Rezepte um die Welt

KONKRETISIERUNG  ·  In 8 bis 80 Rezepten um die Welt

 

SACHASPEKTE UND POTENZIALE

Interesse für fremde Kulturen zu wecken und zu entwickeln, geschieht über die Sinne. Was und wie wir etwas sehen, hören, riechen oder schmecken lässt uns Sachverhalte vertraut werden oder kann Ablehnungen hervorrufen.

Im hier vorgestellten Angebot zur interkulturellen Bildung wird eine kulinarische Reise um die Welt vorgeschlagen. Gerade Koch- und Essenssituationen eröffnen vielfältige Möglichkeiten, um in basaler Weise am kulturellen Reichtum der Welt teilzuhaben. Dafür ist es notwendig, dass die Beschäftigten Zeit haben, um bei der Zubereitung und beim anschließenden Essen neue Eindrücke sammeln und bewerten zu können. Anders als bei Alltags- und Arbeitsangeboten in der Küche steht bei der Essenszubereitung als Angebot der interkulturellen Bildung nicht das fertige Gericht im Vordergrund, sondern neue sinnliche Erlebnisse beim Prozess der Zubereitung.

Das Projekt „In 8 bis 80 Rezepten um die Welt“ kann z. B. im Rahmen eines regelmäßig stattfindenden Kochkurses durchgeführt werden. Biografische Erfahrungen oder Vorlieben der Beschäftigten, beispielsweise aufgrund der Essgewohnheiten in der Familie, können mit aufgenommen werden. Denkbar ist auch, dass Angehörige der Beschäftigten oder Mitarbeiter_innen mit einbezogen werden, die Gerichte aus ihrem Heimatland vorstellen und bei der Zubereitung unterstützen.

Das Angebot kann z. B. folgende Schwerpunkte beinhalten:

  • Rezepte recherchieren (z. B. Familienangehörige befragen, Bildrezepte und tutorials nutzen)
  • in Spezialgeschäften einkaufen (z. B. in einem Tee- und Gewürzladen, Asia-Shop oder italienischem Feinkostladen)
  • verschiedene Speisen zubereiten (ggf. einen Schwerpunkt setzen, z. B. „So frühstückt die Welt“)
  • kulinarische Trends aufgreifen (z. B. Zubereitung verschiedener Bowls, Smoothies)
  • ein Foto-Kochbuch mit internationalen Rezepten erstellen
  • Esskultur aus verschiedenen Ländern erleben (z. B. verschiedenes Geschirr und Besteck ausprobieren, passende Tischdekoration und Hintergrundmusik auswählen)
  • internationale Küche bei einem Restaurant- oder Imbiss-Besuch kennenlernen
  • Länderkunde (z. B. kleine Vorträge zur Region oder dem Land vorbereiten, sich Filme anschauen, Personen von ihren Reiseerlebnissen erzählen lassen, Urlaubsfotos, Musik und Sprache des Landes einbeziehen)
  • eine Wahl zum beliebtesten Rezept bzw. zur Lieblingsspeise durchführen (z. B. „Das perfekte Dinner“ veranstalten, Essens- oder Getränkeverkostung durchführen)

Dieses Angebot bietet sich als ein Ausgangspunkt für weitere Projekte mit einem interkulturellen Schwerpunkt an. So könnten z. B. weitere thematische Weltreisen unternommen werden (z. B. „In 8 bis 80 Songs um die Welt“) oder einzelne Länder und Regionen der Welt stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Die Interessen der Beschäftigten sollten leitend sein bei der Gestaltung weiterer interkultureller Angebote.

IMPULSFRAGEN

Welche Gerichte aus aller Welt sind den Beschäftigten bereits vertraut?

Welche Ressourcen können für dieses Angebot genutzt werden (z. B. Kontakte zu Angehörigen, benachbarten Läden, Restaurants)?

Wie können diese ersten kulinarischen Eindrücke von einer anderen Kultur weiter vertieft werden (z. B. durch Angebote zur Musik, durch Ausflüge)?

DIFFERENZIERUNG
  • unterschiedliche Konsistenzen kennenlernen
  • ggf. auf die Essenssituation vorbereiten (De-Sensibilisierung des Mundraums, Essbesteck zur Erkundung anbieten)
  • ggf. die Zutaten und Speisen mit den Händen erkunden
  • Zutaten und Speisen ins Blickfeld rücken
  • ggf. die einzelnen Zutaten deutlich hervorheben, nacheinander betrachten, leuchtende Zutaten (z. B. Gewürzmischungen) mit einbeziehen
  • für die Rezepte Bilder mit klaren Umrissen oder starken Kontrasten nutzen, einzelne Bilder vergrößern
  • Geschirr sowie unterschiedliche Komponenten des Essens immer gleich positionieren bzw. anordnen, um Orientierung zu ermöglichen
  • haptische Erfahrungsmöglichkeiten schaffen (z. B. die Form unbekannter Obst- und Gemüsesorten erfassen)
  • Tutorials einbeziehen, einzelne Schritte der Zubereitung akustisch abrufbar machen (z.B. Step-by-Step nutzen)
  • Bildrezepte nutzen
  • bei der Länderkunde kleine Videos akustisch verstärken
  • auf Hintergrundmusik verzichten, um eine bessere auditive Aufmerksamkeit zu unterstützen
  • ausreichend Zeit lassen, um verschiedene Geruchs- und Geschmackseindrücke deutlich wahrnehmen zu können
  • Gggf. eruchsempfindlichkeit beachten
HANDLUNGSLEITENDE PRINZIPIEN
  • über die Auswahl des Rezepts gemeinsam abstimmen
  • abstimmen, wer jeweils für den Einkauf, die einzelnen Schritte der Zubereitung, das Decken des Tischs verantwortlich ist
  • Raum für das Erweitern individueller Interessen lassen (z. B. weitere Informationen zum betreffenden Land recherchieren und diese mitteilen)
  • biographische Erfahrungen und Interessen berücksichtigen (z. B. Lieblingsgerichte, Familienrezepte einbeziehen, besondere Vorliebe für ein Land oder eine Geschmacksrichtung aufgreifen)
  • dabei unterstützen, dass für die Gruppe übernommene Aufgaben zu Ende geführt werden
  • Ablehnung des Essens und die einseitige Auswahl von Nahrungsmitteln akzeptieren
  • auf klischeehafte Darstellungen anderer Länder und Kulturen verzichten
  • Orientierung über den geplanten Ablauf geben (z. B. durch Bilder, Ablaufplan, Checkliste)
  • den Austausch während der Zubereitung und des Essens unterstützen (z. B. Pausen zum gemeinsamen Verkosten einplanen)
  • gute Arbeitsteams kontinuierlich zusammenarbeiten lassen
  • für eine angenehme Atmosphäre beim Zubereiten der Speisen und beim Essen sorgen, Hektik vermeiden
  • Vorlieben und Abneigungen beachten (z. B. hinsichtlich des Geschmacks, der Konsistenz)
  • Zeit für Pausen lassen
  • Handlungsorientierung ermöglichen (z. B. durch Routinen bei der Zubereitung, Bildkarten, das Besprechen des Ablaufs)
  • Möglichkeiten schaffen, um Teilschritte der Zubereitung weitestgehend selbstständig auszuführen
  • aus Fehlern lernen können (z. B. etwas ist angebrannt, versalzen)
  • Veränderung der Lebensmittel bei der Zubereitung erleben, das fertige Gericht bewusst als solches wahrnehmen können
THEMENBEZOGENES WORTFELD
  • Namen von Lebensmitteln, z. B.
    • die Nudeln
    • die Aubergine
    • die Tomate
    • der Lachs
  • das Rezept
  • die Sprache
  • die Reise
  • die Vorspeise
  • das Hauptgericht
  • der Nachtisch
  • die Suppe
  • essen
  • trinken
  • hören
  • kochen
  • schmecken
  • versalzen
  • den Tisch decken
  • nachwürzen
  • kosten
  • scharf
  • süß
  • sauer
  • bitter
  • salzig
  • Was möchten Sie machen?
  • Geben Sie mir bitte …!
  • Schmeckt es Ihnen? Ich möchte (nicht) probieren. Das schmeckt (nicht) gut. Igitt!
  • Ich möchte noch mehr.
BEISPIELPLANUNG

In der Vorphase des Angebots sind viele organisatorische und inhaltliche Fragen zu klären: Zur Organisation gehören die Recherche und Auswahl des Rezeptes (ggf. als Bildrezept aufbereiten) der Einkauf der Zutaten sowie das Vorbereiten der Küche. Es könnte sich anbieten die anstehenden Aufgaben an einzelne Kleingruppen oder Personen zu übertragen (z. B. Einkauf, Auswahl des Rezepts).

Der Einstieg in das Angebot kann ritualisiert gestaltet werden, z. B. durch eine Musik, die für die kulinarische Reise um die Welt steht oder das Anleuchten eines Globus oder den Blick auf eine Weltkarte, auf der verschiedene Gerichte bereits für einzelne Länder stehen. Auch die jeweilige Landessprache kann als Klangeindruck mit einbezogen werden, indem z. B. die Begrüßung in dieser Sprache erfolgt.

Zu Beginn wird die Aufmerksamkeit auf das aktuelle Rezept gelenkt. Das kann durch das genaue Wahrnehmen und Kennenlernen einzelner Zutaten geschehen, Bilder des fertigen Gerichts oder auch einen kleinen Film zur Zubereitung oder zum Land, aus dem das Rezept stammt. Im Anschluss daran werden die verschiedenen Aufgaben bei der Zubereitung anhand von Bildern und passenden Gegenständen bzw. Materialien vorgestellt und verteilt. Die Aufgaben können in einer Checkliste festgehalten werden, so dass z. B. anhand von Bildern leicht erkennbar wird, wer für welche Aufgabe (mit) Verantwortung übernimmt.

Gegebenenfalls sollte der Einstieg nicht in der gesamten Gruppe, sondern im Dialog oder in Kleingruppen zu dritt oder zu viert gestaltet werden, um eine höhere Aufmerksamkeit zu erzielen und auch nonverbal kommunizierende Beschäftigte bewusst mit einbeziehen zu können.

Zunächst wird der Arbeitsplatz für die jeweils gewählte Aufgabe mit Unterstützung vorbereitet. Um ein weitgehend selbständiges Arbeiten der Beschäftigten zu ermöglichen, werden individuelle Vorrichtungen, Tutorials, Bildabfolgen u. ä. mit einbezogen.

Bei der Essenszubereitung sollten bewusste Akzente kultureller Bildung gesetzt werden (z. B. einzelne Zutaten verkosten, passende Hintergrundmusik auswählen, den Klang der Fremdsprache erleben). Es ist sinnvoll Pausen einzuplanen, um gemeinsam die einzelnen Fortschritte bei der Zubereitung zu würdigen und Zeit zum gemeinsamen Verkosten zu lassen. Nach dem Beenden der Zubereitung wird der Arbeitsplatz aufgeräumt.

Durch das gemeinsame Essen und Verkosten des zubereiteten Gerichts wird das Wahrnehmen und Wertschätzen der eigenen Arbeit und der Arbeit anderer Personen unterstützt. Es sollte Zeit bleiben, um das Erledigen der einzelnen Aufgaben bei der Zubereitung zu würdigen.

Außerdem wird beim Essen auch eine erste Bewertung des Rezepts in der Gruppe vorgenommen (Wem schmeckt es (nicht)?, Wie schmeckt es?).

Zum Abschluss des Angebots kann ein Ausblick auf die nächste ‚Reisestation‘ gegeben werden. Dabei wird aus einer Vorauswahl an Rezepten gemeinsam das Gericht ausgewählt, welches als Nächstes zubereitet wird.