Briefe versenden

KONKRETISIERUNG  ·  Briefe versenden

 

SACHASPEKTE UND POTENZIAL

In der vorliegenden Konkretisierung wird ein Service beschrieben, der sich mit dem Versenden von Briefen befasst. Dieser Service kann für den Arbeits- und Bildungsort oder für ein Unternehmen im Sozialraum erfolgen. Es können beispielweise Einladungen im Auftrag der Einrichtung versendet werden (z. B. Einladungen für die Weihnachtsfeier, Informationsbriefe für Angehörige und Betreuer_innen). Im Auftrag von Unternehmen kann außerdem der Versand von Werbematerialien erfolgen. Die Häufigkeit dieser Sendungen hängt von der Auftragslage ab.

Die Zusammenarbeit erfolgt je nach Art des Auftrages entweder mit Mitarbeiter_innen oder mit Mitarbeiter_innen aus dem Verwaltungsbereich des Arbeits- und Bildungsortes. Sind die Beschäftigten mit den Tätigkeiten noch nicht vertraut, sollten die zu versendenden Dokumente und Adressetiketten zunächst in der benötigten Anzahl von der Verwaltung zur Verfügung gestellt werden. Die Beschäftigten können die Dokumente dann abholen. Ist es zeitlich möglich und erlaubt es die Ausstattung der Einrichtung, können die Briefe auch von Beschäftigten kopiert werden, sodass in der Verwaltung nur das Original-Dokument bzw. eine Vorlage mit allen Adressen abgeholt werden muss und alle weiteren Arbeitsschritte zum Beispiel im Gruppenraum erfolgen.

Die Aufgabe der Beschäftigten ist es, die Briefe zu falten und in passende Kuverts zu stecken. Briefumschläge gibt es in verschiedenen Größen. Gängige Formate sind DIN C6 (16,2 x 11,4 cm), DIN C6/5 (22,9 x 11,4 cm) und DIN lang (22 x 11 cm). Falls die Adresse auf dem Dokument, das versendet werden soll, aufgedruckt ist, bietet sich die Verwendung eines Briefumschlages mit Adressfenster an. Damit ein Blatt Papier im DIN-A4-Format in einen Umschlag DIN C6 passt, muss es zwei Mal in der Mitte gefaltet werden. Damit ein Blatt Papier im DIN-A4-Format in einen Umschlag DIN C6/5 oder DIN lang passt, muss es zwei Mal waagerecht im Zack-Zack gefaltet werden. Dadurch wird das Blatt gedrittelt, es entstehen zwei Brüche → Fertigungsanleitung. Beim Falten können Hilfsmittel wie Lineale, Falzbeine oder Falthilfen eingesetzt werden. Adressiert werden sollte der Brief folgendermaßen: Die Empfängeradresse sollte unten rechts, die Absenderadresse oben links und die Briefmarke oben rechts angebracht werden.

IMPULSFRAGEN

Welche Dokumente können von den Beschäftigten versendet werden?

Welche Vorerfahrungen haben die Beschäftigten mit Papier bzw. der Bearbeitung von Dokumenten?

Kann ein Kontakt zu einem Unternehmen hergestellt werden, für das zum Beispiel Werbung verschickt werden kann?

Gibt es in der Nähe des Arbeits- und Bildungsortes einen Briefkasten oder eine Postfiliale?

DIFFERENZIERUNG
  • Bewusstsein für die eigenen Bewegungsmöglichkeiten schaffen durch verbale Rückmeldungen bei einzelnen Bewegungsabläufen: z. B.,
    • eigenes Gewicht wahrnehmen, wenn die Briefmarke festgedrückt wird,
    • Gewicht der Briefe beim Transport wahrnehmen,
    • einseitige Belastungen der Muskeln spüren, wenn z. B. ein Bollerwagen mit den Briefen gezogen wird
  • mit den Händen die verschiedenen Formen und Größen des Papiers während und nach dem Falten fühlen (z. B. Ecken, Kanten)
  • mit Handführung über Kanten streichen und dabei Druck variieren, um Sensibilität und Erkundungswahrnehmung zu erweitern
  • Falzbein oder Lineal (auch mit Handführung) verwenden
  • ‚Pinzettengriff‘ einsetzen beim Abziehen der Briefmarken
  • wenn möglich, deutliche Kontraste schaffen (ggf. Kante des Briefumschlages farbig markieren, bevor der Brief eingesteckt wird)

Hörbeeinträchtigung

  • Handlungsabläufe und einzelne Schritte vormachen
  • nach Bildanleitungen arbeiten
  • Gebärden und Gesten verwenden (z. B. um zu zeigen, welche Kante glattgestrichen werden soll; wo die Briefmarke festgedrückt werden soll)

räumliche Orientierung ermöglichen

  • Wege in die Verwaltung/zum Kopiergerät bzw. Briefkasten mehrmals gehen
HANDLUNGSLEITENDE PRINZIPIEN
  • Gewohnheiten und Erfahrungen in Bezug auf die Wahl der Arbeitsschritte berücksichtigen und Wahlmöglichkeiten bieten (z. B. besondere feinmotorische Kompetenzen)
  • Vorliebe und Wünsche berücksichtigen (z. B. Emotionen im Umgang mit verschiedenen Arbeitsschritten beobachten, ggf. stellvertretende Einschätzung)
  • Möglichkeiten bieten, sich auf einen bestimmten Arbeitsschritt zu spezialisieren
  • zur Entwicklung eigener Ideen anregen (ggf. farbliche Gestaltung des Briefumschlages)
  • Arbeitsprozesse gemeinsam mit den Beschäftigten besprechen, arbeitsteilige Aufgaben gemeinsam vergeben (ggf. mithilfe von UK)
  • Beschäftigte in alle Arbeitsschritte miteinbeziehen und assistierend zur Seite stehen
  • Verbindlichkeit hinsichtlich der sorgfältigen und verlässlichen Ausführung einfordern
  • Assistenzrolle übernehmen
  • Arbeitsschritte und assistierende Handlungen im Arbeitsprozess sprachlich begleiten (z. B. wir kleben die Briefmarke auf)
  • gezielte und einheitliche Verwendung des (spezifischen) Wortfeldes im Arbeitsprozess
  • anstehende Aufgaben im Team besprechen, Änderungen mitteilen
  • Kooperation und Kommunikation der Beschäftigten untereinander fördern (z. B. durch arbeitsteiliges Vorgehen beim Einwerfen der Briefe, durch gegenseitige Hilfestellungen, durch UK etc.)
  • unerwartetes und nicht situationsangemessenes Verhalten akzeptieren, verschiedene Gründe für Verhaltensauffälligkeiten in den Blick nehmen (z. B. Umgebungsfaktoren berücksichtigen)
  • individuelles Arbeitstempo akzeptieren
  • (individuelle) Pausen einplanen und ermöglichen
  • individuelle Vorlieben und Abneigungen berücksichtigen (z. B. Arbeit im Stehen)
  • nur so viel Assistenz wie nötig geben
  • Unterstützung bei Handlungsorientierung und Handlungsplanung
    • durch die taktile Erkundung der Pflanzen, Arbeitsgeräte
    • durch Visualisierung der Handlungsabfolge mit Bildkarten, Tutorials etc.
  • Erleben von Selbstwirksamkeit
    • durch eigene Entscheidungen im Arbeitsprozess (z. B. zuerst Adressaufkleber oder Briefmarke aufkleben, Motiv der Briefmarke aussuchen)
    • durch das Erzeugen von Effekten (z. B. kopieren, Brief einwerfen)
  • Erleben von Wertschätzung durch andere Beschäftigte, Mitarbeiter_innen und Auftraggeber_innen
    • durch regelmäßige Rückmeldeprozesse während und am Ende der Tätigkeiten (fachliches und emotionales Feedback, z. B. Gesten, Gebärden, Bilder einsetzen)
    • durch Tipps zur Weiterarbeit
    • Teil eines Teams sein, sich gemeinsam mit den Kolleg_innen über die geleistete Arbeit freuen
THEMENBEZOGENES WORTFELD
  • das Papier
  • der Brief
  • der Umschlag
  • das Kuvert
  • der Briefkasten
  • die Post
  • die Einladung
  • die Adresse
  • die Briefmarke
  • das Etikett
  • der Aufkleber
  • das Lineal
  • der Finger
  • das Falzbein
  • der Falz
  • die Kante
  • die Ecke
  • der Kleber
  • der Klebestreifen
  • das Anfeuchtekissen
  • die Transportbox
  • der Wagen
  • die Linie
  • der Auftrag
  • falten
  • zu-/aufkleben
  • an-/befeuchten
  • abziehen
  • aufdrücken
  • einstecken
  • glattstreichen
  • umdrehen
  • kopieren
  • abholen
  • glatt
  • schräg
  • krumm
  • feucht
  • nass
  • dick
  • leer
  • voll
  • Ich brauche …
  • Ich bin fertig.
  • Ich brauche Hilfe. Ich mache das allein.
  • Das gefällt mir (nicht).
BEISPIELPLANUNG

Die zu versendenden Dokumente und Adressetiketten sollten zunächst in der benötigten Anzahl von der Verwaltung zur Verfügung gestellt werden. Im weiteren Verlauf ist es denkbar, dass die Beschäftigten die Dokumente abholen bzw. selbst kopieren →effektgeleitet /→ergebnisorientiert.

 

Sofern den Beschäftigten die Tätigkeiten und Abläufe des Angebots noch nicht bekannt sind, bereiten zunächst die Mitarbeiter_innen die Umgebung vor. Benötigt werden ein Tisch, an dem alle Beschäftigten Platz haben, ausreichend Papier zum Ausprobieren, die zu versendenden Dokumente sowie Briefmarken, Adressaufkleber, Falzbeine, Lineale, Falthilfen und eine Transportbox für die fertigen Briefe. Zur Vorbereitung auf das Angebot sollten die Beschäftigten die Möglichkeit erhalten, sich mit dem Werkstoff Papier auseinanderzusetzen. Sie können Papier beliebig falten und entfalten und dabei Veränderungen am Papier feststellen, zum Beispiel Faltkanten und Ecken fühlen sowie Unterschiede in Form und Größe des Papiers wahrnehmen →effektgeleitet.

Anmerkung:

Sind die Beschäftigten mit den Arbeitsschritten vertraut, kann der Einstieg abgekürzt werden.

Anschließend erklären die Mitarbeiter_innen, dass Dokumente gefaltet, in Umschläge gesteckt und mit Adressaufklebern und Briefmarken versehen werden sollen →reflektiert-symbolisch. Die Mitarbeiter_innen geben den Arbeitsablauf zunächst selbst vor und führen ihn dann gemeinsam mit den Beschäftigten aus. Zunächst sollten einige Probe-Durchgänge erfolgen, bei denen die Briefumschläge auch wieder geöffnet werden, um die Verwendung eines Briefs zu zeigen →ergebnisorientiert.

Der folgende Arbeitsablauf muss nicht von allen Beschäftigten im Gesamten ausgeführt werden, sondern kann in einzelne Schritte unterteilt werden. Diese können alleine oder zu zweit sowie mit Unterstützung ausgeführt werden. Zunächst müssen die Briefe gefaltet werden. Damit ein Blatt Papier im DIN-A4-Format in einen Umschlag DIN C6 passt, muss es zwei Mal in der Mitte gefaltet werden. Damit ein Blatt Papier im DIN-A4-Format in einen Umschlag DIN C6/5 oder DIN lang passt, muss es zwei Mal waagerecht im Zack-Zack gefaltet werden. Dadurch wird das Blatt gedrittelt, es entstehen zwei Brüche (→ Falzarten). Falls keine Falzmarken im Text gesetzt sind, können diese von Mitarbeiter_innen zum Beispiel mit einem Lineal und einem Falzbein eingezeichnet werden. Beim Falten kann Handführung bzw. motorische Unterstützung notwendig sein. Ggf. reicht es nach einiger Übungszeit aus, auf die Linien zu zeigen, an denen gefaltet werden muss. Um das Falten zu vereinfachen, kann eine Falthilfe (siehe weitere Materialien) eingesetzt werden, die ggf. auch selbst hergestellt werden kann. Eine weitere Möglichkeit kann sein, dass Mitarbeiter_innen das Falten größtenteils übernehmen und die Beschäftigten die Kante zum Beispiel mit einem Finger, mit einem Lineal oder Falzbein oder mit der ganzen Hand glattstreichen. Anschließend werden die Briefe in die passenden Umschläge gesteckt. Dies kann zum Beispiel im Team erfolgen, indem die/der eine den Brief anreicht und die/der andere den Brief in den Umschlag steckt. Oder indem eine/einer den Briefumschlag offenhält und die/der andere den Brief hineinlegt →ergebnisorientiert.

Außerdem müssen Adressaufkleber und Briefmarken auf dem Umschlag angebracht werden. Hierbei kann es hilfreich sein, eine Vorlage zur Verfügung zu stellen oder die Stellen, an denen die Aufkleber angebracht werden müssen, farbig zu markieren. Die Markierung sollte sich nach Möglichkeit farblich vom Kuvert abheben. Es können entweder selbstklebende oder nassklebende Briefmarken eingesetzt werden. Bei Letzteren kann ein Briefmarkenanfeuchter verwendet werden. Im Anschluss sollten die Briefkuverts verschlossen werden, zum Beispiel indem ein Klebestreifen abgezogen wird. Damit dieser gut haftet, kann es nötig sein, den Brief mit den Händen glattzustreichen. Zum Andrücken kann außerdem ein großer Stempel mit glatter Unterseite eingesetzt werden. Diese Arbeitsschritte können, falls nötig, mit Handführung erfolgen.

Während der gesamten Arbeitsphase sollen die emotionalen, körperlichen und verbalen Äußerungen der Beschäftigten berücksichtigt werden. Gegebenenfalls kann mit Lob, motorischer, emotionaler Unterstützung oder mit individuellen Pausen reagiert werden. Time-Timer können helfen, die verbleibende Zeit besser absehen zu können. Zur Strukturierung des zeitlichen Ablaufs trägt auch der Vergleich der Boxen mit den noch zu faltenden Dokumenten bzw. den fertigen Briefen bei. Die sog. Fertig-Box sollte klar als solche markiert werden. Zwischenergebnisse können mit dem gewünschten Endzustand verglichen werden (z. B. mit einem fertig gefalteten Brief). Durch Reflexionsfragen und Hinweise können die Beschäftigten lernen, ihr Tun selbst zu bewerten und gegebenenfalls zu korrigieren.

Nachdem alle Dokumente gefaltet und die Umschläge frankiert wurden, legen oder stellen die Beschäftigten die Briefe in eine Transportbox. Die Aufräumphase wird durch eine Gebärde oder Symbolkarte angekündigt. Nachdem alle Arbeitsgeräte aufgeräumt worden sind, werden die Briefe zur Post oder zum Briefkasten gebracht. Die Box kann auf dem Schoß eines Beschäftigten im Rollstuhl, in einem kleinen Wagen transportiert oder von zwei Beschäftigten gemeinsam getragen werden.