Festival der Sinne

KONKRETISIERUNG  ·  Festival der Sinne

 

SACHASPEKTE UND POTENZIAL

Festivals erfreuen sich in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit und werden von vielen Menschen besucht. Die laute Musik und die Möglichkeit zu tanzen, sich im Rhythmus der Musik zu bewegen und Musik zu genießen, wird von vielen Menschen als anregende Erfahrung empfunden. Die Bewegungsmöglichkeiten, die sich durch das Tanzen zu Musik ergeben, können durch unterschiedliche Aktionen erweitert werden, sodass sich die Möglichkeit bietet, auch neue Wahrnehmungserfahrungen zu machen.

Im Rahmen eines Aktionstages kann auch an einem Arbeits- und Bildungsort ein kleines ‚Festival der Sinne‘ realisiert werden, das vielfältige Wahrnehmungs- und Bewegungsmöglichkeiten eröffnet. In unterschiedlichen Räumen können unterschiedliche Wahrnehmungs- und Bewegungsschwerpunkte gesetzt werden, die an die jeweilige Musik angepasst sind.

Folgende Schwerpunkte bieten sich an:

  • Musik im Körper spüren: Vibrationen von Musik und Musikinstrumenten im und am Körper spüren
  • Musik mit visuellen Eindrücken verknüpfen: Discobeleuchtung, Discokugeln, flackerndes Licht (Vorsicht bei Epilepsie!)
  • Tanzen zu unterschiedlichen Rhythmen
  • Entspannung zu Musik
  • sich selbst als Teil der Musik erleben: in einem bestimmten Rhythmus trommeln, mit dem eigenen Körper Musik erzeugen (Motion Composer)

Die Gestaltung des Festivals bietet die Möglichkeit, sich in unterschiedlicher Weise zu beteiligen: Alle Räume bieten neben der Möglichkeit zu tanzen und die Musik bzw. die spezifischen Sinneseindrücke zu genießen auch die Möglichkeit das Festival selbst mitzugestalten.

IMPULSFRAGEN

Welche Vorlieben haben die Beschäftigten in Bezug auf Musik?

Welche neuen Erfahrungen können hier eröffnet werden?

Wie kann das Festival zu einem spannenden Erlebnis für alle Beteiligten werden?

DIFFERENZIERUNG
  • Das Körpergefühl durch Bewegungen zu unterschiedlicher Musik stärken
  • Die Körperkontur mit Hilfe von Lagerungshilfen erfahrbar machen (Nestlagerung), z. B. in der Lounge
  • Füße und Hände spüren (Fußmassage, Trommeln, …)

vestibuläre Wahrnehmung (hohe Reizschwelle)

  • Starke vestibuläre Reize ermöglichen (Drehen um die eigene Achse mit Hilfe und Variation der Geschwindigkeit, …)
  • Auf- und Abbewegungen (mit Hilfe) ermöglichen
  • die Person wiegen (ggf. mit Hilfe einer Bezugsperson)
  • ermöglichen, dass der Körper in unterschiedlichen Grundpositionen erlebt wird (im Sitzen, im Liegen, im Stehen)

vestibuläre Wahrnehmung (niedrige Reizschwelle)

  • größere und schnellere Drehungen um die eigene Achse vermeiden
  • sanftes Wiegen des Körpers im Arm einer Bezugsperson im Takt der Musik

vibratorische Wahrnehmung

  • Trommeln und den Bass unterschiedlich nah am Körper erfahren
  • Liegemöglichkeiten nahe dem Bass schaffen, um Vibrationen am ganzen Körper spüren zu können
  • Orientierungshilfen in den Räumen schaffen (Fußboden beleuchten, um Stolpern zu vermeiden)
  • Orientierung in der umgestalteten Umgebung ermöglichen (die Räume beschriften, einen Rundgang vor Beginn des Festivals machen …)
  • hohe Kontraste anbieten, die gut gesehen werden können (z. B. im Discofever-Raum)
  • Räume mit weniger visuellen Reizen zur Entspannung anbieten (z. B. Lounge)

Niedrige Reizschwelle

  • Langsames Herantasten an die Lautstärke: zunächst leisere Räume ausprobieren, vor der Tür hören, welche Musik läuft und wie laut es wohl ist
  • Gehörschutz tragen

Hohe Reizschwelle

  • vibratorische Wahrnehmungen ermöglichen
  • Räume aufsuchen, in denen der Höreindruck durch weitere Reize unterstützt wird
HANDLUNGSLEITENDE PRINZIPIEN
  • musikalische Vorlieben und Wünsche der Beschäftigten wahrnehmen bzw. vermuten und in die Planung einbeziehen (z. B. Welche Musik wird in der Freizeit gehört? Zu welcher Musik findet (Mit-)Bewegung statt?)
  • freiwillige Teilnahme am Festival
  • Ideen der Beschäftigten für die Gestaltung der Räume aufgreifen und berücksichtigen
  • die Beschäftigten beim Auf- und Abbau des Festivals beteiligen
  • selbst auswählen, in welchem Raum wie viel Zeit verbracht wird
  • Auswahl der Musik sollte an das Erwachsenenalter angepasst sein
  • Ablehnen des Angebots respektieren
  • einen Überblick über das Festival und seine Möglichkeiten geben (Rundgang zu Beginn, Piktogramme oder andere Hinweise an den Räumen anbringen, um eine Orientierung zu ermöglichen)
  • Bewegen und Tanzen als Möglichkeit der Interaktion nutzen (Rollstuhltanz, Tanzen in der Gruppe, …)
  • Wünsche nach einem Raumwechsel erkennen und berücksichtigen
  • Überempfindlichkeiten bestimmten Reizen gegenüber beachten und ein langsames Herantasten ermöglichen
  • Aktivität und Entspannung ermöglichen
  • Ausweichmöglichkeiten anbieten
  • Kompetenzen in der Mitgestaltung des Festivals ermöglichen (Wünsche einbringen, mit auf- und abbauen, selbst den Rhythmus mit der Trommel angeben, …)
  • Tanzen als Möglichkeit erleben, sich auszudrücken
  • die Erfahrung machen, dass andere die eigenen Bewegungen, Geräusche etc. aufgreifen und beantworten
THEMENBEZOGENES WORTFELD
  • die Trommel
  • die Musik
  • die Discokugel
  • das Festival
  • tanzen
  • trommeln
  • entspannen
  • laut
  • leise
  • dunkel
  • Ich möchte in einen anderen Raum.
  • Die Musik ist zu leise.
  • Die Musik ist zu laut.
  • Ich brauche eine Pause.
  • Ich möchte noch länger bleiben.
BEISPIELPLANUNG

Ausschlaggebend für die Wahl der Räume sind folgende Punkte:

  • die Beschäftigten zeigen Freude an Musik und Tanz
  • Die Vorlieben der Beschäftigten beim Hören von Musik wurden erfragt oder vermutet
  • Die Beschäftigten haben im Hinblick auf das Tolerieren von Reizen und die erforderliche Reizschwelle sehr unterschiedliche Bedürfnisse. Das Angebot muss also vielfältig sein

Gemeinsam mit den Beschäftigten werden die zur Verfügung stehenden Räume umgestaltet, sodass das Festival stattfinden kann. In allen Räumen wird darauf geachtet, dass die Räume für alle Beschäftigten zugänglich sind und keine Stolperfallen bestehen. Die Räume werden entsprechend den Themen eingerichtet.

Gemeinsam mit den Beschäftigten wird ein Rundgang durch die unterschiedlichen Räume gemacht. Die Piktogramme an den Türen werden erläutert. Nach dem Rundgang wird das Festival eröffnet und die Beschäftigten bewegen sich frei zwischen den Räumen. Beschäftigte, die sich nicht alleine fortbewegen können, bekommen Unterstützung sowohl durch andere Beschäftigte als auch durch die Mitarbeiter_innen.

Es stehen mehrere Räume zur Verfügung, die unterschiedliche Wahrnehmungsbereiche ansprechen und in denen unterschiedliche Musik gespielt wird. In jedem Raum ist ein_e Mitarbeiter_in als Ansprechpartner_in, der/die auf das Wohlergehen der Beschäftigten achtet und dafür zuständig ist, dass sich nicht zu viele Personen in dem Raum befinden. Um die Atmosphäre zu unterstützen, wird das Licht in den Räumen entsprechend angepasst. Hierzu können sowohl die Vorhänge geschlossen als auch Lampen und Fenster mit unterschiedlichen Tüchern abgedunkelt werden.  Folgende Räume stehen zur Verfügung:

  • Feel the beat – in diesem Raum wird Musik gespielt, die viel Bass hat. Hierdurch ergibt sich die Möglichkeit, die Musik auch durch Vibrationen im Körper zu spüren. Diese können sowohl im Stehen als auch auf Matten, die auf dem Boden liegen, erspürt werden. Durch unterschiedliche Entfernungen zur Musikanlage kann die Intensität der Vibrationen an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden. (Hinweis: Die Intensität der Vibration kann als unangenehm empfunden werden. Bitte bleiben Sie bei dem Beschäftigten, wenn Sie sich entscheiden, sie auch auf den Boden zu legen. Die Vibration des Basses überträgt sich über den Boden. Legen Sie niemanden direkt vor den Bass.)
  • Discofever – Discokugeln und CDs hängen von der Decke und stehen in unterschiedlichen Ecken des Raumes. Mit Hilfe von Taschenlampen können diese angeleuchtet werden, sodass spannende visuelle Eindrücke entstehen. Die Beschäftigten können sowohl frei tanzen als auch selbst aktiv werden und eine Taschenlampe benutzen.
  • Sei der DJ – der Motion-Composer bietet die Möglichkeit, Bewegungen im Raum in Musik umzuwandeln. Unterschiedliche Programme ermöglichen, auch kleinste Bewegungen in Musik umzusetzen. Hier kann jede_r aktiv werden und durch Bewegungen und Tanzen selbst Musik machen.
    Alternative Möglichkeiten: Songs, die unterschiedliche Emotionen transportieren und unterschiedliches Tempo haben, werden gespielt. Die Beschäftigten bekommen die  Möglichkeit, sich dazu zu bewegen.
  • Drums, drums, drums – Unterschiedliche Trommeln werden eingesetzt, um gemeinsam Rhythmen zu erzeugen. Durch den Einsatz von Cajóns ist es möglich, die Vibrationen am eigenen Körper zu spüren. Zu den entstehenden Rhythmen kann sich bewegt oder getanzt werden
  • Cool down – in entspannter Atmosphäre und mit ruhiger Musik wird die Möglichkeit gegeben, sich zu entspannen. Hierzu stehen unterschiedliche Lounge-Ecken zur Verfügung, die zum Sitzen und Liegen einladen. Fußmassagen helfen dabei, sich vom Tanzen zu erholen.

Das Festival wird gemeinsam beendet. Die Musik wird leiser gedreht und die Beleuchtung wieder an die Alltagsbedingungen angepasst. Bei Getränken und Snacks können sich die Beschäftigten über die Erlebnisse auf dem Festival austauschen. Anschließend helfen die Beschäftigten mit, die Räume wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen.