Kompetenzen erkennen & fördern

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Kompetenzen erkennen & fördern

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Experteninterview

Kompetenzen erkennen & fördern

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Prof. Dr. Klaus Sarimski
ehem. Päd. Hochschule Heidelberg

Was bedeutet, Kompetenzen erkennen und fördern?

Frau Neumann hat viele Jahre in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) gearbeitet. Weil sie aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten intensivere Betreuung benötigt, soll sie nun an den Angeboten des Arbeits- und Bildungsortes teilnehmen. Der Orts- und Personalwechsel ist nicht nur für Frau Neumann, sondern auch für die Mitarbeiter_innen am Arbeits- und Bildungsort eine Umstellung. Um Frau N.s bisherige Entwicklung kennenzulernen und passende Förderangebote auszuwählen, werfen die Mitarbeiter_innen einen Blick in ihre Akte: Zerebralparese, Epilepsie, Funktions- und Bewegungseinschränkungen der Gelenke, Skoliose, Diabetes mellitus. Frau Neumann hat viele verschiedene Diagnosen. Diese Informationen sind wichtig. Sie geben jedoch nicht darüber Auskunft, was Frau Neumann mag, was sie gut kann oder auf welche Art und Weise sie sich mit Angeboten auseinandersetzt.

Bereichsspezifische Kompetenz

Wenn von Kompetenzen die Rede ist, sind damit zumeist Fähigkeiten oder Leistungen gemeint [1]. Es gibt keine allgemeine Grundkompetenz, die allen Fähigkeiten eines Menschen zugrunde liegt [2]. Kompetenzen sind vielmehr kontextspezifisch. Das bedeutet, dass für verschiedene Bereiche, z. B. Sprache, Motorik, Wahrnehmung, Motivation, Emotion, Verhalten, Kognition etc. (s. Abb.), unterschiedliche Kompetenzen bestimmt werden.

Die persönliche Kompetenz eines Menschen kann als individuelle Voraussetzung für seine soziale Teilhabe betrachtet werden. Im Kontext einer schweren Behinderung kann die Entwicklung von Kompetenzen beeinträchtigt sein, z. B. aufgrund von organischen Schädigungen. Es muss allerdings beachtet werden, dass soziale Teilhabe nicht nur durch individuelle Voraussetzungen, sondern auch durch Umweltfaktoren bestimmt wird [3]. Förderung und Unterstützung durch das Umfeld können daher die individuelle Kompetenzentwicklung beeinflussen. Um die Förderung passgenau auf einen Menschen mit schwerer Behinderung abzustimmen, ist es notwendig, vorhandene Kompetenzen zu erkennen.

Lernen als Prozess (nach Fornefeld 2013, S. 84)

Adaptive Kompetenzen

Im Erwachsenenalter sind adaptive Kompetenzen besonders relevant. Es handelt sich dabei um „erlernte konzeptuelle, soziale und praktische Fähigkeiten, die viel stärker als die Intelligenz auf die praktische Lebensbewältigung im Alltag fokussiert sind. Sie sind zentral für die individuelle Lebensqualität, denn sie bestimmen persönliche Autonomie sowie die Bewältigung gesellschaftlicher Anforderungen.“ [4] Zu den adaptiven Kompetenzen zählen [5]:

Kognitiv-kommunikative Kompetenzen

  • Kognitiv-kommunikative Fähigkeiten wie Sprechen und Sprachverständnis sowie der Umgang mit Zeit, Zahlen und weiteren abstrakten Zeichen wie Buchstaben und Wörtern.

Praktische Fähigkeiten

  • Praktische Fähigkeiten wie Selbstversorgung (z. B. Essen, Ankleiden oder Toilettengang) oder Fähigkeiten im Hinblick auf soziale Teilhabe (z. B. Benutzung von Verkehrs- oder Kommunikationsmitteln, Beachtung von Sicherheitsregeln). Diese Fähigkeiten sind insbesondere für die selbständige Alltagsbewältigung relevant.

Soziale Fähigkeiten

  • Soziale Fähigkeiten, d. h. „alle Fähigkeiten, die zum Einleiten und Aufrechterhalten von positiven Interaktionen und Beziehungen erforderlich sind“.[6] Dazu zählen das Erkennen von Emotionen bei sich selbst und beim Gegenüber, der mitfühlende Umgang mit anderen sowie die Fähigkeit, Emotionen angemessen auszudrücken oder zu regulieren, um soziale Beziehungen nicht zu belasten.

Diagnostik

Das Erkennen von Kompetenzen kann man auch als „Diagnostik“ bezeichnen. Der Begriff ‚Diagnostik‘ geht auf das griechische Wort ‚diagnosko‘ zurück und bedeutet ‚genau erkennen‘, ‚unterscheiden‘, ‚entscheiden‘ und ‚beschließen‘ [7]. Es gibt drei grundlegende Arten von Diagnostik: Testen, Befragen und Beobachten.

Oftmals werden im Zuge der (medizinischen) Diagnostik standardisierte Testverfahren verwendet. Beispiele dafür sind Intelligenztests, die mittels vorgegebener Aufgaben bestimmte Bereiche der Intelligenz überprüfen. Die Auswertung erfolgt nach festgelegten Kriterien. Der errechnete Gesamtwert gibt dann Aufschluss über Stärken und Schwächen der Person und zeigt außerdem, wie die Person im Vergleich zu Gleichaltrigen abschneidet. Solche Tests erfordern allerdings ein bestimmtes Maß an sprachbezogenen und kognitiven Kompetenzen.

Für Menschen mit schwerer Behinderung ist die Durchführung solcher Verfahren daher wenig geeignet. Es soll außerdem nicht darum gehen, die verschiedenen körperlichen Beeinträchtigungen zu diagnostizieren. Dies ist eher im Rahmen medizinischer Untersuchungen von Bedeutung [8].

Diagnostik bei Menschen mit schwerer Behinderung

Auch das Befragen von Menschen mit schwerer Behinderung ist oftmals nicht möglich, z.B. wenn keine Lautsprache möglich ist. Stattdessen müssen Angehörige, Bezugspersonen wie z.B. Mitarbeiter_innen und Kolleg_innen an Arbeits- und Bildungsorten befragt werden. Die Aussagen, die zu Kompetenzen von Menschen mit schwerer Behinderung gemacht werden, stützen sich dabei oft auf Beobachtungen, die in der Arbeit oder im Alltag gemacht werden.

Beobachtungen, Befragungen und auch Tests können als Puzzleteile der Diagnostik gesehen werden. Zusammen ergeben sie ein großes Bild.

Förderdiagnostik

Man kann festhalten: Im pädagogischen Kontext geht es darum, ein umfassendes Bild über die Person mit schwerer Behinderung zu erhalten. Diese Diagnostik „dient in erster Linie der forschenden Interpretation des Verhaltens, einer entwicklungsunterstützenden Förderplanung und Förderung.“ [9] Ziel der Förderdiagnostik ist es also, eine Förderung zu entwickeln, die sich an den Kompetenzen der Person mit schwerer Behinderung orientiert. Diagnostik und Förderung bilden damit eine Einheit.

Merkmale pädagogischer Diagnostik

Folgende Aspekte sind wichtig, um Kompetenzen erkennen und fördern zu können:

  • Durchführung, Dokumentation und Auswertung von strukturierten Beobachtungen
  • Austausch und Kooperation mit Angehörigen, Bezugspersonen und Fachpersonal
  • Kenntnis über bisherige Entwicklung, z. B. durch Akteneinsicht
  • Kenntnis über geeignete Förderprogramme

Die Merkmale der pädagogischen Diagnostik bei Menschen mit schwerer Behinderung werden in der folgenden Abbildung zusammengefasst:

Grundlegende Aussagen im Kontext sonderpädagogischer Diagnostik
(nach Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung 2010, S.145)

  • Es gibt verschiedene Kompetenzbereiche, z. B. Sprache, Motorik, Wahrnehmung, Motivation, Emotion, Verhalten, Kognition.
  • Kompetenzen sind erlern- und veränderbar. Die Umwelt kann die Entwicklung von Kompetenzen unterstützen.
  • Das Erkennen von Kompetenzen ist Voraussetzung für eine angemessene Förderung.
  • Das Zusammenfügen verschiedener Informationsquellen ist wichtig, um ein umfassendes Bild über die Kompetenzen einer Person zu erhalten.

Welche Bedeutung hat das Thema Kompetenzen erkennen und fördern für die Arbeit mit Menschen mit schwerer Behinderung?

Entwicklungspotenziale und Stärken erkennen

Eine schwere Behinderung ist zumeist offensichtlich. Das „Entdecken der Kompetenzen“ ist dagegen eine besondere Herausforderung [10]. Oftmals nimmt die Diagnostik bei schwerer Behinderung Defizite der Personen mit Behinderung in den Blick. Auffälligkeiten werden zum Beispiel bei medizinischen Untersuchungen analysiert und als Abweichungen von der „normalen“ Entwicklung betrachtet. Als Gründe dafür werden Gesundheitsprobleme oder Funktionseinschränkungen gesehen [11]. Förderdiagnostik orientiert sich nicht an den Defiziten eines Menschen, sondern an dessen Stärken, Kompetenzen und Entwicklungsmöglichkeiten [12]. Es geht nicht darum, eine Diagnose in Form eines Intelligenzquotienten oder anderer Klassifikationen zu erhalten, die dann der Person als Eigenschaft fest zugeschrieben wird.

„Mangels kausaler medizinischer Therapien, mangels unmittelbarer pädagogischer und psychologischer Interventionsmöglichkeiten sagt die Diagnose schwerste Behinderung sehr wenig darüber aus, was gerade [diesem Menschen] in seiner individuellen Entwicklung nutzt. Also muss Diagnostik ein anderes Ziel verfolgen, als lediglich eine Diagnose aufzustellen. Es geht um die Suche nach Wegen, mit diesem einen [Menschen] in Austausch zu treten, [ihn] verstehen und ihm Angebote machen zu können. Es geht um die Suche nach dem Dialog – auch ohne Sprache.“ [13]

„Kompetenzen erkennen und fördern“ ist kein einmaliger Vorgang, sondern ein wiederkehrender Prozess, in dem systematisch Informationen gesammelt werden. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage für die Gestaltung einer Förderung. Um Kompetenzen erkennen und fördern zu können, genügen „nicht (nur) das Gefühl und eine Vermutung aus dem Bauch heraus“[14]. Vielmehr müssen aus den Beobachtungen Erkenntnisse abgeleitet und Hypothesen gebildet werden. Diese Annahmen werden dann in einem fortlaufenden Prozess bewertet und ggf. verändert [15].

Kompetenzen erkennen und fördern als Prozess

Strukturierte Beobachtung

Zunächst geht es darum, das Verhalten einer Person in einer konkreten Situation gezielt zu beobachten. Man nennt dieses Vorgehen auch strukturierte Beobachtung. Zieht man die Situationsbeschreibung zu Beginn heran, könnte man folgende Beobachtungen machen: Die Mitarbeiter_innen sehen, dass Frau Neumann sich verstärkt in die Hand beißt. Sie beobachten gezielt Situationen, in denen sie das tut, und beziehen gleichzeitig spezifische Bedingungen der Situation mit ein: Welche Aktivitäten gehen der Situation voraus? Welche Aktivitäten oder Reaktionen folgen etc.? Sie stellen fest, dass sich Frau Neumann vor allem in Situationen verletzt, in denen sie wenig Beschäftigung oder Zuwendung erhält. Dies sind z. B. Übergangssituationen mit ‚Leerlauf‘ zwischen Essen und einem Freizeitangebot.

Hypothesen generieren

Aus den Beobachtungen werden Hypothesen abgeleitet. Das Bilden der Hypothesen dient dem Verstehen der Person und ihrem Verhalten. Es muss unbedingt darauf geachtet werden, eigene Emotionen oder Wertvorstellungen zurückzunehmen und möglichst vorurteilsfrei die jeweilige Situation zu betrachten [16].

Dies kann bedeuten, nicht vorschnell zu unterstellen, dass Frau Neumann mit ihrem Verhalten andere stören will, sondern erst einmal davon auszugehen, dass ihr Verhalten eine subjektiv sinnvolle Form darstellt, etwas zum Ausdruck zu bringen. Eine mögliche Hypothese könnte sein, dass Frau Neumann mit ihrem Verhalten Unwohlsein signalisiert, weil sie sich mehr Beschäftigung und direkte Ansprachen wünscht. In diesem Sinne stellt ihr Verhalten ebenfalls eine Kompetenz dar, auch wenn es für andere belastend ist und auch für sie selbst negative Konsequenzen hat. Eventuell hat Frau Neumann noch keine anderen Möglichkeiten entwickelt, ihr Bedürfnis zum Ausdruck zu bringen.

Gezielte Förderung

Auf Grundlage der Hypothesen wird eine Förderung entwickelt und geplant. Förderziele werden im Hinblick auf größtmögliche Aktivität und Teilhabe festgelegt. Für Frau Neumann könnte dies bedeuten, eine sozial verträglichere und nicht-selbstverletzende Form der Kommunikation zu erlernen und ihre Bedürfnisse auf anderem Wege mitzuteilen. Umweltfaktoren, die die individuelle Entwicklung des Menschen mit schwerer Behinderung fördern oder hemmen, müssen herausgearbeitet werden [17]. Die Beobachtungen ergaben, dass Frau Neumann selbstverletzende Verhaltensweisen vor allem in Zeiten ohne Anregungen oder bei Stress zeigt. Solche Umweltfaktoren sollten daher verändert werden, z. B. indem Frau Neumann passende Beschäftigungsangebote erhält. Für die Mitarbeiter_innen, die mit Frau Neumann zusammenarbeiten, bedeutet dies also einerseits, Frau Neumann eine alternative Form der Kommunikation anzubieten, z. B. mittels Bildern oder Symbolen. Durch genaue Beobachtungen finden sie heraus, dass Frau Neumann ihr Unwohlsein durch bestimmtes Lautieren und kleine Veränderungen in der Mimik ausdrückt, bevor sie mit dem Handbeißen anfängt. Durch das prompte Reagieren der Mitarbeiter_innen auf diese Reaktionen soll Frau Neumann erkennen, dass sie auch ohne Selbstverletzungen das Verhalten ihrer Mitmenschen beeinflussen kann. Die Mitarbeiter_innen versuchen außerdem Situationen zu gestalten, in denen Frau Neumann möglichst keinen Anlass erhält, das Händebeißen einzusetzen, sondern auf alternative Formen der Kommunikation zurückgreifen kann (→ Theoretische Grundlagen: Kommunikation).

Reflexion

Die Reflexion dieser Situation ist wichtig, weil sie Aufschluss darüber gibt, wie die Person mit Behinderung mit den Angeboten umgeht und was ggf. verändert werden kann [18]. Hierbei spielen wiederum Beobachtungen des Verhaltens, von Mimik, Gestik, Lautierungen etc. eine Rolle. Auch weitere Mitarbeiter_innen sollten dahingehend befragt werden, ob die Änderung der Umweltbedingungen, z. B. durch alternative Kommunikationsformen, Änderungen im Verhalten der beteiligten Personen hervorruft.

Beobachtung ist nicht objektiv

Pädagogisches Dreieck

Die Beobachtungen finden in einem pädagogischen Dreieck statt. Sowohl der Mensch mit schwerer Behinderung, die Umwelt als auch die Beobachter_innen sind Teil dieses Prozesses [19]. Damit wird deutlich, dass eine Beobachtung nie objektiv sein kann, sondern immer auch von den Erwartungen, Erfahrungen und dem Menschenbild der Beobachter_innen abhängig ist [20].

Beobachtungsfehler:
Halo-Effekt

Ein häufiger Beobachtungs- oder Beurteilungsfehler ist der sog. Halo-Effekt, bei dem die Tendenz besteht, dass man zu sehr auf eine besondere Auffälligkeit achtet und andere Merkmale außer Acht lässt [21]. Es könnte zum Beispiel sein, dass man einem wortgewandten Menschen mit gepflegtem Erscheinungsbild automatisch eine höhere Intelligenz zuschreibt als jemandem, der eher ungepflegt wirkt. Beim Halo-Effekt ‚überstrahlt‘ ein Merkmal alle anderen Eigenschaften der Person.n.

Beobachtungsfehler: „Selbsterfüllende-Prophezeiung“

Daneben gibt es die sog. ‚self-fulfilling-prophecy‘ (auch Pygmalion-Effekt), in der eine bestimmte Erwartungshaltung die eigenen nachfolgenden Beobachtungen verfälscht [22]. Das Phänomen wurde in einem Experiment untersucht: Wissenschaftler_innen wählten einige Schüler_innen einer Schulklasse willkürlich aus und prophezeiten ihren Lehrkräften, dass sich diese Schüler_innen ganz besonders gut entwickeln würden, sie seien ‚Überflieger‘. Am Ende des Schuljahres hatten diese ‚Überflieger‘ tatsächlich eine bessere Leistungs- und Intelligenzentwicklung als ihre Mitschüler_innen. Als Ursachen für diesen Effekt der sich selbst erfüllenden Prophezeiung stellte man Folgendes fest: Die Lehrkräfte veränderten ihr Verhalten gegenüber den ‚Überfliegern‘ und förderten sie mehr als die anderen Schüler_innen, von denen sie keine besondere Entwicklung erwarteten. Die Schüler_innen selbst spürten, dass ihre Leistung positiver bewertet wurde, und entwickelten in der Folge ein positiveres Selbstbild, waren motivierter und machten größere Fortschritte, weil sie mehr lernten. Die Wissenschaftler_innen stellten außerdem fest, dass negative Erwartungen der Lehrkräfte zu Verschlechterungen der Leistung der Schüler_innen führten [23].

Kompetenzen sind nicht immer sofort beobachtbar

Für die Arbeit an einem Arbeits- und Bildungsort bedeutet dies, dass auch die Erwartungshaltungen der Mitarbeiter_innen gegenüber Personen mit schwerer Behinderung deren Kompetenzentwicklung entscheidend beeinflussen können – nicht nur im positiven Sinne. Im Kontext einer schweren Behinderung kann es in besonderer Weise zu Fehleinschätzungen und Fehldeutungen der Beobachtungen kommen. Dies kann an körperlichen Beeinträchtigungen der Person mit schwerer Behinderung, aber auch an der beeinträchtigten wechselseitigen Kommunikation liegen. Ob und in welchem Maße Kompetenzen gezeigt werden, hängt auch von aktueller Befindlichkeit, Beziehung zum Gegenüber oder Krankheiten ab [24]. Daher muss man „auch bei sorgfältigstem Vorgehen […] davon ausgehen, dass mehr Kompetenzen vorhanden sind als beobachtbar sind. Das ist bei jedem Menschen so.“ [25] Außerdem muss beachtet werden, dass die Ergebnisse der Beobachtung lediglich die aktuelle Situation aus einem bestimmten Blickwinkel heraus festhalten [26]. Um einen umfassenden Blick über die Kompetenzen einer Person mit schwerer Behinderung zu erhalten, sollten daher unbedingt auch andere Personen (z. B. weitere Mitarbeiter_innen, Betreuer_innen, Therapeut_innen, Angehörige) eingebunden und befragt werden [27]. Aber auch wenn man all diese Aspekte beachtet, muss man trotzdem feststellen:

„Kein Mensch kann in seiner Vielfalt vollständig erfasst werden.“ [28]

Alltägliche Förderung basierend auf sinnvollen Förderkonzepten

Da Menschen mit schwerer Behinderung oftmals in ihren kommunikativen Fähigkeiten beeinträchtigt sind, erfolgt die Diagnostik über Beobachtungen mithilfe von Befragungen von Angehörigen oder Mitarbeiter_innen an Arbeits- und Bildungsorten. Um dieses Vorgehen strukturierter gestalten zu können, können die folgenden exemplarisch vorgestellten Diagnostikinstrumente hinzugezogen werden. Außerdem werden exemplarisch Förderkonzepte aufgeführt. Bei der Förderung sollte darauf geachtet werden, dass nicht beliebige Konzepte ausgewählt werden. Förderung sollte die „Selbsttätigkeit und Handlungsfähigkeit unterstützen, also Aktivität und Partizipation fördern.“ [29] Die Förderung muss auch nicht zwingend einem bestimmten Konzept folgen. Sie sollte auch nicht nur in speziell ausgewiesenen Förderstunden stattfinden, sondern in den Alltag integriert werden, z.B. bei einer arbeitsweltbezogenen Tätigkeit, wenn den Beschäftigten etwas zugetraut wird und sie sich durch passende Unterstützungsmaßnahmen als selbstwirksam erfahren können.

Exemplarische Diagnostikinstrumente

Leitfaden zur Förderdiagnostik Fröhlich & Haupt

  • strukturiertes, systematisches und kompetenzorientiertes Beobachtungsverfahren für alle Entwicklungsbereiche
  • für Kinder konzipiert, aber auch für Erwachsene mit schwerer Behinderung anwendbar
  • wird in der gewohnten Umgebung durchgeführt, enge Zusammenarbeit mit Bezugspersonen
  • kann mehrfach in Abständen von 4–6 Monaten wiederholt werden, um eine Entwicklung feststellen zu können
  • am Ende: zusammenfassende Darstellung, in der die Bereiche, in denen die Person Kompetenzen bzw. Entwicklungsschwerpunkte entwickeln konnte, aufgeführt werden
  • bietet Fördervorschläge, die sich an dem jeweiligen analogen Entwicklungsalter orientieren (z.B. siehe Basale Stimulation)

DiaKomm
Schreiber & Sevenig

  • Instrument zur Entwicklungseinschätzung von Personen, die in ihrer Lautsprachentwicklung und Kommunikationsfähigkeit beeinträchtigt sind
  • betrachtet fünf Entwicklungsbereiche: Motorik, Kognition, Sprachverständnis, Ausdrucksverhalten und Interaktion
  • Entwicklung wird in zehn vorstrukturierten Situationen eingeschätzt (mittels Beobachtungen oder Befragungen enger Bezugspersonen)
  • Videoaufnahmen können miteinbezogen werden
  • aus den Ergebnissen lassen sich zum Überblick Entwicklungslinien abbilden
  • bietet konkrete Anregungen für Fördermaßnahmen und zur Erstellung eines individuellen Förderplans
  • auch die Durchführung der Fördermaßnahmen kann auf vorgesehenen Erhebungsbögen dokumentiert werden, um eine Entwicklung festzustellen

Schau hin
REHAVISTA

  • strukturierte, umfassende Alltagsbeobachtungen über einen längeren Zeitraum
  • richtet sich an Personen, die noch nicht intentional kommunizieren
  • erfasst und dokumentiert systematisch individuelle vorsymbolische Kommunikationssignale und motivierende Elemente
  • Reaktionen auf sensorische Angebote werden erfasst
  • Zusammenfassung der Ergebnisse auf übersichtlichen Blättern am Ende jedes Bereiches
  • Videodokumentation wird benötigt, um auch kleinste Reaktionen auf die Reizangebote beobachten zu können
  • nutzbar für die Bedarfsermittlung und Interventionsplanung in der Unterstützten Kommunikation
  • Zusatzmaterial: ein persönliches Wörter-/Gesten-Buch

Exemplarische Förderkonzepte

Basale Stimulation
Andreas Fröhlich

  • findet in einer Einzelförderung statt
  • fördert Wahrnehmungs-, Kommunikations- und Bewegungsfähigkeiten
  • versucht, über auditive Angebote, vibratorische Anregungen und bewusste Berührungen zu kommunizieren
  • Ziel ist die Wahrnehmung des eigenen Körpers und der Beziehungsaufbau zum Gegenüber
  • beinhaltet viele körperbezogene, ganzheitliche Übungen
  • Grundprinzipien der Durchführung: Symmetrie des Körpers und Berücksichtigung beider Körperhälften, Abwechslung von An- und Entspannung

Basale Kommunikation
Winfried Mall

  • findet in einer Einzelförderung statt
  • Ziel ist der Beziehungsaufbau, Vermittlung von Verständnis und Angenommensein
  • diese Verhaltensweisen werden aufgegriffen, gespiegelt oder variiert
  • Nutzung vielfältiger körperlicher Verhaltensweisen (Bewegungen, Muskeltonus, stereotype Verhaltensweisen, Geräusche), insbesondere Nutzung des Atemrhythmus als zentrales Kommunikationsmittel

Musikbasierte Kommunikation
Hansjörg Meyer

  • im Tagesablauf vielfach anwendbar, z. B. in pflegerischen Situationen, beim Essen, Spaziergang, Nebeneinander-Sitzen
  • Basis: Haltung des ‚Hinspürens‘, d. h. des Wahrnehmens kleinster körperlicher oder lautlicher Äußerungen
  • improvisierte Musik, die sich an Bewegungen, Lauten oder der Atmung des Menschen mit schwerer Behinderung orientiert
  • Kommunikation steht im Mittelpunkt, nicht das Musikmachen zu Liedern, da der kommunikative Anteil hier zu gering ist
  • musikalische Vorerfahrung ist nicht zwingend nötig. Eingesetzt werden können die eigene Stimme (z. B. Singen oder Mitlautieren), einfache oder komplexe Instrumente (z. B. Trommel, Glockenspiel, Xylophone, Kalimba, Gitarre, Tasteninstrument)

  • Diagnostik ist die Grundlage für Förderung. Sie trägt zum Verständnis des Menschen mit schwerer Behinderung bei.
  • Durch gezielte Beobachtungen können Verhaltensweisen erkannt werden, die ansonsten im Verborgenen geblieben wären.
  • Förderkonzepte sind eine Möglichkeit, bestimmte, zuvor festgelegte Kompetenzen gezielt zu fördern.
  • Förderung kann ebenso im Alltag stattfinden.

Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich daraus?

Aus der Auseinandersetzung mit ‚Kompetenzen erkennen und fördern‘ lassen sich folgende Chancen herausarbeiten:

Erkennen von Stärken und Schwächen

  • Das Erkennen von Stärken und Schwächen ist eine notwendige Grundlage für eine Förderung. Mitarbeiter_innen an Arbeits- und Bildungsorten können so die Kompetenzentwicklung der Beschäftigten auch im Erwachsenenalter fördern.

Diagnostikinstrumente

  • Die Anwendung von Beobachtungsbögen oder anderen Diagnostikinstrumenten ermöglicht ein strukturiertes Vorgehen. Auch wenn zunächst einige Zeit notwendig ist, um sich in ein bestimmtes Verfahren einzuarbeiten, so ist das Vorgehen im Gesamten gewinnbringend.

Verschiedene Perspektiven

  • Verschiedene Quellen und Perspektiven auf die Person mit schwerer Behinderung können ein Gesamtbild ergeben. Arztberichte, Diagnosen, Informationen von Angehörigen und eigene Beobachtungen können sich ergänzen.

Integration in den Alltag

  • Das Ziel vieler Förderkonzepte ist, Menschen mit schwerer Behinderung in ihrer Kommunikationsentwicklung zu unterstützen und ihnen Erfahrungen von Selbstwirksamkeit zu ermöglichen. Damit diese Erfahrungen nicht nur in spezifischen Situationen gemacht werden, können einzelne Elemente der Förderkonzepte auch sehr gut in den Alltag integriert werden, z. B. Basale Stimulation in Pflegesituationen, Musikbasierte Kommunikation in alle Dialogsituationen. Die Möglichkeiten sind vielfältig.

Herausforderungen ergeben sich insbesondere aufgrund folgender Punkte:

Außenperspektive

  • Menschen mit schwerer Behinderung sind oftmals in ihren kommunikativen Möglichkeiten beeinträchtigt. Sie können daher nicht selbst befragt werden, sondern sind auf genaue Beobachtungen und einfühlsames Handeln ihrer Mitmenschen angewiesen.

Voreilige Schlüsse

  • Aktuelle Befindlichkeiten, z. B. Unwohlsein, Krankheiten, Schmerzen, können beeinflussen, welche Kompetenzen eine Person zeigt. Das heißt: Oft sind weniger Kompetenzen beobachtbar, als eigentlich vorhanden sind [30]. Voreilige Schlüsse sollten daher nie gezogen werden.

Zeitaufwendig

  • Die Durchführung von Beobachtungen bzw. die Dokumentation von Beobachtungen mithilfe von Beobachtungs- oder Entwicklungsbögen erfordert zusätzliche Zeit.

Fehlende Objektivität

  • Beobachtungen sind nie objektiv. Eigene Wertvorstellungen, Erfahrungen, Menschenbilder beeinflussen die Beobachtungen und verzerren sie möglicherweise. Die Reflexion des eigenen Handelns und Urteilens kann anspruchsvoll sein. Möglicherweise kann man dadurch aber auch neue Kompetenzen bei sich selbst entdecken.

Was ist notwendig, um das Thema ‚Kompetenzen erkennen und fördern‘ in der Arbeit mit Menschen mit schwerer Behinderung berücksichtigen zu können?

„Man sieht etwas hundert Mal, tausend Mal, ehe man es zum allerersten Mal wirklich sieht.“ (Christian Morgenstern)

Die vorangegangenen Ausführungen machen deutlich, dass die Orientierung an den Grundsätzen des Begleitens und Assistierens sowohl auf Ebene der Mitarbeiter_innen als auch auf der Ebene der Institutionen an unterschiedliche Voraussetzungen gebunden ist.

Alltag als Lernfeld

  • Kompetenzen müssen nicht ausschließlich mit Förderkonzepten weiterentwickelt werden. Auch im Alltag kann dies geschehen, z. B. indem passende Hilfsmittel angeboten werden, sodass Beschäftigte damit Tätigkeiten ausführen können, die sie ohne Hilfsmittel oder Unterstützung nicht ausführen könnten.

Sächliche Ressourcen

  • An Arbeits- und Bildungsorten sollten verschiedene Materialien, z. B. Diagnostikinstrumente oder Materialien zu Förderkonzepten, zur Verfügung stehen, sodass Mitarbeiter_innen ihre Kenntnisse vertiefen können.

Zeitliche Ressourcen

  • Mitarbeiter_innen an Arbeits- und Bildungsorten sollten genügend Möglichkeiten und zeitliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, damit Beobachtungen im Alltag, Besprechungen mit Kolleg_innen und Gespräche mit Angehörigen und weiteren Bezugspersonen stattfinden können.

Quellen

[1] vgl. Gniewosz 2015, S. 57 f. [2] vgl. ebd. [3] vgl. Sarimski 2016, S. 219 f.  [4] Orthmann Bless &  Zurbriggen 2017, S. 41 [5] vgl. Sarimski 2016, S. 220 ff.  [6] Sarimski 2016, S. 230 [7] vgl. Fröhlich 2016, S. 30f. [8] vgl. Fröhlich 2015b, S. 435 [9] Bigger & Strasser 2005, S. 245 [10] vgl. Fröhlich 2016, S. 30 [11] vgl. Fröhlich 2015, S. 434 [12] vgl. Bernasconi & Böing 2015, S. 185 [13] Fröhlich 2015b, S. 435 [14] Schäfer 2019, S. 405 [15] vgl. Bernasconi & Böing 2015, S. 185; vgl. Fröhlich 2015b, S. 433 [16] vgl. Bernasconi & Böing 2015, S. 196 [17] vgl. Bernasconi & Böing 2015, S. 185 [18] vgl. Bigger & Strasser 2005, S. 250 [19] vgl. Bigger & Strasser 2005, S. 249 [20] vgl. Bigger & Strasser 2005, S. 249 [21] vgl. Bernasconi & Böing 2015, S. 196 [22] vgl. Bernasconi & Böing 2015, S. 196 [23] vgl. Petersen 2019, S. 460 [24] vgl. Sarimski 2013, S. 223 f. [25] Fröhlich 2004, S. 4 [26] vgl. Bernasconi & Böing 2015, S. 185 f.; vgl. Fröhlich 2004, S. 4  [27] vgl. Sarimski 2013, S. 213 [28] Bigger & Strasser 2005, S. 246 [29] Bigger & Strasser 2005, S. 257 [30] vgl. Fröhlich 2004, S. 4

Literatur

Bernasconi, T. &  Böing, U. (2015): Pädagogik bei schwerer und mehrfacher Behinderung. Stuttgart: Kohlhammer.

Bigger, A. & Strasser, U. (2005): Behindertenpädagogische Diagnostik bei schweren Formen geistiger Behinderung. In: Stahl, B. & Irblich, D. (Hg.): Diagnostik bei Menschen mit geistiger Behinderung. Ein interdisziplinäres Handbuch. Göttingen, Bern: Hogrefe, S. 245–268.

Fornefeld, B. (2013): Grundwissen Geistigbehindertenpädagogik. 5., aktualisierte Auflage. München: Ernst Reinhardt Verlag.

Fröhlich, A. (1998): Basale Stimulation. Das Konzept. Düsseldorf: verlag selbstbestimmtes leben.

Fröhlich, A. & Haupt, U. (2004): Leitfaden zur Förderdiagnostik mit schwerstbehinderten Kindern. Eine praktische Anleitung zur pädagogisch-therapeutischen Einschätzung. Dortmund: verlag modernes lernen.

Fröhlich, A. (2015a): Basale Stimulation: Ein Konzept zur Arbeit mit schwer beeinträchtigten Menschen. Düsseldorf: verlag selbstbestimmtes leben.

Fröhlich, A. (2015b): Schwerste Behinderung – diagnostische (Un-)Möglichkeiten? In: Schäfer, H. & Rittmeyer, C. (Hg.): Handbuch Inklusive Diagnostik. Weinheim: Beltz, S. 433–444.

Fröhlich, A. (2016): Diagnostik und schwerste Behinderung. In: Lernen konkret – Bildung im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, 35 (1), S . 30–34.

Gniewosz, B. (2015) Kompetenzentwicklung. In: Reinders, H.; Ditton, H.; Gräsel, C. & Gniewosz, B. (Hg.): Empirische Bildungsforschung: Gegenstandsbereiche. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 57–67.

Mall, W. (2008): Kommunikation ohne Voraussetzungen: mit Menschen mit schwersten Beeinträchtigungen. Ein Werkheft (6. Aufl.). Heidelberg: Edition S.

Meyer, H. (2009): Gefühle sind nicht behindert. Musiktherapie und musikbasierte Kommunikation mit schwer mehrfach behinderten Menschen. Freiburg: Lambertus.

Orthmann Bless, D. & Zurbriggen, C. (2017): Zur Variabilität adaptiver Kompetenzen von Erwachsenen mit geistiger Behinderung. In: Vierteljahrsschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete. Heft 1, S. 41–55.

Petersen, L.-E. (2019): Soziale Einstellungen im Schulkontext. In: Urhahne, D.; Dresel, M. & Fischer, F. (Hg.): Psychologie für den Lehrberuf. Berlin, Heidelberg: Springer, S. 457–468.

REHAVISTA GmbH (2014): „Schau hin“. Vorsymbolische Kommunikationssignale und motivierende Elemente finden. [Zugriff am 03.01.2023]

Sarimski, K. (2013): Psychologische Diagnostik. In: Neuhäuser, G.; Steinhausen, H.-C.; Häßler, F. & Sarimski, K. (Hg.): Geistige Behinderung. Grundlagen, Erscheinungsformen und klinische Probleme, Behandlung, Rehabilitation und rechtliche Aspekte. Stuttgart: Kohlhammer, S. 212–231.

Sarimski, K. (2016): Diagnostik und Förderung sozial-adaptiver Kompetenzen. In: Kuhl, J. & Euker, N. (Hg.): Evidenzbasierte Diagnostik und Förderung von Kindern und Jugendlichen mit intellektueller Beeinträchtigung. Bern: Hogrefe, S. 219–248.

Schäfer, H. (2019): Fragen der Diagnostik im Kontext schwerer Beeinträchtigung. In: Mohr, L.; Zündel, M. & Fröhlich, A. (Hg.): Basale Stimulation. Das Handbuch. Bern: Hogrefe, S. 403-423.

Schreiber, V. & Sevenig, H. (2017): DiaKomm – Diagnostik und Kommunikationsförderung: Unterstützte Kommunikation mit Menschen auf frühen Entwicklungsniveaus. Karlsruhe: von Loeper Literaturverlag.

Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung ISB (Hg.) (2010): Unterricht und Förderung von Schülern mit schwer und mehrfacher Behinderung. München: Reinhardt.

IMPULSFRAGEN & REFLEXIONSÜBUNGEN

  • In welchen Situationen und zu welchen Anlässen werden strukturierte Beobachtungs- oder Diagnostikinstrumente eingesetzt?
  • Nach welchen Kriterien werden Förderangebote ausgewählt?
  • Wie werden Kompetenzen der Beschäftigten und die ihnen gemachten Förderangebote dokumentiert?
  • Welche Möglichkeiten haben die Mitarbeiter_innen, sich auf Basis ihrer durchgeführten Beobachtungen auszutauschen? Inwiefern werden gemeinsame Förderziele vereinbart?
  • Welche Möglichkeiten haben die Mitarbeiter_innen, sich mit Angehörigen und weiteren Betreuungs- oder Bezugspersonen über die Kompetenzentwicklung der Person mit schwerer Behinderung auszutauschen?

Man sieht oft etwas hundert Mal, tausend Mal, ehe man es zum allerersten Mal wirklich sieht. (Christian Morgenstern)

Zeichnen Sie eine Situation auf, in der sie einem Beschäftigten Essen anreichen. Schauen Sie sich diese Situation danach nochmal an.

  • Achten Sie darauf, welche Signale des Beschäftigten sie aufnehmen und beantworten
  • Welche Signale haben Sie vielleicht übersehen?
  • Würden Sie rückblickend manche Signale anders einordnen als in der Situation selbst und anders darauf reagieren?
  • In welchen anderen Situationen könnte es sinnvoll sein Videoaufzeichnungen zu nutzen?

Morgenstern, Christian (1984): Stufen. Eine Entwicklung in Aphorismen u. Tagebuch-Notizen. 19. Aufl., Neuausg., (1. Aufl. dieser Ausg.). München: Piper.

Beschäftigten Sie sich mit einem Diagnostikmaterial, das in Ihrer Einrichtung verfügbar ist, z. B. mit einem Bogen zur Entwicklungseinschätzung.

  • Welche Bereiche werden abgedeckt?
  • Beginn Sie, den Bogen für eine bestimmte Person auszufüllen und bitten Sie eine Kollegin oder einen Kollegen, dies ebenfalls getrennt von Ihnen zu tun.
  • Vergleichen Sie Ihre Notizen. Was könnten Gründe für unterschiedliche Sichtweisen sein?

Icon für Materialien

(weiterführende) MATERIALIEN

Anderson, M. (1992): Intelligence and development: A cognitive theory. Oxford: Blackwell.
Anderson, M. (2008): The concept and development of general intellectual ability. In: Reed, J.; Warner-Rogers, J. (Hg.): Child Neuropsychology. Concepts, Theory, and Practice. Chichester: Wiley, S. 112-135.
Bigger, A. (1987): Förderdiagnostik Schwer- und Schwerstbehinderter: Diagnostik und Förderung unter dem Aspekt der Kognition. Berlin: Marhold.
Blackstone, S.W.; Hunt-Berg, M.; Wachsmuth, S. (2006): Manual Soziale Netzwerke. Ein Instrument zur Erfassung der Kommunikation unterstützt kommunizierender Menschen und ihrer Kommunikationspartnerinnen und -partner. 1. Aufl. Karlsruhe: Von-Loeper-Literaturverlag.
Bundschuh, K. Schäfer, H. (2019): Diagnostik I: Grundlagen. In: Schäfer, H. (Hg.) Handbuch Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Grundlagen | Spezifika | Fachorientierung | Lernfelder. Weinheim/ Basel: Beltz, S. 143-152.
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