche und motorische Fähigkeiten erhalten und erweitern

Sport kann zum physischen und psychischen Wohlbefinden entscheidend beitragen und ist ein wichtiger Bereich der Gesunderhaltung. Ein Schwerpunkt bei sportlichen Angeboten liegt dabei auf dem Erhalten und Erweitern der körperlichen und motorischen Fähigkeiten, z. B. hinsichtlich Körperwahrnehmung, Bewegungssteuerung und Beweglichkeit, Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer, Koordinationsvermögen und Anstrengungsbereitschaft.

Mit regelmäßigen Sportangeboten kann zum einen dem individuellen Bewegungsdrang begegnet werden. Zum anderen ist Sport insbesondere auch als Ausgleich zu einem bewegungsarmen Alltag sinnvoll. Gerade Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen haben im Alltag oft wenig Gelegenheit, sich zu bewegen. Auch bei älteren Beschäftigten ist es notwendig, Vitalität und Beweglichkeit durch regelmäßige sportliche Angebote zu stärken. Darüber hinaus können das Einüben von Bewegungsabläufen und das Trainieren der Ausdauer durch sportliche Angebote auch das Bewegungsvermögen und die Leistungsfähigkeit im Alltag unterstützen.

Soziale Erfahrungen durch Sport

Durch Sport und Bewegung können nicht allein körperliche und motorische Fähigkeiten entwickelt, sondern auch vielfältige soziale Erfahrungen und Beziehungen gefördert werden. Sport- und Bewegungsspiele motivieren zur Kommunikation und Interaktion mit anderen Personen. Darüber hinaus bietet Sport vielfältige Möglichkeiten, das emotionale Gleichgewicht zu unterstützen, z. B. durch das Wechseln von Positionierungen oder das Ausgleichen eines erhöhten Bewegungsdrangs. Gerade auch im Hinblick auf die Förderung sozialer Beziehungen und emotionaler Stabilität unterscheiden sich solche Bewegungsangebote von physiotherapeutischen Maßnahmen.

Sportliche Angebote können sowohl innerhalb der einzelnen Einrichtungen als auch in deren Umfeld realisiert werden. So bietet z. B. die regelmäßige Bewegung im Park, wie Walken, Laufen, Rollstuhl fahren, oder die Teilnahme an inklusiven Angeboten von Sportvereinen die Möglichkeit für weitere sportliche und soziale Erfahrungen.

Um die sehr unterschiedlichen Bewegungsvoraussetzungen von Menschen mit schwerer Behinderung zu berücksichtigen, ist es erforderlich, sportliche Angebote zu gestalten, die motorisch vielseitig ansprechend sind. Ansonsten kann es leicht passieren, dass einzelne Beschäftigte beim Sport ausgeschlossen bleiben, weil die Anforderungen nicht auf ihre Möglichkeiten abgestimmt sind oder Orientierungshilfen für sie fehlen.

Insgesamt bietet es sich bei Sportangeboten an, Musik als Motivation und Unterstützung bzw. Rhythmisierung der Bewegungen mit einzubeziehen.

Unfallgefahr und Überlastung beachten

Um Unfällen und Überlastungen vorzubeugen, ist eine genaue Kenntnis der körperlichen Voraussetzungen der Teilnehmer_innen am Sportangebot erforderlich. Hierfür ist der Austausch z .B. mit Physiotherapeut_innen, Ärzt_innen und den Mitarbeiter_innen im Wohnbereich notwendig. Offene Bewegungssituationen, z. B. im Rahmen aufgebauter Parcours in der Sporthalle, eröffnen außerdem vielfältige Möglichkeiten zur Beobachtung individueller Bewegungsabläufe.

Beim Sport sollten die körperliche Belastung langsam gesteigert und regelmäßige (Trink-)Pausen eingeplant werden. Während des Angebots ist auf Zeichen der körperlichen Erschöpfung und Überlastung zu achten (z. B. Gesichtsblässe, flache Atmung, kalter Schweiß). Insbesondere auch bei Angeboten im Wasser sind die erhöhten Gesundheitsrisiken zu beachten (z. B. Anzeichen des Frierens, ein möglicherweise eingeschränktes Kälte- und Wärmeempfinden, Sicherheitsmaßnahmen bei Epilepsie).

THEMENSPEKTRUM

Die folgenden exemplarischen inhaltlichen Impulse sollen die Breite des Themenspektrums herausstellen. Sie beziehen sich sowohl auf Mitarbeiter als auch auf Beschäftigte.

  • den eigenen Körper bzw. die einzelnen Gliedmaßen bewusst erleben, z. B. Handmassagen, unterschiedliche Bewegungen der Füße (Fersengang, Zehengang …)
  • Bewegungslandschaften aufbauen, kennenlernen und nutzen:
    • unterschiedliche Materialeigenschaften wahrnehmen und erproben (z. B. verschiedene Matten, Schaukeln)
    • vielfältige Körpererfahrungen anregen und Bewegungsabläufe ausprobieren (z. B. rollen, drehen, kriechen, stützen, ziehen und schieben, werfen und fangen, gehen, laufen, hüpfen, springen, schwingen, schaukeln, klettern, hangeln)
  • unterschiedliche Bewegungsrichtungen beim Laufen, Gehen, Fahren (mit Rollbrett bzw. Rollstuhl) erproben: vor-, rück-, auf-, ab- und seitwärts, im Kreis, Slalom
  • sich auf verschiedenen Wegen durch den Raum bewegen:
    • schmale, breite, lange, kurz, kurvige, gerade Wege gehen oder fahren
    • Markierungsflecken oder Begrenzungen, z. B. Langbänke nutzen
  • sich allein, zu zweit oder in einer Gruppe bewegen (z. B. führen und folgen mit und ohne Körperkontakt, mit offenen und geschlossenen Augen)
  • Hindernisse (mit Unterstützung) wahrnehmen, einschätzen und bewältigen
  • sich mit Hilfsmitteln und Geräten (z. B. Rollstuhl, Rollator, Pedalo) durch einen Hindernisparcours bewegen
  • jahreszeitenspezifische Angebote gestalten (z. B. Laub im Herbst nutzen, Wassersprenger im Sommer einbeziehen)
  • bewegt werden (z. B. in den Stand aufrichten, unterschiedlich positionieren bzw. lagern)
  • beim Hochziehen, Kriechen, Gehen (in Alltagssituationen) durchhalten
  • Übungen zur Erwärmung durchführen (z. B. schnelles Gehen, Laufen, Treppen steigen, Dehnübungen)
  • Beweglichkeit fördern (z. B. Beweglichkeit der Gelenke wie Wirbelsäule, Schultergelenk, Hüfte, Fußgelenk)
  • Schnelligkeit trainieren (z. B. durch kurze Sprints, wechselnde Geschwindigkeiten bei Bewegungsabläufen)
  • Kraft- und Ausdauertraining (z. B. Zirkeltraining zu den großen Muskelgruppen Beine, Arme, Bauch, Rücken; Belastungssteigerung durch steigende Wiederholungszahl der Bewegungsabläufe)
  • Übungen im Sitzen und im Kniestand durchführen z. B. zur Stärkung der Bauch- und Rückenmuskulatur
  • Sportgeräte einbeziehen (z. B. Ruderanlage, Heimtrainer, Hanteln)
  • bewegt werden (z. B. Beine vorsichtig strecken und wieder anziehen, Hand bewegen)
  • Gymnastik im Liegen auf der Matte: Arme nach oben strecken, Füße flexen, Knie anziehen, Becken anheben usw.
  • Gymnastik im Sitzen: Arme strecken (pflückende Bewegungen), Kopf bewegen, Schultern anheben und fallen lassen usw.
  • Bewegungen nachahmen (z. B. Rumpfbeuge, Arme schwingen)
  • bekannte Bewegungen kombinieren bzw. Koordinationsübungen durchführen (z. B. die Arme kreisen und dabei gehen)
  • Partnerübungen durchführen und gegenseitig Hilfestellungen geben (z. B. beim Aufrichten aus der Rückenlage)
  • Bewegungsabläufe zur Musik ausführen
  • Trainings- und Übungsabläufe aus Aerobic, Pilates, Rückenschule, Yoga einbeziehen
  • verschiedene Sportarten kennenlernen und (in adaptierter Form) ausprobieren:
    • Weitwurf, z. B. mit beiden Händen, deutlich markiertem Ziel
    • Weitsprung, z. B. mit Handführung als Unterstützung
    • Sprint bzw. schnelles Laufen oder Fahren, z. B. unterschiedliche Geschwindigkeiten über eine kurze Strecken hinweg erleben
    • Ausdauerlauf bzw. -fahrt, z. B. über eine längere Strecke schnell geschoben werden
  • Kugelstoßen (mit Sicherheitsmaßnahmen)
  • Staffelläufe durchführen (kurze Distanzen gehen, laufen oder fahren und einen Gegenstand dabei transportieren und übergeben)
  • regelmäßiges Lauftraining (Joggen, Walken) bzw. Fahrtraining mit dem Rollstuhl
  • Umgang mit dem Rollstuhl üben:
    • Gleichgewicht im Rollstuhl halten können
    • das Selbstfahren und Gefahrenwerden erleben
    • in verschiedenen Geschwindigkeiten fahren und gefahren werden
    • schnelles Bremsen, Ein- und Aussteigen üben
    • auf unterschiedlichen Bodenbelägen und über Hindernisse fahren und gefahren werden (z. B. schiefe Ebene, Schwellen, unterschiedliche Matten)
  • mit Richtungsänderungen, im Kreis, Slalom fahren und gefahren werden
  • Staffeln fahren
  • Lockerungsübungen durchführen:
    • Muskeln des Schultergürtels entspannen und lockern (z. B. Schultern anheben und fallen lassen, Schultern kreisen lassen, leichte Massagen)
    • das Aufrichten des Oberkörpers trainieren, z. B. selbständiges Strecken an der Sprossenwand, Greifen nach Objekten, die sich über einem befinden)
  • verschiedene Spiele durchführen: Wheel-Soccer (Pezzi-Ball mit Händen oder Rollstuhl in ein gegnerisches Tor stoßen oder schlagen), Rollstuhlbasketball, Tischtennis usw.
  • sich zur Musik im Rollstuhl bewegen (z. B. Tanzformationen, Paartanz)
  • verschiedenen Bälle weitergeben, zuwerfen, rollen, fangen (z. B. Soft-, Gymnastik-, Pezi-, Noppen-, Zeitlupen-, Jonglierball)
  • Ball (beidhändig) im Stehen oder Sitzen prellen, gegen die Wand prallen lassen
  • Achtrollen um die Beine im Grätschstand, einen großen Ball um den Rollstuhl rollen
  • Ball-Weitrollen mit einer Hand oder beiden Händen
  • Ballspiele durchführen: (Sitz-)Fußball, Tischtennis, Korbball usw.
  • Fang- und Platzwechselspiele (im Rollstuhl) durchführen und erleben
  • Staffelspiele durchführen (z. B. Bälle tragen, rollen)
  • verschiedene Materialien zum Spielen nutzen: Zuspiel mit Bällen, gemeinsames Bewegen und Bewegt-Werden auf einem Air-Tramp (im Liegen, Sitzen, Stehen), Spiele mit dem Schwungtuch usw.
  • Sportspiele mit vereinfachten Regeln durchführen (z. B. Fußball, Korbball, Tischtennis)
  • Freizeitspiele kennenlernen (Boules, Frisbee, Bowling, …)
  • verschiedene Bewegungsformen im Wasser erfahren und ausprobieren, die ggf. nur dort möglich sind (z. B. sich strecken, gleiten)
  • einzelne Schwimmtechniken trainieren (z. B. Gleiten, Gehen, Tauchen, Beinschlag, Kraulen)
  • Übungen aus der Aquagymnastik durchführen (z. B. mit Bällen, Schwimmnudel; Musik einsetzen)
  • Wassersportgeräte nutzen (z. B. Tret- und Ruderboot, Kanu, Surfbrett)

siehe auch

 

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(weiterführende) MATERIALIEN

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