Herstellen eines Topflappens

KONKRETISIERUNG  ·  Herstellen eines Topflappens *

Britta Roy GIB e.V. | Haus Geronsee Gransee


SACHASPEKTE UND POTENTIAL

Die Teilhabe an Arbeit ist ein Schwerpunkt für Menschen mit Schwerst- und Mehrfachbehinderungen. Die eigenen Fähigkeiten werden erweitert, soziale Beziehungen außerhalb des Wohnumfeldes geknüpft und zielorientiert an bestimmten Produkten gearbeitet.  Damit verbunden ist die Anerkennung durch andere Personen und die Stärkung des Selbstwertgefühls.

Textilien sind in verschiedenen Formen ein fester Bestandteil unserer Umgebung. Die Möglichkeit, mit eigenen Händen Produkte für den Eigenbedarf oder für den Verkauf herzustellen erweitert die Wertschätzung vorhandener Materialien, bietet vielfältige Umsetzungsmöglichkeiten und leistet durch die Erarbeitung von Upcycling- Produkten einen Beitrag für die Umwelt.

Ziel der Angebotsplanung ist die Herstellung von Topflappen für den Verkauf. Nach der Auswahl und dem Zuschnitt der verschiedenen Materialien in jeweils drei Schichten werden diese rechts auf rechts zusammengenäht. Nach dem Wenden wird die Wendeöffnung verschlossen und ein Anhänger eingefügt.

Die erlernten Arbeitsschritte lassen sich mit wenigen Änderungen auf andere Produkte übertragen (z.B. Körnerkissen, Einkaufsbeutel). Die Arbeitsschritte lassen die Fertigung in Etappen zu. So können die Fähigkeiten der Teilnehmer optimal genutzt/ entwickelt werden. (Zuschnitt, Legen, Nähen, Wenden, Fertigstellen)

Das hergestellte Produkt findet in allen Wohngruppen Verwendung und kann im Verkauf ggf. einen Erlös erzielen. Es eignet sich in besonderer Weise zur Herstellung in größeren Stückzahlen und lässt dennoch Raum für die individuelle Gestaltung z.B. durch Aufbringen von Applikationen oder Textildruck. Durch das Nähen per Hand oder mittels Nähmaschine ist die Ausführung in verschiedenen Schweregraden möglich.

Das Angebot beinhaltet die Materialbeschaffung in einer Kleiderkammer.

Aktive Prozesse:
  • Auswahl von Materialien in der Kleiderkammer
  • Eigene Vorstellungen von der Gestaltung entwickeln
  • Auswahl zwischen Handarbeit oder dem Nutzen einer Nähmaschine
  • Zielgerichtete Verarbeitung textiler Materialien
  • Aufmerksamkeit, Konzentration und Anstrengungsbereitschaft werden entwickelt
Rezeptive Prozesse:
  • Nutzung der selbstgefertigten Topflappen im Umfeld wahrnehmen
  • Wahrnehmung der Sinnesreize durch das textile Material (Muster, Farbe, Haptik)
  • Freude von evtl. Käufern erleben
  • Soziale Interaktion mit dem Betreuer und der Gruppe
  • Gemeinsames Arbeiten, Wahrnehmung der Stimmung
  • Handeln und Ideen der Gruppenmitglieder erleben
Reflexive Prozesse:
  • Wie geht es mir mit dem Angebot innerhalb der sozialen Situation?
  • Erkennen und sachliches Äußern eigener Bedürfnisse? (ggf. Piktogramme)
  • Heranführen an eigene Qualitätskontrolle
  • Ist das Produkt sauber genäht? Liegen die Stoffschichten richtig ausgerichtet und korrekt übereinander?
  • Erfolgserlebnis, Stolz über die geleistete Arbeit
IMPULSFRAGEN
  • Warum könnte das Angebot für die Betreuten interessant sein?
  • Welche Hilfsmittel werden neben dem eigentlichen Material benötigt?
  • Welche Anleitung/ Hilfestellung ist notwendig um das Angebot auszuführen?
  • Gibt es Alternativen, wenn die Erarbeitung dieses Produktes nicht sinnhaft erscheint?
  • Wie kann ich Interesse am Angebot wecken?
  • Welchen Zeitrahmen sollte das Angebot nicht überschreiten?
  • Welche vorbereitenden Übungen könnten hilfreich sein?
DIFFERENZIERUNG
  • Veränderung der Arbeitshaltung anbieten (stehen, sitzen- ev. Verschiedene Sitzmöglichkeiten wie Stuhl, Sitzball etc.)
  • Arbeitsmaterial aus verschiedenen Stoffqualitäten selbst wählen lassen
  • andere Teilnehmer wahrnehmen und ihnen beim Arbeiten zusehen
  • auf gute Beleuchtung achten
  • z.B. lange Erklärungen vermeiden, mehr auf Muster und Demonstration setzen
HANDLUNGSLEITENDE PRINZIPIEN

Der Mitarbeiter nimmt seine Rolle als Anleiter, Unterstützer und Strukturgeber wahr

  • Gemeinsamer Materialeinkauf in der Kleiderkammer
  • Impulse des Betreuten aufnehmen:
  • Welche Form soll mein Topflappen haben? Verschiedene Formen als ausgeschnittene Papierkreise demonstrieren
  • Welche Stoffe/ Muster werden verwendet
  • Erhält das fertige Produkt evtl. eine Applikation oder ein Kennzeichen des Herstellungsortes
  • Verschiedene Kombinationen demonstrieren um Wahlmöglichkeit zu eröffnen
  • Muster nutzen um die Entscheidung im Vorfeld zu visualisieren
  • Für die Vorbereitung Verantwortung übernehmen
  • Überprüfen der Vorräte an Material, ggf. Kauf
  • Arbeitsplatz vorbereiten/ aufräumen
  • Altersgemäße, wertschätzende Ansprache, Siezen
  • Pausenregelungen thematisieren, Leistungsfähigkeit beachten
  • Rolle als Schneiderin, geeignete Arbeitskleidung (Kittel)
  • Mitarbeiter bleibt in der Assistenzrolle, lässt den Gestaltungswillen des Betreuten zu
  • Den zeitlichen Ablauf des Angebotes verdeutlichen, ggf. Symbolkarten und Zeitmesser (Sanduhr, Time- Timer) nutzen
  • Handlungsbegleitendes Sprechen
  • Unterhaltung in der Gruppe anregen, dafür Regeln festlegen (Lautstärke)
  • Soziale Kontakte unterstützen, Arbeit der anderen Teilnehmer loben, ggf. gesammelte Materialien austauschen
  • Individuelle Gestaltung zulassen, verschiedene Stoffkombinationen, Muster, ggf. Applikationen
  • Einstellen auf verlangsamte Kommunikation
  • Wiederholen der Impulse/ ggf. Einsatz von Piktogrammen
  • Präsentation der Arbeitsergebnisse, ggf. im Verkaufsraum
  • Räumliche Bedingungen beachten, haben alle Teilnehmer ausreichend Platz, Licht
  • Geeignete Arbeitshaltung ermöglichen, evtl. andere Sitzposition unterstützen
  • Materialvielfalt herstellen um Wahlmöglichkeiten zu bieten
  • Zeit geben, individuelle Pausen ermöglichen
  • Unterstützungsbedarf wahrnehmen, Hilfe anbieten
  • Länge des Angebotes an Leistungsfähigkeit anpassen, ggf. Bewegungspausen einbauen
  • Angenehme Arbeitsatmosphäre schaffen, evtl. Musikangebot
  • Sicherheit geben durch verbale Impulse und ggf. Demonstration
  • Muster und Vorlagen als Denkanstoß bereitlegen
  • Selbstwirksamkeit erleben, eigene Vorstellungen umsetzen können
  • den Beitrag des Teilnehmers herausarbeiten und würdigen
  • Anerkennung, Bestärkung bei der Umsetzung geben
  • Hilfestellung an Unterstützungsbedarf anpassen, Ergebnis ermöglichen
THEMENBEZOGENES WORTFELD
  • der Topflappen
  • der Stoff
  • das Garn
  • die Nadel
  • der Fadel
  • die Arbeit
  • der Verkauf
  • die Nähmaschine
  • das Pedal
  • die Schere
  • der Rollschneider
  • die Unterlage
  • das Lineal
  • die Schablone
  • auswählen
  • zuschneiden
  • zusammenlegen
  • nähen
  • abschneiden
  • wenden
  • verschließen
  • weich
  • bunt
  • schick
  • anstrengend
  • sauber
  • grob
  • fein
  • genau
  • an/ aus
  • langsam
  • Bitte gut festhalten
  • Bitte nicht so schnell
  • Möglichst genau arbeiten
  • Helfen Sie Herrn/ Frau … beim …
BEISPIELPLANUNG

Topflappen finden in jedem Haushalt Verwendung. Sie sind einfach in der Herstellung, die Arbeitsschritte lassen sich gut auf andere Produkte übertragen. Durch die Kontakte zur Kleiderkammer sind die Materialien günstig zu erwerben. Das Nähen der Upcycling- Produkte erhöht die Wertschätzung für vorhandenes Material und stellt einen Beitrag für die Umwelt dar.

Benötigte Arbeitsmaterialien:
  • Verschiedene Stoffe (gebrauchte Baumwoll- Vorhänge, Jeanshosen, Frottee- Handtücher) aus der Kleiderkammer, vorher gewaschen
  • Garn in verschiedenen Farben
  • Schere/ alternativ Rollschneider
  • Schnittfeste Unterlage
  • Nadeln/ Einfädelhilfe
  • Nähmaschine
  • Aufhänger
  • Die Teilnehmer werden begrüßt.
  • Verschiedene Musterstücke sind ausgelegt.
  • Die verschiedenen Stoffe und Muster aus der Kleiderkammer werden gezeigt
  • Mögliche Formen des Zuschnittes liegen als Papier bereit
  • Arbeitsteilung und individuelle Arbeitsplätze werden gemeinsam festgelegt
  • Piktogramme zu den einzelnen Arbeitsschritten liegen neben dem Platz
  • Gemeinsame Regeln werden besprochen.
  • Die anstehende Aufgabe wird für alle noch einmal erklärt.
  • Auswahl von max. 3 verschiedenen Stoffen
  • Zuschnitt von drei Quadraten je 20 x 20 cm, mit Hilfe der Schere, alternativ Rollschneider (evtl. in Handführung) auf schnittfester Unterlage, an Schnittkante mit Markierung
  • Aufbringen einer Applikation (Wunsch des Teilnehmers)
  • Platzieren der Stofflagen (rechts auf rechts), wobei das Füllmaterial (Frotteetuch) ganz unten liegt
  • Einfädeln des Garns in die Nadel, Abschneiden, Verknoten (ggf. Assistenz)
  • Nähen mit der Hand unter Beachtung einer Nahtzugabe von 1 cm, Wendeöffnung von ca. 4 cm offen lassen
  • Alternativ, Nutzen der Nähmaschine, ggf. Betätigen des Pedals in Handführung, Führen des Nähgutes übernimmt Betreuer in Assistenz
  • Kürzen der Nahtzugabe, Entfernen der Ecken
  • Wenden des Produktes
  • Verschließen der Wendeöffnung mit gleichzeitigem Einnähen des Anhängers
  • Durch Bildungsangebot ergänzen (ggf. Pause nutzen): Begriffe wie Umwelt, Upcycling, Nachhaltigkeit, Ressource, Wasserverschmutzung, Müll- Vermeidung in leichter Sprache erklären. Ideen für andere Upcycling- Projekte sammeln
  • Bewusstes Wahrnehmen des eigenen Ergebnisses
  • Zählen/ Zeigen der entstandenen Produkte, ggf. als Stapel demonstrieren
  • Die Leistung anderer Teilnehmer anerkennen
  • Wertschätzung aller Teilnehmer durch den Mitarbeiter. Stärkung des Selbstwertgefühls aller Teilnehmer
  • Übergabe an den Verkauf

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Die Konkretsierung ist im Rahmen der Multiplikator*innenqualifikation entstanden.