Verpacken von Nudeln

KONKRETISIERUNG  ·  Verpacken von Nudeln *

Phillip Frank – Sozialwerk Breisgau


Sachaspekte & Potenzial

Folgende Konkretisierung befasst sich mit dem Verpacken von vorher hergestellten und getrockneten Nudeln. Dies stellt den letzten Arbeitsschritt vor dem Verkauf dar. Die Nudeln sollen durch die Verpackung vor Schmutz, Verunreinigungen und Beschädigungen sowie vor Mengenverlust geschützt werden. Ein weiterer Nutzen besteht in der Bündelung des Produktes. Etiketten auf der Vorder- und Hinterseite der Verpackung beinhalten wichtige Informationen zu dem Inhalt und dienen dazu ein Erkennen des Produktes zu erleichtern. Durch eine Sammelpackung (sekundäre Verpackung) in einen Karton wird eine Lagerung und der Transport vereinfacht.

Aufgrund der verschiedenen Arbeitsschritte und der Benutzung von verschiedensten Geräten bietet sich an, das Angebot in einer Werkstatt bzw. einem Raum mit ausreichend Platz und bereitgestellten Arbeitsplätzen stattfinden zu lassen. Dadurch wird eine Trennung der einzelnen Teilschritte möglich und die Arbeit bleibt trotz ihrer Komplexität für alle Beteiligten nachvollziehbar.

Da mit Lebensmitteln gearbeitet wird, sollte darauf geachtet werden, dass Hygienestandards (Personal und Betriebshygiene) eingehalten werden. Dies umfasst das Tragen von Arbeitskleidung, regelmäßiges Händewaschen, Hust- und Niesetikette, Wissen um den Umgang mit Lebensmitteln und tägliche Reinigung des Arbeitsumfeldes.
Diese Aufgabe hat einen besonderen Reiz, da das Produkt danach die Werkstatt verlässt um im Einzelhandel verkauft zu werden. Durch den Verkauf der Ware erfährt die beschäftigte Person Wertschätzung und die eigene Arbeit wird als sinnhaft erlebt.

IMPULSFRAGEN
  • Welche Reihenfolge in der Erledigung der einzelnen Teilschritte macht Sinn?
  • Können Teilschritte parallel bearbeitet werden?
  • Wie wird ermöglicht, dass Fehler gemacht werden können?
  • Wie wird die Wichtigkeit von Hygienemaßnahmen vermittelt?
  • Welche Möglichkeiten zur Unterstützung gibt es bei feinmotorischen Schwierigkeiten des Klientels?
  • Welche Werkzeuge zur Qualitätssicherung werden eingeführt (Kontrollen, Stichproben, Inventuren)?
  • Ist genügend Raum zum Zwischenlagern der Kartons vorhanden?
  • Wie wird das Lager sortiert?
  • Wie kann eine Verbindung zum Arbeitsgegenstand erzeugt werden?
DIFFERENZIERUNG
  • Wahrnehmung des eigenen Körpers unterstützen indem verbal begleitet wird
  • Wiederholende Bewegungen wahrnehmen (z.B. Einfüllen der Nudeln)
  • Beanspruchung der Muskeln verbalisieren (z.B. Stempeln der Etiketten)
  • Unterschiedliches Gewicht der ungepackten/ gepackten Kartons wahrnehmen
  • Unterschiedliche Nudelformen erspüren lassen
  • Möglichkeit anbieten Nudeln mit Werkzeug (Schaufel) oder von Hand Nudeln einzufüllen
  • Handhygiene verbal begleiten (Hände nass machen, einseifen, abspülen und abtrocknen)
  • Klar strukturierte Arbeitsplätze anbieten
  • verschiedene Teilschritte an unterschiedlichen Arbeitsplätzen anbieten um Trennung der Aufgaben zu verdeutlichen
  • Kontrastreiches Arbeitsmaterial anbieten (z.B. klare Umrisse auf der Vorrichtung zum Etiketten bekleben)
  • Werkzeuge in gleicher Position stehen lassen um ein Finden der einzelnen Bedienelemente zu gewährleisten (z.B. Schweißmaschine steht gleich, Hebel immer an der rechten Seite in gleicher Höhe)
  • Ruhige Arbeitsumgebung gewährleisten
  • Auditive Rückmeldung in Vorrichtungen (z.B. Signalton der Waage, wenn korrekte Menge abgewogen; Signalton des Schweißgeräts stoppt, wenn Vorgang beendet)
  • verbale Kommunikation mit Gesten und Gebärden unterstützen
  • Arbeitsabläufe mit Bildkarten oder Plänen verdeutlichen
  • Arbeitsgeräusche bewusst wahrnehmen (z.B. Knistern der Tüte, Stempel auf Etiketten)
  • Raum regelmäßig lüften
  • Duft der Seife beim Händewaschen wahrnehmen
HANDLUNGSLEITENDE PRINZIPIEN
  • eigene Ideen umsetzen lassen
  • im gesetzten Rahmen Entscheidungsmöglichkeiten bieten (Arbeitsbesprechung)
  • falls Wünsche nicht im derzeitigen Arbeitsplatz möglich sind, Praktika in anderem Bereich anbieten
  • möglichst selbstbestimmtes Handeln (Arbeitstempo, Entscheidung nicht zu Arbeiten, Pausenzeiten) durch Vorrichtungen (Trichter zum Befüllen der Tüten, Vorrichtungen zur besseren Erreichbarkeit von Hebeln, Powerlink) ermöglichen
  • Heterogenität der Gruppe wahrnehmen und thematisieren (Unterschiedliche Menschen bedeutet unterschiedliche Bedürfnisse, unterschiedliche Kompetenzen, unterschiedliche Lernfelder)
  • professionelle Rolle des Klientel wahrnehmen und unterstützen (Expert*in in bestimmtem Arbeitsschritt)
  • Verantwortung für Teilschritte übertragen
  • Endkontrolle des Produktes durchführen lassen
  • Auf Arbeitserfahrung des Klientels in anderen Bereichen zurückgreifen (Erfahrung in Hauswirtschaftlichen Bereichen (Abwiegen von Zutaten), Metallverarbeitung (Tüten werden verschweißt, „Wie unterscheidet sich das Schweißen bei Metall von dem Verschließen der Tüten?“))
  • offizielle Einweisungen in Maschinen
  • Arbeitsbesprechung mit Aufgabenverteilung als fester Bestandteil des Arbeitstages
  • Aufgabenverteilung nicht als starre Struktur hinnehmen, sondern eingehen auf individuelle Bedürfnisse (Wechseln der Aufgabe, Änderung der Teamkonstellation, Änderung des Arbeitsortes unter Berücksichtigung der Umweltfaktoren)
  • Werksverkauf der Nudeln
  • persönlichen Austausch der Mitarbeitenden unterstützen
  • als störend wahrgenommenes Verhalten von Personen in der Gruppe erklären und als Kommunikationsart vermitteln
  • Reihenfolge der Schritte nicht nur verbal kommunizieren (Pläne, Bildkarten)
  • Machtstrukturen analysieren und laufend reflektieren
  • Spannungsfeld Lohnarbeit/Selbstbestimmung wahrnehmen
  • bauliche Maßnahmen zur Mitarbeiter*innenzufriedenheit ergreifen (Schallschutz, Umkleiden, Sozialräume von Arbeitsräumen trennen)
  • individuelle Pausenzeiten einräumen
  • Arbeitsraum so strukturieren, dass sich jede Person zurechtfindet (feste Ablageorte für Werkzeuge, Arbeitsutensilien und Hilfsmittel; Laufwege freilassen)
  • Einlernen von neuen Mitarbeitenden übernehmen lassen (Vormachen der Aufgabe B. auf Film festhalten)
  • Rolle der Fachkräfte als eine Unterstützende/Pädagogische vermitteln, so dass das Klientel die Rolle der Expert*innen für den Arbeitsgegenstand einnehmen kann
  • Hilfe anbieten wo Hilfe benötigt wird (nur nach Bedarf unterstützen)
  • Vorrichtungen zum möglichst selbständigen Arbeiten anbieten (Ampelwaagen, Erhöhungen für Maschinen, Holzrahmen mit Anschlag zum korrekten Stempeln der Etiketten, Holzrahmen für das Bekleben der Tüten)
  • Individuelle Ausführung der Arbeitsschritte wertschätzen (Arbeitsgeschwindigkeit, spezielle Techniken)
THEMENBEZOGENES WORTFELD
  • die Arbeit
  • die Nudel
  • die Tüte
  • Die Waage
  • Der Trichter
  • Das Schweißgerät
  • Die Etiketten
  • Der Stempel
  • Das Waschbecken
  • Die Pause
  • Die Hilfe
  • Die Kontrolle
  • Der Kunde
  • arbeiten
  • verpacken
  • bekleben
  • verschweißen
  • kontrollieren
  • aufräumen
  • gut
  • schlecht
  • müde
  • wütend
  • zufrieden
  • kontrolliert
  • verpackt
  • gestempelt
  • beklebt
  • sauber
  • dreckig
  • Ich brauche …
  • Ich bin …
  • Ich möchte den Platz wechseln
  • Ich möchte die Arbeit wechseln
  • Ich möchte das Team wechseln
  • Ich bin einverstanden
  • Ich bin nicht einverstanden
BEISPIELPLANUNG

In der Vorphase sollte man sicher stellen, dass Einweisungen in alle Geräte und Maschinen von allen Beteiligten vorhanden sind. Gegebenenfalls müssen diese Einweisungen noch durchgeführt werden. Da es sich um Arbeiten mit Lebensmitteln handelt, die danach auch offiziell verkauft werden sollen, ist es von Nöten, dass alle Beschäftigten auch eine Einweisung in die geltenden Hygieneregeln bekommen.

Falls das Angebot zum ersten mal stattfinden sollte, ist es wichtig den Raum nach den Bedürfnissen der arbeitenden Personen einzurichten (Platz, Erreichbarkeit aller Werkzeuge und Hilfsmittel, Arbeitshöhe der Tische, Steh- und Sitzarbeitsplätze). Es bietet sich an, das Einrichten mit allen Beteiligten durchzuführen, da auch hier die Handlungskompetenz, durch eine Verbindung mit den Räumlichkeiten und damit der Arbeit, unterstützt wird. Gleichzeitig wird damit der Raum erschlossen („Wo befindet sich was?“).

Falls die Aufgabe noch nicht bekannt sein sollte, werden zunächst der Ablauf und der Nutzen von den jeweiligen Teilschritten erklärt und ggf. beispielhaft durchgeführt. Bestimmte Aufgaben benötigen zu Anfang eine engeren Begleitung.

Sind die Aufgaben bekannt beginnt das Angebot mit einer Arbeitsbesprechung, bei der anhand bestehender Aufträge und Bestellungen die Aufgaben der nächsten Zeit besprochen werden. Diese Besprechung wird zudem genutzt um Aufgaben unter den Mitarbeitenden aufzuteilen (Auf Kompetenzen achten, Lieblingsaufgaben wahrnehmen/neue Aufgaben erschließen (siehe 5.4.2. Vorlieben entwickeln)). Hierbei ist wichtig auf die Teamkonstellation zu achten und auf individuelle Bedürfnisse einzugehen („Wer möchte mit wem arbeiten?“).

In der Arbeitsbesprechung sollte es Raum für Fragen, Rückmeldungen und das Äußern von Wünschen geben. Gegebenenfalls müssen diese vor Arbeitsbeginn behandelt werden.

Ein klares Startsignal bietet sich an um zu aktivieren und den Beginn des nächsten Arbeitssegments sichtbar zu machen. Dies kann auch mit einer Handlung verbunden werden (z.B. gemeinsames Händewaschen).

Falls die einzelnen Teilschritte noch nicht ausreichend bekannt sein sollten, bietet es sich an sie zunächst gemeinsam durchzuführen um die logische, aufeinander folgende Reihenfolge zu verdeutlichen (z.B. Tüten müssen befüllt werden bevor man sie verschließt). Bei fortgeschrittener Vertrautheit der Teilschritte können einzelne Aufgaben auch simultan von verschiedenen Teams durchgeführt werden.

Etiketten stempeln

Mittels einer Vorrichtung, die die vorgedruckten Etiketten an einer Stelle fixiert, wird das Mindesthaltbarkeitsdatum und eine Losnummer (zur Rückverfolgung der verwendeten Zutaten) gestempelt. Diese Aufgabe kann im Voraus erledigt werden und ermöglicht Mitarbeitenden ein Arbeiten im individuellen Arbeitstempo. Beim Betätigen des Stempels kann ein Hilfestellung mittels Handführung von Nöten sein, ggf. muss das Etikett in die Vorrichtung eingeführt werden. Die Vorrichtung ermöglicht eine selbständiges Arbeiten bei sichergestellter Qualität des Endproduktes.

Etiketten kleben

Durch ein Holzrahmen mit einem aufgezeichneten Feld, wird gewährleistet, dass das gestempelte Etikett sich an der korrekten Stelle auf der durchsichtigen Tüte befindet. Das Abziehen des Trägerpapiers erfordert feinmotorisches Geschick und es ist unter Umständen eine engere Begleitung notwendig. Selbständig zu erledigende Teilschritte können von allen Mitarbeitenden übernommen werden (Etikett andrücken und glattstreichen).

Abwiegen

In Behälter mit der passenden Größe werden die getrockneten Nudeln abgewogen. Hier kommt eine Ampelwaage zum Einsatz. Diese Waage ermöglicht es auch Personen, die keine Digitalzahlen lesen können, diese Aufgabe zu bearbeiten. Vorher eingestellt, zeigt die Waage grünes Licht bei korrekt abgewogener Menge, rotes bei einer zu Hohen und gelbes bei einer zu geringen Menge. Eine Vorstellung von Mengenverhältnissen ist dennoch wichtig und ein gewisse Transferleistung um die abgewogene Nudeln mit den Farben zu verbinden ist notwendig. Dies Bedeutung der verschieden farbigen Lichtern kann zusätzlich mit Symbolen auf einem Plan verdeutlicht werden.

Befüllen

In diesem Schritt werden die abgewogenen Nudeln in die bereits beklebten Tüten befüllt. Hier kommen spezielle Trichter zum Einsatz, die den Verlust des Packguts minimieren sollen. Die Trichter sind auf den Unterstützungsbedarf der verpackenden Person angepasst. Falls das Greifen der Nudeln eine Schwierigkeit darstellen sollte, könnten die Nudeln beispielsweise durch ein Loch in einer Arbeitsfläche geschoben werden unter dem die Tüte befestigt ist. Der klare Rahmen dieser Aufgabe (Umfüllen bis der Behälter leer und die Tüte voll ist) macht diesen Teilschritt zu einer Aufgabe die von vielen Personen selbständig erledigt werden kann. Es können zusätzlich Boten eingesetzt werden, die abgewogene Nudeln zu den Befüllenden und die leeren Behälter zu der abwiegenden Person transportieren.

Kontrollieren

An einer zusätzlichen Ampelwaage werden die befüllten Tüten vor dem Verschließen auf das korrekte Gewicht kontrolliert. Diese zusätzliche Aufgabe erlaubt das möglichst selbständige Arbeiten in den vorherigen Schritten bei gesicherter Qualität.

Verschweißen

Mittels eines Balkensiegelgeräts werden die Tüten verschlossen und ein Verlust des Packguts verhindert. Eine Vorrichtung, die das Gerät schräg stellt ermöglicht eine ergonomische Arbeitsweise. Die volle Tüte sitzt auf einem Anschlag im unteren Bereich der Vorrichtung, die Schwerkraft verhindert Nudeln im Bereich der Schweißnaht. Beim korrekten Einlegen der Tüte ist eventuell die Hilfe nötig. Das Absenken mittels eines großen Hebels und die akustische Rückmeldung beim beendeten Verschließen erleichtern das Erledigen dieses Teilschrittes für alle Personen. Diese Aufgabe kann im Team bearbeitet werden.

Endkontrolle und schließen der Sekundärverpackung

Die verschlossenen Tüten werden im letzten Arbeitsschritt auf Fremdkörper, Verschmutzung oder fehlerhafte Schweißnähte kontrolliert und ggf. wieder in den Verpackungsprozess zurückgeführt oder entsorgt. Die Tüten werden in Kartons verpackt und verschlossen und sind zum Verkauf bereit.

Nach dem gemeinsamen Aufräumen trifft man sich zum Abschluss des Angebotes. Eine Reflexionsrunde stellt sicher, dass sich die Mitarbeitenden zum Angebot äußern können und man Aufgaben in Zukunft entsprechend der angebrachten Wünsche oder Kritik anpassen kann. Ein Rückblick über die verpackte Menge bzw. den Fortschritt des Auftrags schafft einen Bezug zum Ergebnis der eigenen Arbeit. Es kann zudem ein Ausblick auf die nächsten Aufgaben oder Aktivitäten des Tages vorgenommen werden.


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Die Konkretsierung ist im Rahmen der Multiplikator*innenqualifikation entstanden.