Teepause am Nachmittag

KONKRETISIERUNG  ·  Teepause am Nachmittag *

Julia Dederding

SACHASPEKTE UND POTENTIAL

Die Teepause soll ein regelmäßiges Angebot innerhalb der Gruppe darstellen. Das Angebot wird am Vormittag gemeinsam vorbereitet, indem verschiedene Entscheidungen getroffen (welcher Tee, Dekoration, …) und gemeinsam umgesetzt werden. Genutzt werden während verschiedener Angebote selbst hergestellte Materialien, wie Teemischungen, Teeservice aus Ton, Teedosen, Tischdecken und ähnlichem. Während der eigentlichen Teepause wird besonderer Wert auf Geschmack, Geruch und Temperatur des Tees gelegt und die diesbezügliche Kommunikation soll gefördert werden. Gleichzeitig soll ein Raum geschaffen werden, Themen zu besprechen, die eine aktuelle Relevanz für die Klient:innen haben.
Beginn und Ende des Angebots wird durch das Läuten mit der Klangschale signalisiert. Dieses ist der Gruppe bereits aus anderen Angeboten, wie dem Morgenkreis bekannt.
Die Zubereitung des Tees ist bereits aus vorherigen Angeboten bekannt, wodurch auch bereits grundlegende Begriffe eingeführt wurden.

Das Angebot kann in der Gesamtgruppe stattfinden, sollte jedoch freiwillig stattfinden. Die Gruppe besteht aus 7 Klient:innen mit komplexer Behinderung. Alle Klient:innen kommunizieren hauptsächlich nonverbal. Klient:innen mit hohem Bewegungsdrang sollte ein alternatives Angebot geboten werden. Jedoch sollte trotzdem die regelmäßige Teilnahme gefördert werden, um eine Gewöhnung an die Entspannungssituation zu erreichen.

INHALTLICHE SCHWERPUNKTE
  • Wahrnehmung verschiedener Gerüche: Beruhigende Wirkung von Gerüchen, wie Lavendel oder Melisse; Wirken lassen der Gerüche
  • Wahrnehmung von Temperatur: Spüren von Dampf aus Tasse oder Kanne, Halten der warmen Tasse, bewusstes Trinken eines warmen Getränks
  • Erleben verschiedener Geschmäcker: Differenzierung der unterschiedlichen Tees, Erproben neuer und unbekannter Geschmäcker, Austausch über die Art des Geschmacks
  • Kommunikation: Förderung der Kommunikation unter den Klient:innen und Auseinandersetzung mit der eigenen (bereits erfolgten) Arbeit
DIFFERENZIERUNG
  • Lagerung und Anpassung der Sitzposition, um eine Entspannung zu fördern
  • Erfühlen der Temperatur auf der Haut, auch auf verschiedenen Körperteilen
  • Beachtung der Temperatur der Trinkgefäße und der Teekannen beim Fühlen dieser
  • Ertasten der Teemischung mit den Händen
  • Taktile Abwehr berücksichtigen, durch vorherige Ankündigung eventuell reduzieren
  • Übersichtliche Anordnung der Gegenstände auf dem Tisch mit großem Abstand, um Sichtfeldeinschränkungen zu kompensieren
  • Einheitliche Anordnung der Gegenstände auf dem Tisch, um Orientierung zu ermöglichen
  • Sitzplätze um den Tisch anordnen, damit Blickkontakt und daraus folgende Kommunikation ermöglicht werden
  • Keine Musik, um Konzentration auf Kommunikation und Gespräche zu lenken und auditive Überforderung zu vermeiden
  • Zutaten der Tees einzeln anbieten, um Wahrnehmung dieser zu fördern und eventuell Verknüpfung zur bereits erfolgten Herstellung des Tees zu schaffen
  • Geruchsvorlieben und -abneigungen beachten
HANDLUNGSLEITENDE PRINZIPIEN
  • Freiwillige Teilnahme am Angebot
  • Auswahl der Tees à mehrere Tees vorbereiten, damit beim Trinken eine Auswahl möglich ist
  • Gemeinsames Vorbereiten – Kochen des Tees, Auswahl der Dekoration
  • Auf individuelle Impulse reagieren à Trinkmenge und Geschwindigkeit anpassen
  • Individuelle Länge der Teilnahme ermöglichen à Klient:innen können später hinzu kommen oder sich vorzeitig vom Angebot entfernen, wenn gewünscht
  • Mitarbeiter:in nimmt in Bezug auf das Trinken Assistenzrolle ein
  • Altersgerechte Auswahl der Dekoration
  • Akzeptanz einer Ablehnung am Angebot teilzunehmen
  • Vor- und Nachbereitung des Angebots à gemeinsames Kochen des Tees, Dekorieren und anschließendes Aufräumen des Raumes
  • Teilnahme am Angebot ermöglichen, ohne dass das Trinken dabei Pflicht ist
  • Auf eine erwachsengerechte Ansprache achten
  • Arbeit wird gewürdigt – hergestellte Materialien werden genutzt
  • Pause als Teil des Arbeitsalltags eines Erwachsenen
  • Besprechung des Angebots im Morgenkreis mithilfe von Metacom-Symbolen
  • Ritualisierung durch regelmäßige Durchführung (wöchentlich), deutlicher Anfang und Ende durch Läuten der Klangschale
  • Dialoge über relevante Themen führen; was beschäftigt die Personen momentan/ Was ist gerade Thema?
  • Einbezug in Dialoge durch direkte Ansprache und verständliche Wortwahl, Nutzung von Metacom-Symbolen, Themenwahl
  • Kommunikationsangebote (Mimik, Gestik) beachten und verbalisieren
  • Wünsche werden erfragt und respektiert
  • Individuelle Lagerung beachten und falls nötig korrigieren
  • Lautstärke der Gespräche an Befindlichkeiten der Klient:innen anpassen
  • Verlassen des Angebots ermöglichen (auch räumliche Voraussetzungen beachten, falls möglich sollen Klient:innen sich eigenständig von ihrem Platz wegbewegen können; ansonsten Anzeichen beachten)
  • Für eine angenehme Atmosphäre sorgen (Sitzordnung beachten)
  • Temperatur des Tees beachten
  • Teepause als Ergebnis des gemeinsamen Tuns – das Angebot wird gemeinsam vorbereitet und Aufgaben werden von Klient:innen übernommen à Anschließend wird das Ergebnis gemeinsam erlebt
  • Erlernen bestimmter Handlungen in der Vorbereitung durch Ritualisierung
  • Sich als Mitglied einer Gruppe erleben
  • Entscheidungskompetenz (Möchte ich teilnehmen? Möchte ich einen Tee trinken und wenn ja welchen?)
  • Würdigung der eigenen Arbeit durch Benutzung der hergestellten Gegenstände
THEMENBEZOGENES WORTFELD
  • Teekanne
  • Tasse
  • Tischdecke
  • Zucker
  • Honig
  • Kräuter
  • Tee
  • Zunge
  • Mund
  • Durst
  • trinken
  • schmecken
  • riechen
  • fühlen
  • schlucken
  • gießen
  • schlürfen
  • warten
  • abkühlen
  • kochen
  • heiß
  • kalt
  • warm
  • lecker
  • ekelig
  • bitter
  • sauer
  • süß
  • durstig
  • ruhig
  • entspannt
  • noch mehr
  • etwas anderes
  • das schmeckt (nicht) gut
  • ich möchte
  • ich möchte nicht
  • fertig
BEISPIELPLANUNG

Im Rahmen der Projektarbeit wird in der Gruppe bereits das Thema Tee behandelt. In diesem Rahmen werden auch Teemischungen selbst hergestellt, welche für die Teepause genutzt werden sollen. Hierdurch besteht bereits ein persönlicher Bezug zum Angebot. Im täglichen Morgenkreis wird vor dem Frühstück der Tag besprochen und mithilfe von Symbolen und Gegenständen verdeutlicht. Das Angebot wird am Vormittag gemeinsam vorbereitet. Hierzu gehören sowohl die Auseinandersetzung mit den Zutaten als auch das Dekorieren und Decken des Tisches, sowie das Kochen des Tees. Anschließend an die gemeinsame Vorbereitung werden die Klienten dazu befragt, ob sie an dem Angebot teilnehmen möchten. Je nach Art der Kommunikation wird die Wahl über Symbole, Wahl über Fäuste, Gegenstände oder Beobachtung der Reaktion der/des Klient:in erfragt.

Sobald alle Klient:innen, die an dem Angebot teilnehmen möchten am Tisch versammelt sind und ihre Sitzposition eingenommen haben, wird die Klangschale geläutet. Diese ist bereits aus anderen Angeboten (Morgenkreis) als Zeichen für Beginn und Ende eines gemeinsamen Angebots bekannt.

Während der Durchführung wird von Seiten der Mitarbeitenden bewusst auf die verschiedenen Ebenen der Wahrnehmung in Bezug auf den Tee hingewiesen (Temperatur, olfaktorische Reize, Geschmack, …). Darüber hinaus wird besonders auf die Kommunikation mit und zwischen den Klient:innen geachtet. Unterstützt werden soll diese durch die auf dem Tisch befindlichen Gegenstände, vorbereitete Symbolkarten und Fotos und Kommunikationsangebote von Seiten der Klient:innen (Blickkontakt, nonverbale Interaktionen untereinander). Anreize für Kommunikation können hierbei die Wahrnehmung des Tees und der Atmosphäre im Raum sein, genauso wie Gespräche über die gemeinsame Herstellung und Vorbereitung des Tees. Auch aktuell relevante Themen können hierbei aufgegriffen werden. Die Richtung der Inhalte sollte durch Anreize der Klient:innen geleitet werden (Blickkontakt zwischen Klient:innen, Blick auf Gegenstände und Fotos, Greifen nach bestimmten Dingen, nonverbale Interaktionen untereinander aufzugreifen, …). Da es sich um eine Pause handelt, sollte es den Klient:innen während des gesamten Angebots möglich sein das Angebot zu verlassen und eigene Impulse zu geben. Die Durchführung des Angebots ist nicht konkret planbar, da es sich um eine Pause handelt, welche nicht durchstrukturiert sein sollte. Zusätzlich sollen Angebote der Klient:innen aufgegriffen werden, welche den Ablauf und die Durchführung stark beeinflussen.

Das Ende der Pause wird, wie der Anfang, durch die Klangschale symbolisiert. Als Ausblick wird dargelegt, dass das Angebot in der nächsten Woche erneut stattfinden wird. Anschließend wird der Tisch gemeinsam abgeräumt.

  • Teemischungen der Gruppe (mindestens zwei zur Auswahl)
  • Angepasste Trinkgefäße
  • Teeservice (selbstgemacht)
  • Zucker
  • Löffel (mit Griffverdickung)
  • Tischdecke/Dekoration
  • Tisch, an dem alle genügend Platz finden
  • angepasste Sitzgelegenheiten
  • Hilfsmittel zur Platzierung (Kissen, Decken, Keile, …)
  • Bildkarten zum themenbezogenen Wortfeld
  • Klangschale
  • einzelne Zutaten der Teemischungen

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Die Konkretsierung ist im Rahmen der Multiplikator*innenqualifikation entstanden.