Weihnachtliche Reise

KONKRETISIERUNG  ·  Weihnachtliche Reise *

Lukas Polifka – Förder- und Wohnstätten gGmbH

SACHASPEKTE UND POTENTIAL

Das Thema Weihnachten und die Weihnachtszeit sind ein fester Bestandteil unserer christlich geprägten Kultur. Das christliche Weihnachtsfest beginnt mit einer vierwöchigen Vorbereitungszeit des Advents. Der symbolische Höhepunkt ist der 25.04., der erste Weihnachtsfeiertag, an dem wir die Geburt Jesus Christus feiern. Seinen Ursprung hat das Wort Weihnachten aus dem mittelhochdeutschen. „ze den wihen nahten“ bedeutet auf Neuhochdeutsch soviel wie „zu den heiligen Nächten“. Bereits im September/Oktober beginnen die Supermärkte Weihnachtsartikel und Lebensmittel zu verkaufen. Im November beginnen dann die ersten Weihnachtsmärkte. Die Zeit ist geprägt von verschiedenen Ritualen: Adventskranz und Kerzen, Plätzchen backen, Adventskalender, Weihnachtsbaum Besuch des Weihnachtsmarktes usw. Außerdem sind bestimmte Gerüche und Geschmäcker für die Weihnachtszeit typisch. Gewürze wie Zimt, Nelken, Orangen, Mandarinen, Sternanis usw. kommen in vielen Getränken, Nahrungsmitteln, Dekoartikeln oder vielen anderen Produkten vor. Durch die Mischung und Verarbeitung dieser verschiedenen Gewürze entstehen die typischen Gerüche von Lebkuchen, Glühwein, Stollen, Bratapfel und vielem mehr. Mit weihnachtlichen/winterlichen Gerüchen und Geschmäckern verbinden die meisten Menschen eine besinnliche Zeit. Alle Menschen schmecken und riechen diese Gerüche bspw. auf dem Weihnachtsmarkt, beim Einkaufen oder zu Hause. Man lernt neue Dinge kennen oder erinnert sich an Altes. Im Rahmen einer weihnachtlichen Geschmacks- und Geruchsreise können mehrfachbehinderte Menschen mit Behinderung vielfältige Wahrnehmungsmöglichkeiten eröffnet werden.

IMPULSFRAGEN
  • Welche geschmacklichen Vorlieben haben die Klienten?
  • Welche geruchlichen Vorlieben haben die Klienten?
  • Welche neuen Wahrnehmungsmöglichkeiten können eröffnet werden?
  • Wie können wir für die Klienten eine entspannte Atmosphäre schaffen?
  • Wie können wir die Klienten in ihrer Wahrnehmung unterstützen?
DIFFERENZIERUNG
  • Die Körperkontur durch Lagerung erfahrbar machen
  • Lebensmittel ggf. mit Handführung ertasten und über Oberfläche streichen
  • Temperatur des Glühweins/Punsches wahrnehmen
  • unterschiedliche Konsistenz der Lebensmittel mit den Fingern oder im Mundraum spüren und erkunden
  • Formen und Farben der Lebensmittel unterscheiden
  • Unterschied von Dekoration und Lebensmittel erkennen
  • Musik wahrnehmen ggf. Lautstärke anpassen oder Kopfhörer anbieten
  • Handlungsabläufe beschreiben
  • Duft des Räucherkegels und der Lebensmittel im Raum wahrnehmen
  • An Lebensmitteln riechen
  • Lebensmittel im Mund schmecken
  • Bei Schluckstörungen andicken / aufschäumen des Getränks oder einweichen des Lebensmittels
HANDLUNGSLEITENDE PRINZIPIEN
  • Angebot nach den Vorlieben und Grenzen der Klienten anpassen, Stärken/Geschmäcker nutzen
  • Eigene Ideen des Klienten akzeptieren (bspw. besondere Essens- oder Musikwünsche)
  • freiwillige Teilnahme am Angebot
  • Ideen der Klienten für die Dekoration des Raumes aufgreifen und berücksichtigen
  • die Beschäftigten beim Auf- und Abbau des Festivals beteiligen
  • Auswahl der Musik sollte an das Erwachsenenalter angepasst sein
  • Auswahl der Lebensmittel sollte an das Erwachsenenalter angepasst sein (bspw. Glühwein anstatt Punsch)
  • (erwachsenengemäße Ansprache und Materialien, eigene Entscheidungen respektieren, verantwortungsvoller Umgang mit Macht, ‚Würde des Risikos‘ bzw. riskante Entscheidungen tolerieren)
  • Abläufe (bspw. bei der Nahrungsaufnahme) sprachlich begleiten und Klienten bei Bedarf unterstützen
  • einheitliche Verwendung des Wortfeldes
  • Kooperation untereinander fördern (bspw. durch gemeinsame Planung und Unterstützung während des Angebots)
  • Emotionen der Klienten beachten: Mimik, Gestik, Körperhaltung, Atmung etc. (Ist der Klient zufrieden oder zeigt er Ablehnun/Unwohlsein?)
  • Auf Vorlieben und Abneigungen des Klienten reagieren und ggf. Alternativen anbieten (bspw. Musik umstellen oder ganz abschalten)
  • individuelles Angebotstempo / Herantasten akzeptieren
  • Pausen ermöglichen
  • unerwartetes und nicht situationsangemessenes Verhalten akzeptieren, verschiedene Gründe für Verhaltensauffälligkeiten in den Blick nehmen (z. B. Umgebungsfaktoren berücksichtigen)
  • Klienten möglichst selber erfahren/erkunden lassen
  • Probieren eines Lebensmittels wertschätzen und loben
  • auf Fehler hinweisen und Lösung anbieten
  • Kompetenz in der Mitgestaltung des Angebots ermöglichen (Vorlieben, Abneigungen, Wünsche usw.)
THEMENBEZOGENES WORTFELD
  • der Weihnachtsmarkt
  • das Weihnachten
  • die Musik
  • der Geruch
  • der Geschmack
  • das Gefühl
  • die Lautstärke
  • die Temperatur
  • die Tasse
  • der Becher
  • der Teller
  • die Schale
  • der Spekulatius
  • der Stollen
  • die Kekse
  • die Orange
  • die Mandarine
  • der Glühwein
  • der Punsch
  • schmecken
  • hören
  • sehen
  • riechen
  • fühlen
  • tasten
  • entspannen
  • entdecken
  • kennenlernen
  • erfahren
  • aufräumen
  • laut
  • leise
  • Adjektive des Geschmacks (süß, sauer, salzig)
  • Adjektive der Farben (rot, gelb, grün)
  • Ich möchte xy…
  • Das schmeckt mir nicht.
  • Ich möchte xy probieren.
  • Ich brauche eine Pause.
  • Die Musik ist zu laut.
BEISPIELPLANUNG

Das Angebot zum Thema Weihnachten sollte mit den Klienten in der wöchentlichen Sitzung besprochen werden. Hier kann darauf hingewiesen werden, dass durch Corona keine Besuche auf den Weihnachtsmärkten stattfinden können. Doch wir wollen es nicht ausfallen lassen und holen den Weihnachtsmarkt zu uns. Jeder Klient sollte seine Wünsche und Gedanken zum Thema äußern. So erfahren wir bereits vor dem Angebot Vorlieben oder Abneigungen. Es sollten zudem Lebensmittelunverträglichkeiten erfragt werden. Es können Bildkarten oder Lebensmittel auf dem Tisch verteilt werden. Dies kann nicht verbalen Klienten helfen ihre Wünsche auszudrücken/mitzuteilen. Aus den Wünschen der Klienten wird eine Einkaufsliste erstellt. Dies kann ein eigenes Angebot darstellen.

Als nächstes wird die Räumlichkeit mit den Klienten abgestimmt. Wo soll unser Weihnachtsangebot stattfinden? Die Klienten sollen sich in dem Raum wohlfühlen und diesen gerne besuchen. Im Idealfall wählt man einen separaten Raum, sodass man die Vorbereitungen in Ruhe durchführen kann. Außerdem könnte Glühwein oder Punsch als Angebot selber hergestellt werden. Dabei können die Klienten die einzelnen Zutaten kennenlernen und entdecken.

Bevor das Angebot stattfinden kann wird die Räumlichkeit weihnachtlich dekoriert und eingerichtet. Hierbei ist auf die Barrierefreiheit zu achten. Außerdem werden alle Lebensmittel vor Beginn des Angebots auf Tellern/Schalen angerichtet und der Glühwein/Punsch wird vorbereitet.

Anmerkung: Das Angebot kann sehr gut zur Kooperation zwischen verschiedenen Wohn- oder Arbeitsbereichen genutzt werden. So können Schritte in der Vorbereitung aufgeteilt werden.

Gemeinsam mit den Klienten wird der vorbereitete Raum betreten. Es sollte bereits leise Weihnachtsmusik laufen. In Absprache mit den Klienten kann ein Räucherkegel angezündet werden (ggf. auf ausreichende Lüftung des Raumes achten). Den Klienten wird zunächst Zeit eingeräumt sich zu orientieren und den Raum zu erkunden. Jeder Klient entscheidet wo er sich aufhalten möchte. Klienten die sich nicht selber fortbewegen können werden durch andere Klienten oder Mitarbeiter unterstützt. Eine Lagerung von einzelnen Klienten bspw. zur besseren Entspannung ist möglich.

Während des Angebots wird auf das Wohlergehen der Klienten geachtet. Die Klienten sollen sich entspannen um die weihnachtliche Atmosphäre aufzunehmen und entdecken.

Sie sollen ihre Umgebung und das Angebot an Lebensmitteln erkunden. Wenn die Klienten angekommen sind, können Sie die Lebensmittel probieren. Bspw. kann der Spekulatius zunächst betastet werden. Der Mitarbeiter kann durch Handführung unterstützen. Anschließend kann dieser gerochen werden. Die Abläufe sollten verbal unterstützt werden (Was riechst du? Riecht das gut?). Gleichzeitig sollten die Äußerungen und Körpersprache des Klienten beachtet werden. Der Geruch könnte für einige Klienten unangenehm sein. Dann sollte bspw. der Spekulatius probiert werden. Der Spekulatius kann in kleinere Stücke gebrochen oder eingeweicht werden. Bei Schluckstörungen ist das Probieren durch eine Verbandstuch möglich. So kann man Schritt für Schritt weitere Weihnachtsleckereien entdecken. Als Getränk kann der selbstgemachte Glühwein / Punsch probiert und gerochen werden. Hier kann ein Strohhalm bei der Aufnahme des Getränks helfen. Liegen Schluckstörungen vor kann der Glühwein angedickt oder mit Hilfe einer Maschine aufgeschäumt werden. Auf die Temperatur des Getränks ist in jedem Fall zu achten.

Ein Klient kann das Angebot jederzeit verlassen. Hier ist auf die Äußerungen und die Körpersprache der Klienten zu achten. Die Musik und die Gerüche könnten für einige Klienten zu viele Eindrücke darstellen und diese überfordern.

Das weihnachtliche Angebot wird gemeinsam beendet. Am kommenden Tag wird gemeinsam der Raum aufgeräumt und in seinen ursprünglichen Zustand versetzt.

Die Klienten werden nach ihren Erfahrungen und ihrer Stimmung befragt. Einzelne Klienten können durch Bildkarten oder Gestik/Mimik kommunizieren. Die übrig gebliebenen Leckereien können mit auf die WG genommen.


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Die Konkretsierung ist im Rahmen der Multiplikator*innenqualifikation entstanden.