An- & Zugehörige

An- und Zugehörige begleiten

Die Begleitung von An- und Zugehörigen in ihrer Sorge und ihrer Trauer ist essentieller Bestandteil von Palliativ Care.

Bedürfnisse und Wünsche von Angehörigen

Um Angehörige angemessen Begleiten zu können ist es wichtig etwas über die jeweils spezifischen Familiengeschichten, die Beziehungsmuster und die damit möglicherweise einhergehenden Gefühle und Vorstellung der Angehörigen zu erfahren.

Die Rolle von Eltern und Angehörigen über die Lebensspanne

Lebenslange Sorge um die Gesundheit

Eltern und Angehörige, häufig Geschwister, sind oft über die gesamte Lebensspanne wichtige, nicht selten die wichtigsten, Bezugspersonen von Menschen mit komplexer Behinderung. Gerade in der oft aufwändigen (pflegerischen) Versorgung, Begleitung und beharrlichen Anwaltschaft sind Eltern ein lebenslanger Anker für ihre Kinder [1] und nicht selten ihre Lebensversicherung. Auch wenn diese erwachsen sind und in Einrichtungen leben, bleibt gerade die gesundheitliche Sorge häufig bei ihnen.

Ängste und Sorgen in Bezug auf das Lebensende

Fragen der gesetzlichen Betreuung und guten Versorgung

Im Hinblick auf das Lebensende belasten Eltern und Angehörige oftmals Fragen hinsichtlich der gesetzlichen Betreuung sowie finanzielle Aspekte, und sie machen sich Sorgen bezüglich einer guten pflegerischen und psychosozialen Versorgung ihrer Kinder bzw. Geschwister, wenn sie die Begleitung nicht mehr leisten können [2].

Insbesondere Eltern von erwachsenen Kindern mit komplexer Behinderung sind von ihrer lebenslangen anstrengenden Sorgetätigkeit im Alter häufig erschöpft, hinzu kommen Probleme und Erkrankungen, die das eigene Altern mit sich bringt [3]. Dies nehmen sie sehr schmerzhaft wahr.

Angst vor dem Vorversterben

Für viele ist es eine kaum aushaltbare Vorstellung, dass sie ihren erwachsenen Kindern am Lebensende nicht beistehen können, besonders, wenn diese nicht über Sprache verfügen und sich kaum selbst pflegen und versorgen können [4].

Wünsche für die Begleitung am Lebensende

Versterben im vertrauten Umfeld

Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder lebenslang, auch bei erhöhtem Pflegebedarf und bis zum Versterben, in ihrer gewohnten Wohneinrichtung bleiben können, müssen aber erfahren, dass sächliche, strukturelle und personelle Gegebenheiten dies verhindern können [5], [6]. So erleben sie, dass Bewohner*innen mit einem erhöhten Pflegebedarf wegen Alters oder zunehmender körperlicher Einschränkungen in stationäre Pflegeeinrichtungen, wie Wohnpflegeheime oder Altenheime, umziehen müssen. Dem erwachsenen Kind einen Umzug aus seiner vertrauten Umgebung zumuten zu müssen, ist für Angehörige kaum erträglich [7].

Beteiligung an der Versorgung

Eltern und Angehörige möchten in die Begleitung am Lebensende als gleichwertige Partner*innen einbezogen werden. Viele wünschen sich bis zum Tod bei ihrem Kind zu bleiben und hoffen auf Verständnis und der Schaffung entsprechender Bedingungen in den Wohneinrichtungen [8].

Auseinandersetzung mit den Themen Tod und Sterben

Schützen und Schonen vor schwierigem Thema

Für Eltern ist die Thematisierung der Themen Sterben und Tod mit ihrem erwachsenen Kind aus unterschiedlichsten Gründen schwierig und wird deshalb oft vermieden. Ursachen dafür liegen einerseits in der grundsätzlichen gesellschaftlichen Tabuisierung, andererseits aber auch in der Absicht das Kind vor den schwierigen Themen zu „schützen“ und zu „schonen“ oder einem unterstellten mangelnden Verständnisses seitens des Kindes [9].

Das Lebensende ihrer erwachsenen Kinder ist demzufolge für Eltern und Angehörige ein schwieriges und mit vielen Ängsten und Sorgen belegtes Thema.

Möglichkeiten der Begleitung

Unterstützung von Angehörigen

In der Begleitung von Angehörigen ist es wichtig biografische Aspekte und besondere Belastungen zu berücksichtigen, um Reaktionen besser nachvollziehen zu können. Weiter sollten Angehörige in ihren Sorgen und Ängsten ernst genommen und gehört werden. Dazu gehört auch die Bereitschaft Wut und Traurigkeit von Angehörigen auszuhalten. Möglicherweise kann die Einbindung eines Hospizdienstes auch für Angehörige eine wertvolle Unterstützung bieten. Eine offene und transparente Kommunikation über den jeweiligen Gesundheitszustand der schwerkranken bzw. sterbenden Person ist besonders wichtig, damit Angehörige diesen nach und nach annehmen können. Angehörige können zudem dabei unterstützt werden ihre Rolle in der hospizlichen und palliativen Begleitung zu erkennen und umzusetzen, indem sie beispielswiese angeleitet werden bestimmte Maßnahmen der Sterbebegleitung zu übernehmen.

Menschen mit Behinderung in der Rolle als Begleitende

Auch Menschen mit geistiger Behinderung, die zum Beispiel als Mitbewohnende und Freund:innen zu den Zugehörige der schwerkranken bzw. sterbenden Person gehören, können und wollen oft begleitende Aufgaben übernehmen. Sie sollten nicht aus einem Schutzgedanken davon ausgeschlossen werden.

Gemeinsame Entscheidungsfindung
 

Gesetzlich Betreuende nehmen eine wichtige Rolle im Hinblick auf Entscheidungsprozesse am Lebensende ein. Diese gehen mit einer hohen Verantwortung und zugleich eine große Last einer. Sie sollten damit nicht allein gelassen werden. Stattdessen sollten Entscheidungen mit allen Beteiligten und nach Möglichkeit auch mit dem schwerkranken bzw. sterbenden Menschen gemeinsam getroffen werden. Ethische Fallbesprechungen können dabei helfen. Das Wissen um ein derartiges Instrument kann auch Angehörige entlasten.

Quellen

[1] vgl. Achilles 2018, S. 57 [2] vgl. Haveman & Stöppler 2010, S. 132f. [3] vgl. Achilles 2018, S. 57 [4] vgl. ebd., S. 60 [5] vgl. Achilles 2016, S. 11 [6] vgl. Achilles 2018, S. 59 [7] Achilles 2016, S. 51f. [8] vgl. PiCarDi-Homepage [9] vgl. Achilles 2016, S. 63



Literatur

Achilles, I. (2016): Betagte Eltern – behinderte Kinder: Die Zukunft rechtzeitig gestalten. Stuttgart: Kohlhammer.

Achilles, I. (2018): Was wird, wenn wir mal nicht mehr sind? In: Behinderte Menschen-Zeitschrift für gemeinsames Leben, Lernen und Arbeiten, 41. Jg. 3/2018, 57-61.

Haveman, M. & Stöppler, R. (2010): Altern mit geistiger Behinderung. Grundlagen und Perspektiven für Begleitung, Bildung und Rehabilitation. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage, Stuttgart: Kohlhammer.

PiCarDi Homepage. [Zugriff am 20.03.2024]