Bildungssituation Frühstück

KONKRETISIERUNG  ·  Bildungssituation Frühstück *

Julia Dederding

SACHASPEKTE UND POTENTIAL

Das Frühstück ist tägliche Routine im gemeinsamen Arbeitsalltag meiner Gruppe. Neben der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme soll während dieser Mahlzeit auch die Kommunikation und Gemeinschaft gefördert werden. Der Betreuungsschlüssel in der Frühstückssituation ist bei Normalbesetzung 1:2.
Das Frühstück wird gemeinsam begonnen, wenn alle Klient:innen am Tisch sitzen. Den Klient:innen werden unterschiedliche Hilfsmittel zum Ausdrücken von Wünschen und Bedürfnissen, sowie zur möglichst eigenständigen Nahrungsaufnahmen bereitgestellt. Da das Essen zumeist einen großen Anreiz bietet, ist dies eine gute Grundlage, um Kommunikationsstrategien einzuüben. Einkäufe für das Frühstück werden gemeinsam geplant, Wünsche und Vorlieben berücksichtigt. Zusätzlich werden auch neue, unbekannte Geschmäcker angeboten, um das Entwickeln neuer Vorlieben zu ermöglichen. Bestimmte Marmeladen, Getränke und Aufstriche werden während verschiedener anderer Angebote gemeinsam hergestellt und dann zum Frühstück angeboten
Die Klient:innen können den Tisch nach Beendigung des Frühstücks eigenständig verlassen, es wird nicht auf ein gemeinsames Ende der Mahlzeit gepocht, da die Essgeschwindigkeiten der Klient:innen sehr unterschiedlich sind und die individuellen Bedürfnisse nach Ruhe, Raum und Bewegung beachtet werden sollen.

INHALTLICHE SCHWERPUNKTE
  • Erleben verschiedener Geschmäcker: Differenzierung der unterschiedlichen Geschmäcker, Erproben neuer und unbekannter Geschmäcker, Austausch über die Art des Geschmack
  • Kommunikation: Förderung der Kommunikation unter den Klient:innen, Kommunikationsstrategien zum Ausdruck von Wünschen und Bedürfnissen einüben und anwendenFörderung der Kommunikation unter den Klient:innen, Kommunikationsstrategien zum Ausdruck von Wünschen und Bedürfnissen einüben und anwenden
DIFFERENZIERUNG
  • Unterschiedliche Konsistenzen und Temperaturen des Essens anbieten, um bessere Wahrnehmung im Mund- und Rachenraum zu ermöglichen
  • Erkundung des Essens mit den Händen und dem Mund ermöglichen
  • Einheitliche Positionierung des Geschirrs und Bestecks, um Orientierung zu ermöglichen
  • Lautstärke im Raum beachten, um auditive Überforderung zu vermeiden
  • Duft des Räucherkegels und der Lebensmittel im Raum wahrnehmen
  • An Lebensmitteln riechen
  • Lebensmittel im Mund schmecken
  • Bei Schluckstörungen andicken / aufschäumen des Getränks oder einweichen des Lebensmittels
  • Bei püriertem Essen auf separates Pürieren der einzelnen Nahrungsmittel achten, damit Geschmäcker separat wahrgenommen werden können
HANDLUNGSLEITENDE PRINZIPIEN
  • Auswahl von Getränken, Belag, Obst/Gemüse – Auswahlmöglichkeiten an bekannte Vorlieben der Klient:innen anpassen und zusätzlich neue Erfahrungen ermöglichen
  • Auswahl der Menge des Essens (unter Berücksichtigung gesundheitlicher Gegebenheiten – vorhandenes Sättigungsgefühl, Einnahme von Medikamenten, Diabetes, ….)
  • Betreuender nimmt Assistenzrolle ein
  • Individuelle Essgeschwindigkeit beachten
  • Individuelle Vorlieben in Bezug auf Geschmack und Konsistenz berücksichtigen
  • Mitbestimmung über Tischsituation ermöglichen – Sitzplatzwahl, Essen alleine oder in der Gruppe, Welcher Mitarbeitende soll assistieren?
  • Mitbestimmung über Länge des Frühstücks – Ermöglichen den Tisch zu verlassen, auch wenn andere noch nicht fertig sind
  • Auf eine altersgemäße Ansprache achten
  • Biografische Erfahrungen berücksichtigen
  • Ablehnen des Essens und einseitige Auswahl des Essens akzeptieren (auch spätere Ablehnung, nachdem etwas ausgewählt wurde)
  • Erfahren der Relevanz eigner Arbeit (selbst zubereitete Lebensmittel werden angeboten und so wertgeschätzt)
  • Wahlmöglichkeiten ermöglichen, Unterstützte Kommunikation, um Wahl zu ermöglichen (Metacom-Symbole, Fotos, …)
  • Dialoge am Tisch über „praktische“ Gespräche hinaus
  • Gemeinsames Beginnen des Frühstücks, indem sich einen „Guten Appetit“ gewünscht wird – Nutzung von Hilfsmitteln, wie Sprechboxen
  • Nonverbale Kommunikationsangebote beachten – Ablehnung, Zustimmung, Blickkontakt
  • Benennung der Essenssituationen in der Besprechung im Morgenkreis zur Orientierung
  • Verbalisierung von Kommunikationsangeboten, auch um Kommunikation unter den Klient:innen zu ermöglichen
  • Für eine angenehme Atmosphäre sorgen à Sitzordnung anpassen; Tisch eindecken, sodass unnötig häufiges Aufstehen und dadurch entstehende Unruhe vermieden wird; zeitliche Planung an Essgeschwindigkeiten der Klient:innen anpassen
  • Temperatur des Essens und der Getränke beachten
  • Sensibilitätsstörungen beachten
  • Vorlieben und Abneigungen beachten
  • Motorische und organische Gegebenheiten beachten und Wissen dazu aneignen (Dysphagie, …)
  • Zeitdruck vermeiden
  • Absprache unter den Kolleg:innen über einheitlichen Ablauf und Erfahrungen mit de einzelnen Klient:innen
  • Auswahl von Speisen und Getränken
  • Hilfsmittel, um weitestgehend Eigenständigkeit zu ermöglichen (Verdickung des Essbestecks; Tellerrand; Symbolkarten zur Äußerung von Wünschen à schneller, langsamer, was anderes, …)
  • Einbezug in Vorbereitung des Frühstücks und anschließendes Abräumen des Tisches
THEMENBEZOGENES WORTFELD
  • Frühstück
  • Teller
  • Gabel
  • Glas
  • Tasse
  • Brot
  • Brötchen
  • Butter
  • Marmelade
  • Käse
  • Obst
  • Gemüse
  • Wurst
  • essen
  • trinken
  • sitzen
  • halten
  • nehmen
  • kauen
  • schlucken
  • schmieren
  • schneiden
  • zeigen
  • aussuchen
  • salzig
  • süß
  • sauer
  • herzhaft
  • bitter
  • scharf
  • warm
  • kalt
  • heiß
  • lecker
  • ekelig
  • langsam
  • schnell
  • alleine
  • ich möchte (nicht)
  • gib mir bitte …
  • mehr
  • weniger
  • fertig
  • ich brauche Hilfe
  • das schmeckt (nicht) gut
  • etwas anderes
BEISPIELPLANUNG

Das Frühstück wird gemeinsam vorbereitet. Dies beinhaltet das Decken des Tisches und das Auswählen von Obst und Gemüse, welches auf dem Tisch stehen soll. Die Vorbereitung des Frühstücks beinhaltet darüber hinaus das Kochen von Tee und Kaffee. Die Auswahl der Nahrungsmittel zum Frühstück wird gemeinsam mit den Klient:innen insofern gestaltet, dass ein gemeinsamer Einkaufszettel erarbeitet wird. (Außerhalb von Corona können auch Einkäufe gemeinsam durchgeführt werden. Dies ist momentan aufgrund der Richtlinien der Einrichtung und der Tatsache, dass keiner der Klient:innen dieser Gruppe eine Maske tragen können nicht möglich.)

Das Frühstück wird gemeinsam begonnen. Wenn alle Klient:innen ihren Platz am Tisch eingenommen haben, wird sich gegenseitig einen guten Appetit gewünscht. Hierfür werden sprechende Taster verwendet, welche von den Klient:innen bedient werden.

Die Frühstückssituation findet mit einem Betreuungsschlüssel von 1:2 statt. Die Klient:innen wählen ihr Frühstück selbstständig aus, wobei sie Hilfestellung beispielsweise durch Symbole oder das Zeigen der einzelnen Dinge erhalten. Das Essen wird individuell so zubereitet, dass die Klient:innen beobachten können, was sie essen werden. Püriertes Essen wird nicht vorbereitet, sondern zuerst gemeinsam zusammengestellt. Während des Essens wird auf die individuellen Essgeschwindigkeiten Rücksicht genommen. Die Betreuenden achten auf eine möglichst entspannte Atmosphäre im Raum.

Klient:innen entscheiden eigenständig, wann die Essenssituation beendet ist. Wer den Tisch eigenständig verlassen kann, darf das jederzeit tun. Klient:innen, die Unterstützung bei der Fortbewegung bleiben werden von den Betreuenden entsprechend unterstützt. Die Klient:innen räumen innerhalb ihrer Möglichkeiten ihr Geschirr ab.

  • (individuelles) Geschirr
  • (individuelles) Besteck
  • (individuelle) Trinkgefäße
  • Gummimatten
  • Bildkarten
  • Taster „Guten Appetit“
  • Bekleidungsschutz und Tücher
  • Nahrungsmittel (zum Teil selbstgemacht): Brot, Aufstriche, Obst, Gemüse, Müsli, ….
  • Getränke
  • angepasste Sitzgelegenheiten

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Die Konkretsierung ist im Rahmen der Multiplikator*innenqualifikation entstanden.