Holzschilder für den Kräutergarten

KONKRETISIERUNG  ·  Herstellung von Holzschildern für den Kräutergarten *

Anja Hehne – VfJ Werkstätten GmbH

SACHASPEKTE UND POTENTIAL

Holz bietet schöpferische Möglichkeiten, die je nach Anforderung an das Ergebnis, die Kreativität sowie Detailtreue und Gründlichkeit in der Aufgabenvorbereitung und Umsetzung fordern. Werkzeugkunde und deren fachgerechter Einsatz werden vereinfacht erläutert und erlernt. Während der Holzverarbeitung lässt sich jeder Zwischenschritt einzeln üben und er kann dem Tempo angepasst werden. Der Werkstoff Holz lädt unter anderem durch seinen Duft, seiner Struktur, seiner Oberflächentemperatur sowie Oberflächenbeschaffung zum Anfassen und Bearbeiten ein.

Kräuter Bezeichnungsschilder zur Kennzeichnung von Aussaaten in den Beeten gibt es in unserem Schulgarten schon lange. Bisher aus Plastik, sollen sie nunmehr durch umweltfreundliches Holz ersetzt werden. Unsere Mitarbeiter haben einen Bezug zum Schulgarten und sind motiviert, den Weg dorthin durch eine Gartenkolonie an der frischen Luft zu laufen und vor Ort Neues auszuprobieren.

Das Herstellen von Holzschildern ist im Vergleich zu anderen Erzeugnissen aus Holz mit einer geringeren Anforderung an die Handlungsplanung und -durchführung verbunden. Die einzusetzende Kraft variiert durch die Art der Bearbeitung des Holzes. Diese lässt sich den Mitarbeitern anpassen, soll nicht über- oder unterfordern.

Für das Abmessen und Zusägen mit dem benötigten Werkzeug braucht es eine gute Auge-Hand-Koordination und Konzentration. Der Einsatz von Werkzeugen wie der Laubsäge, die eine Aktivierung der oberen Extremitäten und Koordination bewirkt, wirken sich auch positiv auf die Motivation der Mitarbeiter aus.  Sie hören und sehen unmittelbar was sie machen und können erste Erfolge vorweisen.

Das Schleifen des Werkstückes geht mit Krafteinsatz und Eigenantrieb einher und kann die Propriozeption unterstützen. Wahrnehmungsstörungen in der Sensibilität lassen sich gut bearbeiten, während man sich einer freudvollen Tätigkeit zuwendet. Da es sich um ein kleines Werkstück handelt, ist der Erfolg schnell sichtbar. Das steigert das Durchhaltevermögen und die Motivation.

Anspruchsvoll gestaltet sich das Verzieren mit dem Namenszug der Kräuter mittels Lötkolben. Hier ist unbedingt die Verbrennungsgefahr zu beachten. Der Einsatz des Lötkolbens zum Beschriften stellt zudem hohe Anforderungen an die Feinmotorik, die visuelle Wahrnehmung und die Konzentration.

Je nach Arbeitsabschnitt ist der Schwierigkeitsgrad der Bearbeitung flexibel zu bestimmen und für den Mitarbeiter gut anzupassen. Er trägt als Teil zum Ganzen bei.

Gemeinsam werden zwischendurch in der Gruppe kurze Lockerungsübung gemacht. Dies stärkt in der Einzelarbeit das Miteinander Gefühl. Man kann sich austauschen, wie einem die Arbeit gelingt und was gut oder problematisch läuft.

Die Kräuternamen werden in vergrößerter und hervorgehobener Form auf Ablesekarten gebracht und laminiert, sodass sie jederzeit problemlos genutzt und gesäubert werden können. Sie dienen der visuellen Unterstützung und geben Sicherheit bei der Übertragung aufs Holz.

Dem schließt sich das Ölen des Werkstücks an. Gemeinsam besprechen wir die Eigenschaften von Lein- und Walnussöl und erweitern somit das Expertenwissen.

Im Anschluss wird das fertige Produkt der Gartengruppe vorgestellt (-> positiver Verstärker) und gemeinsam in den Schulgarten gebracht, der für dortige Schulklassen und den Publikumsverkehr geöffnet ist (-> Wissen um die Öffentlichkeitsarbeit).

Eine Produktpräsentation wird zudem in den Schaukasten des Schulgartens gehangen mit dem Hinweis, dass diese Holzschilder auch individuell gestaltet, zu erwerben sind.

Im Rahmen einer weihnachtlichen Geschmacks- und Geruchsreise können mehrfachbehinderte Menschen mit Behinderung vielfältige Wahrnehmungsmöglichkeiten eröffnet werden.

IMPULSFRAGEN
  • Welchen Bezug zu der Aufgabe können die Mitarbeiter herstellen? Holzwerkstatt-> Produktentstehung Garten
  • Welche Kenntnisse haben die Mitarbeiter in Bezug auf Holzverarbeitung?
  • Welches Holz eignet sich vorrangig?
  • Welche Hilfsmittel/Adaptationen benötigen wir, um Werkzeuge möglichst selbständig zu händeln?
  • Umsetzung der Planungsausführung auf einen Arbeitstag legen oder lieber in mehreren Arbeitsschritten/Tagen umsetzen?
  • Welche Sicherheitsstandards sind zu beachten?
  • Gibt es Allergien gegen Holzstaub oder andere Kontraindikationen?
DIFFERENZIERUNG
  • Lagerung im Seitenbrett, um gezielt die Hände einzusetzen= schafft Bewusstsein für die eigenen Bewegungsmöglichkeiten.
  • Stehen im Freistehbarren, um durch Stand bessere Kraftübertragung aufs Werkstück zu haben.
  • Stehposition schafft gute Übersicht am Platz und im Raum.
  • Wahrnehmen, wie sich durch Druck auf das Schleifbrett die Oberflächenstruktur ändert = verbal begleiten und beschreiben.
  • Zeit geben, um unterschiedliche Oberflächen zu erspüren und diese beschreiben zu lassen. Holzstücke un- und bearbeitet über seine Hand streichen und verbal begleiten.
  • Holzstücke un- und bearbeitet über seine Hand streichen und verbal begleiten.
  • Orientierungshilfen durch Bild und Symbolkarten.
  • Schaffen guter Lichtverhältnisse, um eine Überanstrengung der Augen zu vermeiden.
  • Struktur am Arbeitsplatz vorgeben und einhalten, um selbständiges Arbeiten zu ermöglichen.
  • Einsatz von Kopfhörer zur Reizminimierung.
  • Verzicht auf Hintergrundmusik.
HANDLUNGSLEITENDE PRINZIPIEN

Bei der Gestaltung und Bearbeitung des Holzstückes hat der Mitarbeiter die Wahl des Arbeitsplatzes, der gestalterischen Umsetzung und der Ausführung der unterschiedlichen Teilbearbeitungsschritte. Gemeinsam werden im Internet nach möglichen Beispielen für Holzschilder gesucht oder es werden auch eigene Vorstellungen bildnerisch umgesetzt, um es für alle vorstellbar zu machen. Im nächsten Schritt sollen sich die Mitarbeiter für ein Beispiel entscheiden. Diese sind anschließend kleinschrittig gestaltet und werden an einer Beispielabhandlung vorgezeigt. Bei der finalen Entscheidung über die Aufgabenverteilung ist die Meinung aller zu hören und auch zu berücksichtigen, was die einzelnen Gruppenmitglieder möglichst selbständig und nach Wunsch umsetzen können. Es wird aber auch verdeutlicht, dass Hr. N. auf Grund seiner schwersten körperlichen Beeinträchtigung nur den Arbeitsschritt des Lasierens mittels Tupftechnik durchführen kann, es aber die Möglichkeit gibt, Herrn N. aktiv zu unterstützen.  Es können mögliche Bedenken im Umgang mit dem Werkzeug angebracht und so z.B. der Wunsch geäußert werden, den Teilschritt des Schleifens zu übernehmen. Getroffene Entscheidungen werden akzeptiert. Trotzdem besteht immer die Möglichkeit, Veränderungswünsche anzubringen und diese in der nächsten Planung zu berücksichtigen.

Im Vorfeld wird besprochen, wie es zu diesem Projekt gekommen ist. Ich erkläre, dass eine andere Arbeitsgruppe unsere Unterstützung zur Erfüllung ihres Anliegens benötigt. Für eine weitere Verstärkung der Bedeutsamkeit der Aufgabe wird aufgezeigt, dass dieses Projekt von einem Tischler in seiner Werkstatt begleitet wird. Dieser begleitet uns fachkundig bei jedem Arbeitsschritt. Ich verdeutlichte und bestärkte, dass ein jeder Arbeitsschritt wichtig und, um an ein Ergebnis zu kommen, unverzichtbar ist.

Die Arbeitsschritte werden in kurzen Sätzen wiederholt, um nicht durch zu viele Worte die Konzentration abreißen zu lassen. Die Arbeitseinteilung wird in einfacher Sprache formuliert. Zum Einsatz kommen hierbei ausgewählte Bildkarten und Fotos mit Werkzeugabbildungen. Zur Verdeutlichung, wer für welchen Bearbeitungsschritt zuständig ist, werden Fotokarten des Mitarbeiters an den Arbeitsplatz gebracht. So kann auch jeder andere Mitarbeiter sehen, wer welchen Arbeitsplatz hat oder wer eventuell fehlt.  Zur selbständigen Orientierung sind an jedem Arbeitsplatz die erwähnten Bildkarten mit den jeweiligen Arbeitsaufträgen und dem zu nutzenden Werkzeug versehen. Fragen werden beantwortet und mögliche Abweichungswünsche besprochen. Für Rollstuhlfahrer mit nonverbaler Kommunikation steht ein Buzzer am Arbeitsplatz, den sie bei Unterstützungsbedarf drücken können. In regelmäßigen Pausen können wir uns darüber austauschen, wie der jeweilige Arbeitsprozess verläuft, was gut funktioniert oder das nächste Mal anders zu machen ist.

Es ist dafür zu sorgen, dass wir für die Umsetzung des Angebotes ausreichend Zeit und Ruhe haben. Jeder ist individuell schnell oder hat einen anderen Unterstützungsbedarf. Das wird immer wieder kommuniziert und durch die eigene ruhige Persönlichkeitsspiegelung gezeigt. Zur Arbeitsumsetzung bekommt jeder Mitarbeiter einen Kittel, eine Schutzbrille, Handschuhe und eine Maske zur Verfügung gestellt. Es macht deutlich, dass es sich um eine andere Anforderung handelt, als im gewöhnlichen Alltagsablauf und es dafür besondere Vorkehrungen gibt.  Der jeweilige Arbeitsplatz ist für die Bedürfnisse des Mitarbeiters vorbereitet und angepasst. Für ihn benötigte Hilfsmittel oder Adaptationen liegen bereit. Während der Arbeitsausführung wird darauf geachtet, dass es zu keiner Über- oder Unterforderung kommt. Dabei werden die Mitarbeiter gut beobachtet und z.B. auf körperliche Unruhezustände oder Konzentrationsverlust geachtet. Sollte ein Mitarbeiter merken, dass er am heutigen Tag nicht in der Lage ist, z.B. den Geruch des Öles auszuhalten, kann jederzeit eine andere Aufgabe zugeteilt werden. Die auszuführende Arbeit wird wertschätzend und motivierend begleitet.

Durch die Arbeitsplatzanpassung können die Mitarbeiter die Aufgaben weitestgehend selbständig erledigen. Durch angemessene Wertschätzung von der Gruppe und dem Tischler vor Ort, wird das Erleben des Arbeitens unterstützt. Gemeinsam wird zum Feierabend über den Tagesablauf gesprochen. Dinge, die gut liefen, werden thematisiert, aber auch kritische Punkte sollen angebracht werden, um sie fortlaufend ändern zu können. Gemeinsam wird besprochen, ob der Wunsch für eine Fortführung unserer Gruppenarbeit besteht und wie diese Umsetzung aussehen könnte. Letztlich kann das Produkt der Gartengruppe vorgestellt werden. Hier wird es große Freude und Anerkennung gegeben werden, da die Fertigung ein langer Wunsch war.

Fotos des Endproduktes werden im Schaukasten des Schulgartens angebracht und zum Erwerb beworben.

THEMENBEZOGENES WORTFELD
  • die Werkstatt
  • der Garten
  • die Gartengruppe
  • der Schulgarten
  • der Schaukasten
  • das Holzschild
  • das Holz
  • das Werkzeug
  • der Arbeitsplatz
  • die Bildkarten
  • die Säge
  • das Schleifbrett
  • das Schleifpapier
  • der Schraubstock
  • der Pinsel
  • das Öl
  • der Buzzer
  • die Schutzkleidung
  • der Lötkolben
  • die Pause
  • das Produkt
  • die Arbeitsschritte
  • die Hilfe
  • zuhören
  • anschauen
  • arbeiten
  • sägen
  • schleifen
  • einölen
  • präsentieren
  • anfassen
  • greifen
  • halten
  • motiviert
  • schwer
  • duftend
  • ölig
  • gut
  • unsauber
  • hart
  • hell
  • dunkel
  • abgerundet
  • laut
  • staubig
  • müde
  • Ich freue mich…
  • Ich brauche Hilfe!
  • Ich brauche…
  • Wiederhole bitte!
  • Das find ich schön/nicht schön.
  • Ich bin ärgerlich.
  • Ich will nicht mehr.
  • Ich mach weiter.
  • Ich bin gut.
  • Ich habe viel/wenig geschafft.
  • Ich will deins sehen.
  • Ich brauche eine Pause.
  • Wie lange noch?
  • Schau mal!
  • Wie findest du das?
BEISPIELPLANUNG

Ich stellte in mehreren Gruppen die an mich geforderte Aufgabe zum Thema Holzverarbeitung vor und frage die Mitarbeiter, wer sich vorstellen könnte, mich zu unterstützen. Einen Talker oder Bildkarten sind hier noch nicht erforderlich, da durch Mimik, Gestik und Körpereinsatz deutlich zu erkennen ist, dass der nonverbal kommunizierende Mitarbeiter Teil der Gruppe sein möchte.

Ich konnte eine Gruppe von 5 Mitarbeitern mit unterschiedlichen Kompetenzen gewinnen, sowie ihre Gruppenleiter mit ins Team aufnehmen. Es werden zeitliche Möglichkeiten besprochen und ein Termin für 1x wöchentlich auf 2h festgelegt. Die Mitarbeiter und Kollegen bekommen eine Symbolkarte mit dem gelben Montag und einem Gruppenfoto in der Holzwerkstatt zur Orientierung im Wochenplan.

Um ein Verständnis und die Sinnhaftigkeit für das Projekt in der Holzverarbeitung zu bekommen, treffen wir uns mit der Gartengruppe. Sie veranschaulichen, dass der Wunsch zur Herstellung der Holzschilder von ihnen ist und sie bis zum nächsten Frühjahr gerne ein umfangreiches Sortiment bestellen möchten.

Es ist wichtig, dass erkennbar ist, welches Vertrauen in unsere Fähigkeiten gelegt wird. Das bietet eine gute Motivation für die Projektumsetzung.

Da uns 4 Monate zur Verfügung stehen, nutzen wir die Zeit mit den Gruppenmitgliedern in den Schulgarten zu gehen, um uns den späteren Nutzungsort unseres Produktes anzuschauen. Das schafft ein Gruppengefühl und zeigt auf, dass eine Ernsthaftigkeit hinter der Arbeit steht.

Ich übernehme die Vorgestaltung der Holzwerkstatt und das Zusammenstellen der benötigten Materialien und Werkzeuge. Ordnungssysteme aus dem TEACCH werden bereitgestellt, ein benötigter Buzzer an einem Arbeitsplatz angebracht und ein weiterer Tisch in der Nähe des Arbeitsplatzes dient zur Ablage der Materialien und Werkzeuge. Auf den einzelnen Arbeitstischen befinden sich Fotobildkarten mit dem an diesem Platz benötigten Werkzeugen.

Die Arbeitsphase wird für alle an einem Zeitablaufplan markiert erkennbar sein, ebenso die Pausen und das feste Ende der Arbeit. Gleichzeitig weise ich als Verstärker auf alle Abschnitte hin.

Bei Mitarbeitern, die in ihrer körperlichen Mobilität eingeschränkt sind, wird gezielt darauf geachtet, dass sie sich ihrer Arbeit zuwenden können. Es werden Positionsveränderungen vorgenommen (z.B. Freistehbarren oder Seitenlagerungsbrett auf einem Arbeitstisch) mit dem Ziel der Arbeitsumsetzbarkeit und um die Aufmerksamkeit zu erhöhen und zu erhalten. Motivation, Arbeitseifer und Neugier müssen geweckt werden, um die Aufmerksamkeit während des Angebotes auf die Arbeitsphase zu führen.

In unserem nächsten Treffen besprechen wir, wo wir mögliche Gestaltungsbeispiele finden und auswählen können. Dafür nutzen wir das Internet. Dieses eingesetzte Medium stellt immer eine besondere Motivation dar.  Der Einsatz eines Buzzers/Talkers ermöglicht es Herrn S. seinen Favoriten zu benennen, die anderen Mitarbeiter äußern sich verbal bzw. zeigen auf die gewünschte Abbildung. Einem Mitarbeiter ist es leider nicht möglich sich durch eine andere Form als das Einsetzen von Mimik mitzuteilen. Wir haben für ihn noch kein geeignetes Kommunikationsmittel gefunden.  Ihn gilt es genau zu beobachten und assistierend zu unterstützen.

Nachdem sich gemeinsam auf eine Gestaltungsform geeinigt wurde (hierfür müssen Mehrheitsentscheidungen hingenommen werden), suchen wir die Werkstatt auf. Es bleibt Zeit erstmal in dem Raum anzukommen und ihn zu erkunden. So kann gleich vorhandener Neugier durch neue Reize nachgekommen werden. Im späteren Arbeitsprozess sind diese vertraut und wirken nicht mehr ablenkend.

Gemeinsam wenden wir uns dann einem fertigen Endprodukt zu. Sie bekommen die Möglichkeit es zu begreifen und damit zu hantieren. Sie können es mit allen Sinnen erkunden. Sie bekommen zudem ein Schild gleicher Funktion aus Plastik.  Mit den unterschiedlichen Materialien können verschiedene Effekte erzeugt werden wie z.B. verschiedene Geräusche = effektgeleitet. Sie können die Funktion der Schilder erproben, in dem sie diese in Blumenkübel stecken = ergebnisorientiert. Das Erkunden des Holzschildes wird als Ausgangspunkt für die Veranschaulichung der Zielperspektive genutzt, dass die von ihnen gefertigte Holzschilder anschließend an die Gartengruppe übergeben werden sollen. Ein späterer Verkauf an andere Interessierte wird geplant = reflektiert- symbolisch.

In der Gruppe wird besprochen, wer welchen Einzelarbeitsschritt durchführen wird. Die individuellen Anforderungen werden erläutert und gezeigt.  Die Einzelarbeitsplätze werden entsprechend den erforderlichen Arbeitsschritten vorbereitet (z.B. mit den Fotobildkarten der benötigten Werkzeuge und dem Baumaterial versehen).

Das Einrichten des Arbeitsplatzes erfolgt je nach Tätigkeitform auf unterschiedliche Weise: Sie kann stellvertretend ausgeführt werden = effektgeleitet, sie kann in meiner Begleitung durchgeführt werden = ergebnisorientiert oder sie kann weitgehend selbständig erfolgen, indem z.B. eine bildliche Anleitung genutzt werden kann = reflektiert-symbolisch.

Die Ausführung der bevorstehenden Arbeitsschritte wird durch ein geleitetes Vormachen verdeutlicht und veranschaulicht. Zur benötigten Erinnerung an die Handlung, sind Fotokarten am Arbeitsplatz angebracht, die den Arbeitsprozess abbilden.

Der Arbeitsablauf gestaltet sich für jeden Mitarbeiter angepasst an seine Ausdauer und ihm zur Verfügung stehenden Kompetenzen.

Ein Gruppenmitglied versteht das gesprochene Wort und die gestellten Anforderungen gut. Auf Grund seiner Behinderung benötigt er klare Strukturen, an denen er Halt und Sicherheit findet. An seinem Arbeitsplatz befinden sich eine Ordnungsbox, die mit Metacom Symbolen verziert ist. Diese ist klar unterteilt in Werkzeuge, zu bearbeitendes Material und fertiggestelltes Material. Dass ein Werkstück erst beendet werden muss, bevor zu einem Neuen übergegangen wird, muss nicht durch ein Symbol unterstützt werden.  Des Weiteren befindet sich auf seinem Arbeitsplatz ein eigener Stundenablaufplan, der ihm aufzeigt, wann Arbeitsbeginn, Pausen und Arbeitsende sind = reflektiert-symbolisch.

Da er eine Überempfindlichkeit in der auditiven Wahrnehmung hat, arbeitet er mit Kopfhörer, um sich vor dem Lärm im Raum zu schützen. Das Abmessen und Zusägen der Holzstücke bewältigt er selbständig. Die Handhabung der Säge ist funktional und ermöglicht ihm, überschüssige Kraft abzubauen. Während des Arbeitsprozesses benötigt er viel Bestätigung, was ihm wiederum Sicherheit vermittelt und den Arbeitsablauf fortführen lässt.

Das Ausführen des Schleifens übernimmt ein Gruppenmitglied im Freistehbarren arbeitend. Dieser überschaubare Teilschritt ermöglicht es ihm, seine Kraft immer wieder selbst zu dosieren und auch kurze Erholungsphasen einzubauen. Durch den Einsatz eines Schleifbretts wird ihm die Umsetzung gelenkschonend erleichtert. Assistierende Unterstützung benötigt er beim Drehen des Werkstücks in der Schraubstockvorrichtung.  Er versteht, dass durch seine Tätigkeit etwas bewirkt wird; das zuvor raue Holz, glatt wird= ergebnisorientiert. Auch hier kann auf basale Weise ein „Vorher- Nachher-Effekt“ erfahrbar gemacht werden, indem er z.B. das unbehandelte Holz auf seiner Haut spürt und im Anschluss das bearbeitete glatte Holz taktil erfasst. Dieses Ergebnis stimmt ihn gut gelaunt und er möchte alle darauf aufmerksam machen. Von den Gruppenmitgliedern und mir erfährt er respektvolle und ehrliche Wertschätzung. Für das Bearbeiten im Freistehbarren sind 50 Minuten angedacht, die Zeit kann aber der körperlichen Verfassung angepasst werden. Anschließend setzt der Mitarbeiter seine Beschäftigung im Rollstuhl fort. Der Arbeitsplatz wird seinen Bedürfnissen angepasst.  Auf Grund seiner kommunikativen Einschränkung ist ein verbales Mitteilen nicht möglich. Einen früher gut eingesetzten Talker lehnt er kategorisch ab. Der Talker verbleibt trotzdem in sichtbarer Nähe, um ihn stetig an die Möglichkeit zu erinnern, ihn zu nutzen. Auch jede andere ihm angebotene Mitteilungsform durch die Unterstützte Kommunikation lehnt er ab, obwohl er kognitiv versteht, auf welche Teilhabemöglichkeit er verzichtet.  Auf seinem Arbeitsplatz steht ein Akustik-Buzzer, den er bei benötigter Hilfe oder Problemen drückt. Dieses Angebot nimmt er an und erfreut sich an dem Signal und seiner Wirkung.

Beim Einsatz des Lötkolbens und der schriftlichen Verzierung sitzt ein junger Mann an einem gut beleuchteten Arbeitsplatz. Die aufzubringenden Wörter liegen in hervorgehobener und markanter Ausführung, einlaminiert vor ihm. Er hat in diesem Teilbereich des Abschreibens eine hohe Kompetenz und ein sehr gutes Schriftbild. Ihm wird die benötigte Zeit eingeräumt, da er auch in der Anwendung des heißen Lötkolbens vorsichtig arbeiten muss. Es gibt eine spezielle Vorrichtung, in die der Lötkolben bei jeder Pause bzw. Nichtnutzung abgelegt wird, um mögliche Verletzungsgefahren zu minimieren. Eine Fotobildkarte mit diesem Hinweis, befindet sich als Verstärker an seinem Arbeitsplatz. Ein stetiges Wiederholen des Hinweises, erfolgt regelmäßig.

Bei meinem schwerstmehrfach beeinträchtigten Gruppenmitglied stehen wahrnehmungsbezogene Tätigkeiten im Vordergrund, die zum Gesamtergebnis beitragen. Er ist in einem Seitenlagerungsbrett mit verschiedensten Auspolsterungen auf einem Arbeitstisch gelagert und positioniert. Die veränderte Raum-Lage-Wahrnehmung, lässt ihn wach und interessiert sein. Seine Aufgabe ist das Ölen der Holzteile. Dabei assistiere ich ihm aktiv, indem ich einen Pinsel mit Griffverdickung in seine oben aufliegende Hand führe. Gemeinsam bringen wir den Pinsel ins Öl, wobei ich ihm verbal erzähle, was ich sehe. Ich beschreibe die Konsistenz, Farbe und den Geruch des Öles. Durch eine Unterarmstütze ist es ihm möglich, leichte Bewegungen auf und ab am Werkstück auszuführen. Um den Einsatz von Werkzeugen vielfältiger zu halten, setze ich im Wechsel den Fingerpinsel ein. Dieses Hilfsmittel ermöglicht ein Überstülpen über den gewünschten Finger und vermittelt das Wissen, das auch für ihn unterschiedliche Alternativen zur Verfügung stehen. Auch hier bewegt er den Finger minimalistisch, aber selbständig. Die Unterarmstütze bleibt bestehen. Er begleitet sein Arbeiten mit den Augen und ist an seinen ausgeführten Bewegungen sehr interessiert. In dem ganzen Prozess wird er als wichtiger Teil der Gruppe wahrgenommen und für seine Arbeitsleistung von allen wertgeschätzt = effektgeleitet.

Der nahende Abschluss der Arbeitsphase wird rechtzeitig sowohl verbal als auch am Zeitplan angekündigt. Als zusätzlicher Verstärker wird ein Time Timer eingesetzt, der aus den unterschiedlichen Gruppen im Haus bekannt ist. Die Gruppenmitglieder, die fertig sind mit ihrer Bearbeitung, sollen kein neues Holzschild mehr beginnen, sondern anfangen den Arbeitsplatz aufzuräumen. Den anderen Gruppenmitgliedern wird erklärt, dass wir das Arbeitsstück in der nächsten Holzeinheit beenden. Gemeinsam räumen wir die letzten Arbeitsplätze, immer in verbaler Erklärung über das Tun, auf. Eine zeitliche Orientierung, wann wir uns wieder treffen, wird gegeben und an die Gruppenleiter übermittelt. Unser Gruppenprojekt ist wichtig und bitte im Kalender einzutragen, sodass auf Nachfragen der Mitarbeiter geantwortet werden kann. Es soll nicht zu viel Zeit verstreichen, um den Bezug zur Arbeit nicht zu verlieren.

Gemeinsam schauen wir auf die geleistete Arbeit zurück. Es folgt viel Lob und positive Bestärkung. In einfacher Sprache wird nachgefragt, wie es den Gruppenmitgliedern gefallen hat. Positives wie Negatives soll erwähnt werden. Einfache Metacom Symbole mit Gefühlslagen versehen, kommen zum Einsatz. Es wird einen kurzen Überblick über die Gestaltung des nächsten Treffs geben und die Gruppenmitglieder werden in Vorfreude auf das nächste Mal verabschiedet und in ihre Gruppen gebracht.


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Die Konkretsierung ist im Rahmen der Multiplikator*innenqualifikation entstanden.