Krimizeit

KONKRETISIERUNG   ·  Krimizeit mit Sherlock Holmes

 

SACHASPEKTE UND POTENZIAL

Kriminal- bzw. Detektivgeschichten erfreuen sich breiter Beliebtheit und gehören zu den am meisten gelesenen Büchern. Spannung, Rätsel und Nervenkitzel können dabei in vielfältiger Weise erfahrbar gemacht werden.

Das folgende Beispiel orientiert sich an den Themen der Detektivgeschichte „Das gesprenkelte Band“ von Arthur Conan Doyle. Der Text ist Teil der berühmten Sammlung von Detektivgeschichten „Die Abenteuer des Sherlock Holmes“ (1892). Aufgrund zahlreicher aktueller Verfilmungen erfreuen sich die Geschichten um Sherlock Holmes auch heute noch einer breiten Beliebtheit.

Das Lesen der Detektivgeschichte bietet die Möglichkeit, die bestehenden Kenntnisse und Fertigkeiten der Beschäftigten im Lesen und Schreiben zu unterstützen und zu üben. Dabei sollte jedoch das oft mühsame Erlesen der Texte nicht im Vordergrund stehen, sondern vielmehr der Schwerpunkt auf dem Kennenlernen der Geschichte und dem Erleben der geformten Sprache liegen.

Die Erzählung „Das gesprenkelte Band“ liegt als Ausgabe in Einfacher Sprache vor. Es lohnt sich, diese Fassung als Ausgangspunkt zu nehmen und ggf. den Text noch weiter zu vereinfachen, zusätzliche Bilder einzukleben usw.

Folgende inhaltliche Schwerpunkte des literarischen Angebots bieten sich an:

  • Sherlock Holmes, der Meisterdetektiv – wer ist das? (Aussehen, Wohnort: 221b Baker Street, besondere Freundschaft zu Dr. Watson, …)
  • Angst haben (Helen Stoner hat Todesangst)
  • Rätsel lösen – der Mord im geschlossenen Raum
  • Mord, Mordwaffe und Mordmotiv (Geld als Mordmotiv, giftige Schlange)
  • Szenische Umsetzung der Geschichte (einzelne Szenen nachspielen, z. B. Helen Stoner erzählt ihre Geschichte, Doktor Roylott bedroht Sherlock Holmes, Sherlock Holmes und Dr. Watson besichtigen das Schlafzimmer, die Nachtwache von Sherlock Holmes und Dr. Watson)
  • Weitere Themen: Sherlock-Holmes-Verfilmungen, Leben in London im 19. Jahrhundert, 221b Baker Street damals und heute
  • Themen der Geschichte zum Anlass nehmen für eigene Erzählungen (z. B. zu Angst, Gewalt, dem eigenen Zimmer, gefährliche Tiere, das Wachsein in der Nacht)
  • einen eigenen Krimi schreiben bzw. diktieren (Text, Bilder- oder Fotogeschichte)
IMPULSFRAGEN

Welche Themen interessieren die Beschäftigten (Liebe, Freundschaft, Abenteuer, Spannung, Sport …)?

Sind andere Krimis schon bekannt?

Werden Krimis im Fernsehen gesehen?

Welches sind zentrale Themen, die im Mittelpunkt des literarischen Angebots stehen können?

Wie kann die Geschichte multimedial präsentiert werden?

Welche Szenen der Geschichte eignen sich zum Inszenieren gemeinsam mit den Beschäftigten?

DIFFERENZIERUNG
  • bei szenischen Umsetzungen oder in spannenden Vorlesesituationen die Übertragung der Spannung auf den Körper (körperliche Anspannung und Aufregung) bewusst machen (die körperliche Spannung noch kurz verstärken und dann versuchen zu lösen, z. B. durch gemeinsames tiefes Ausatmen, Lockerung der Arm- und Beinmuskulatur)
  • mit Hilfe von Handführung die verschiedenen, zum Text passenden Gegenstände erkunden
  • diese Auseinandersetzung mit Gegenständen sprachlich begleiten (passend zur Geschichte)

Blickkontakt/-fokussierung

  • Bilder, Gegenstände zum Text ins Blickfeld rücken
  • auf (vergrößerte) Bilder und Gegenstände zeigen
  • visuelle Aufmerksamkeit durch ausgewählte Klänge und Geräusche unterstützen
  • Bilder in Ausschnitten betrachten (restliche Seite abdecken, mit Schablone arbeiten)

Sehbeeinträchtigung:

  • mit Geräuschen und Klängen eine spannungsvolle Atmosphäre schaffen
  • vielfältige haptische Erfahrungsmöglichkeiten schaffen, die einen deutlichen Bezug zur Geschichte haben (z. B. Tabakpfeife, Holzschlange, Band mit Glocke als Klingelzug)
  • Bilder mit klaren Umrissen oder starken Kontrasten nutzen, Bilder vergrößern
  • Gegenstände genau beschreiben
  • ggf. verschiedene Gerüche mit einbeziehen (z. B. Tabakgeruch für Holmes, Lavendel für Helen Stoner)

Auditive Aufmerksamkeit:

  • bequeme Position zum Zuhören einnehmen
  • ruhigen, ablenkungsarmen Raum nutzen
  • beim Zuhören auf körpereigene Signale der Aufmerksamkeit genau achten (z. B. Kopfhaltung, körperliche An- oder Entspannung)
  • verschiedene Höreindrücke den einzelnen Abschnitten zuordnen (z. B. leises Pfeifen für Gefahr, Pferdegetrappel für die Stadt London im 19. Jahrhundert)

Hörbeeinträchtigung:

  • Bildmaterial und verschiedene Gegenstände zum Text nutzen
  • mit Gesten und ggf. Gebärden den Text vortragen
HANDLUNGSLEITENDE PRINZIPIEN
  • literarische Vorlieben und Vorerfahrungen der Beschäftigten wahrnehmen bzw. vermuten, erfragen und mit aufgreifen (Werden z. B. Krimis im Fernsehen geschaut, Hörbücher gehört, Zeitschriften angeschaut oder gelesen?)
  • Überblick über die verschiedenen Bücher bzw. Medien geben, die Textauswahl für das literarische Angebot gemeinsam mit den Beschäftigten bestimmen
  • freiwillige Teilnahme am Literatur-Angebot nach Vorstellung des Textes bzw. Themas
  • Ideen der Beschäftigten zur weiteren Auseinandersetzung mit der Geschichte aufgreifen bzw. bei der Auswahl mit einbeziehen (z. B. Szenen nachspielen, passende Musik zu den Handlungsschritten finden, eine Collage über den Detektiv anfertigen, Verfilmungen anschauen)
  • ernste Themen bei der Auseinandersetzung mit der Kriminalgeschichte nicht aussparen, sondern verständlich erklären (z. B. Tod, Mord, Gewalt)
  • offenen Austausch über den Text (als Mitarbeiter_in keine eigenen Deutungen favorisieren, Schulatmosphäre vermeiden)
  • Orientierung über den Ablauf des Angebots mit Bild-, Symbolkarten oder Gegenstand geben (z. B. Tabakpfeife als gegenständliches Symbol für Sherlock-Holmes-Geschichten)
  • um eine höhere Aufmerksamkeit zu erzielen, nicht immer in der gesamten Gruppe, sondern auch im Dialog die Geschichte lesen, vortragen bzw. multisensorisch erfahrbar machen
  • die anstehenden Aufgaben im Team der Mitarbeiter_innen besprechen und verteilen (z. B. Anleitung des Literaturangebots, multimediale Präsentation, ggf. gemeinsames Vorspielen einzelner Szenen, Unterstützung bei szenischen Umsetzungen)
  • störungsfreie und gemütliche Leseatmosphäre herstellen
  • auf individuell geeignete Sitzposition während des literarischen Angebots achten, Bewegungspausen und Lageveränderungen ermöglichen
  • ggf. Belastung durch die multimediale Präsentation und den Inhalt der Detektivgeschichte erkennen –> Pausen einplanen
  • das Erfahren von Sprachklang und Sprachrhythmus sowie das multisensorische Wahrnehmen von Geschichten unterstützen
  • das Kennenlernen spannender Geschichten ermöglichen
  • zum Nacherzählen von Geschichten oder Ausschnitten der Handlung mit Bildern anregen (entlang des roten Fadens, ggf. mit Unterstützung)
  • den Austausch über Literatur als positive soziale Situation gestalten
  • beim Anhören eines Hörbuches das Bedienen der Technik so unterstützen, dass es weitestgehend selbstbestimmt bzw. selbstständig gelingt
  • zum Lesen eines Buches in Einfacher Sprache anregen (ggf. mit zusätzlichen Bildern und Materialien)
THEMENBEZOGENES WORTFELD
  • der Krimi
  • der Mord
  • der Detektiv
  • der Zeuge
  • die Schlange
  • lesen
  • erzählen
  • Spuren lesen
  • untersuchen
  • töten
  • den Mörder finden
  • spannend
  • gefährlich
  • giftig
  • tot
  • Ich möchte weiterlesen!
  • Was passiert als Nächstes?
  • Das ist spannend.
BEISPIELPLANUNG

Ausschlaggebend für die Wahl des Krimis „Das gesprenkelte Band“ von Arthur Conan Doyle (Inhaltsangabe) im vorgestellten Angebot sind mehrere Faktoren:

  • Die Beschäftigten möchten Kriminalgeschichten lesen, sie interessieren sich für spannende Geschichten.
  • Die Abenteuer des Sherlock Holmes erfreuen sich auch heute noch breiter Beliebtheit. Es besteht die Möglichkeit, auch mit Angehörigen und anderen Bekannten über die Detektivgeschichte ins Gespräch zu kommen.
  • Es sind multimediale Umsetzungen vorhanden: Hörbuch, Verfilmungen, eine Ausgabe in Einfacher Sprache können (in Ausschnitten) mit einbezogen werden.
  • Zahlreiche interkulturelle und historische Bezüge sind möglich: London, das Leben im 19. Jahrhundert (z. B. mit Bediensteten auf einem Landgut, mit der Kutsche fahren)
  • Wenn die Detektivgeschichte gefällt, können weitere Geschichten um Sherlock Holmes ganz ähnlich aufbereitet werden.

Für das literarische Angebot sollte eine besondere (Raum-)Atmosphäre geschaffen werden, die sich deutlich von Arbeits- und Alltagsangeboten abhebt (z. B. den Ort wechseln, in eine bequeme Ecke zum Lesen und Vortragen wechseln, für eine bequeme Positionierung oder Lagerung sorgen, um gleichzeitig entspannt und aufmerksam zuhören zu können).

Es lohnt sich, die Erzählung in einzelne Abschnitte zu unterteilen und sich an mehreren Tagen für ca. jeweils 60–90 Minuten Zeit zu lassen mit der Erarbeitung der Geschichte ( Handlungsschritte 1–7).

Zum Einstieg in die Krimizeit wird immer die gleiche Musik gehört, um auf die Geschichte einzustimmen. Dies kann z. B. die Titelmelodie einer Sherlock-Holmes-Verfilmung sein oder auch eine andere bekannte Krimimusik (z. B. „Tatort“, „Der rosarote Panther“).

Zunächst wird mit Hilfe von Bildkarten ein Überblick über den zeitlichen Rahmen und das Thema des Angebots gegeben. Es wird der rote Erzählfaden in der Mitte des Tischs ausgerollt und ggf. gemeinsam wiederholt, was bisher über die Geschichte bekannt ist (es geht um ein Abenteuer des Detektivs Sherlock Holmes).

Danach erzählt ein_e Mitarbeiter_in mit deutlicher Betonung und spannend den neuen Abschnitt der Geschichte (zentrale Begriffe werden besonders betont). Die Bilder und Gegenstände, die zum Textausschnitt gehören, werden der Gruppe vorgestellt (ggf. auch Klänge und Geräusche einbeziehen).

(zum Handlungsschritt 1 – Helen Stoner hat Todesangst)

Es schließt sich eine Phase der vertiefenden Auseinandersetzung mit dem Textausschnitt an. Es bestehen hierzu u. a. folgende Möglichkeiten:

  • den Besuch von Helen Stoner bei Sherlock Holmes und Dr. Watson mehrfach mit wenigen Worten nachspielen (Rollen werden klar sichtbar gemacht mit einzelnen Requisiten)
  • den Besuch nachstellen (z. B. mit kleinen Filzpuppen)
  • sich zu zweit mit (ausgewählten) Gegenständen und Bildern zum Textausschnitt vertraut machen
  • den Textausschnitt in Einfacher Sprache oder als Bildgeschichte selbst bzw. mit Unterstützung lesen
  • Angst haben: das „Zittern vor Angst“ nachspielen, Angst als Gefühl auf Bildern erkennen, sich über (eigene) Ängste austauschen, Angst mit Instrumenten vertonen, Angst bzw. einen ängstlichen Menschen malen (ggf. Edvard Munch „Der Schrei“ einbeziehen)
  • sich über Geräusche wundern: Geräusche-Memory (bekannte und unbekannte Geräusche)
  • das Pfeifen in der Nacht: Vermutungen anstellen, was das sein könnte

Zum Abschluss werden die (Zwischen-)Ergebnisse der vertieften Auseinandersetzung mit dem Textausschnitt der Gruppe präsentiert und gewürdigt.

Zur Wiederholung können am roten (Erzähl-)Faden die einzelnen Handlungsschritte der Geschichte bzw. des gerade gelesenen Textausschnitts mit Bildern und Gegenständen noch einmal nacheinander aufgereiht werden.

Am Ende wird der Erzählfaden wieder eingerollt, ggf. schließt sich die Krimimusik vom Anfang oder ein anderes Ritual zum Abschluss noch an (z. B. Buch geräuschvoll zuklappen).