Trauer begleiten

Menschen mit komplexer Behinderung in ihrer Trauer begleiten

Dr. Helga Schlichting | Julia Heusner | Mia Weithardt – Universität Leipzig

Gefördert durch die
Hallwachs

Verlust und Trauer

Verschiedene Verlusterfahrungen

 

Verluste sind fundamentale menschliche Erfahrungen, die tief berühren können. Trauer ist eine häufige Reaktion darauf. [1] Das Erleben und die Umgangsweisen mit Verlusten und Trauer sind vielfältig. Menschen mit komplexer Behinderung können eine Vielzahl von unterschiedlichen Verlusten erleben, die sich auf verschiedene Aspekte ihres Lebens auswirken. Einige mögliche Verlusterfahrungen können beispielsweise sein:

  • Verlust von körperlichen und/ oder geistigen Fähigkeiten: Im Kontext von schwerer (chronischer) und/ oder progredienten Erkrankungen kann der (fortschreitende) Verlust von körperlichen und geistigen Fähigkeiten sowie gesundheitlichen Verschlechterungen die Lebensrealitäten prägen. Gewohnte Aktivitäten werden beschwerlicher bzw. sind nicht mehr realisierbar. Selbstbestimmungsmöglichkeiten können weiter eingeschränkt werden. Der Verlust von körperlichen Fähigkeiten bedeutet für viele nicht nur eine physische Einschränkung (z.B. Verlust von Mobilität), sondern kann sich auch auf das psychische Wohlbefinden auswirken. [2]
  • Verlust von Lebensqualität und Teilhabe: Fehlende barrierefreie Zugänge zu öffentlichen Gebäuden, Verkehrsmitteln und/ oder Freizeiteinrichtungen sowie mangelnde Möglichkeiten an Assistenz und Unterstützung können Menschen mit komplexer Behinderung daran hindern aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Sie erleben einen Verlust von Lebensqualität und Teilhabe, da sie nicht an Aktivitäten teilnehmen können, die für sie wichtig sind. Weiterhin erschweren bzw. verunmöglichen auch negative Einstellungen gegenüber Menschen mit komplexer Behinderung sowie Diskriminierung und Vorurteile in der Gesellschaft ihre Teilhabemöglichkeiten. Fehlende Sensibilität für und Wissen über individuelle Kommunikationsweisen und -bedarfe können dazu führen, dass Menschen mit komplexer Behinderung nicht verstanden werden und Ausschluss erleben. [3] [4]
  • Verlust des Lebensumfeldes bzw. spezifischer Lebensumstände: Grundsätzlich ist das Leben von verschiedensten institutionellen Veränderungen geprägt, die mitunter zu Verlusterfahrungen führen können. Im Betreuungs- und Bildungsbereich durchlaufen Menschen mit komplexer Behinderung verschiedenste Settings (Kindergarten, Schule, Arbeitskontexte). Gerade in Anbetracht von erhöhten pflegerischen und medizinischen Bedarfen, zur Entlastung der Angehörigen und zum Schutz der Personen kann es immer wieder zu Veränderungen im Betreuungsumfeld kommen. Assistenzpersonen wechseln häufiger. Auch der Einzug in eine Wohneinrichtung kann zu einem Verlust des gewohnte Lebensumfeldes sowie wichtiger Bezugspersonen führen und Trauerreaktionen auslösen. [5]
  • Verlust von Beziehungen/ sozialen Kontakten: Diese Verlusterfahrungen reichen von zeitlich begrenzten Trennungen (z.B. Krankenhausaufenthalte, Reisen), dem langfristigen Verlust von Beziehungen (z.B. Trennung der Eltern) bis hin zu dem Verlust von Bezugspersonen durch Tod (z.B. Versterben von Familienangehörigen, Mitarbeiter:innen, Mitbewohner:innen, Freund:innen). [6] Beziehungsabbrüche können zu einem Verlust sozialer Unterstützung, dem damit einhergehenden Erleben von Sicherheit sowie emotionaler Verbundenheit führen.

Bild1

Mit Blick auf die verschiedenen Verlustdimensionen wird deutlich: Verluste und Trauer sind ein präsentes Thema in der Biographie von Menschen mit komplexer Behinderung. Sie stellen prägende, mitunter einschneidende Ereignisse dar, die die gegenwärtige und zukünftige Lebensrealität beeinflussen. [7] [8] Verschiedene Verlusterfahrungen treten häufig auch gleichzeitig auf. So kann der Verlust einer engen Bezugsperson mitunter auch zum Verlust des Lebensumfeldes führen. Nachfolgend wird der Fokus auf den Verlust durch Sterben und Tod sowie den damit einhergehenden Prozess der Trauer gelegt.

Trauer als universelles Phänomen

Definition

 

Trauer ist ein „universelles […] Phänomen“ [9] – das bedeutet: alle Menschen erleben Trauer. Auf einen Verlust mit Trauer zu reagieren ist etwas ganz Natürliches [10] [11]. Jeder Mensch trauert auf seine eigene, ganz individuelle Art und Weise. So zeigt sich Trauer in Form von unterschiedlichen Gefühlen, Gedanken und Verhaltensweisen [12].

Verschiedene Trauerreaktionen

 

Es kann zwischen folgenden möglichen Reaktionsweisen differenziert werden:

  • Emotionale Reaktionen: Die emotionale Komponente der Trauer umfassen eine breite Palette von unterschiedlichsten Gefühlen wie beispielsweise Traurigkeit, Verzweiflung, Wut, Panik, Ängste, Gefühlslosigkeit bis hin zu Erleichterung. Diese Emotionen können intensiv und überwältigend sein und sich unvorhersehbar ändern. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Trauernde zwischen verschiedenen Gefühlen hin- und herschwanken oder diese gleichzeitig erleben.
  • Körperliche Reaktionen: Trauer kann sich auch körperlich auswirken. Körperliche Reaktionen können beispielsweise Schmerzen, Appetitlosigkeit, Magen-/Darmprobleme, Müdigkeit/ Erschöpfung, Schlafstörungen, Herzschmerzen/-rasen, Übelkeit oder eine angespannte Körperhaltung sein.
  • Kognitive Reaktionen: Trauer kann auch Denkprozesse beeinflussen. Konzentrationsschwierigkeiten, Gedanken des Nicht-Wahrhaben-Wollens, Schuldgedanken, Verzweiflung, Sehnsucht oder Dankbarkeit können erlebt werden. Auch Sinnfragen in Bezug auf Leben und Tod können aufkommen.
  • Veränderte Verhaltensweisen: Im Verhalten kann sich Trauer beispielsweise durch sozialen Rückzug, selbst gefährdendem Verhalten, Zähneknirschen, der Suche nach Nähe oder Distanzlosigkeit, Unruhe, Gereiztheit sowie dem Vergessen von bereits Erlerntem zeigen. Zudem kann die Alltagsbewältigung (z.B. tägliche Pflege) schwerfallen.
  • Spirituelle Reaktionen: Die grundsätzliche Beschäftigung mit dem Glauben sowie auch die Abkehr bzw. Zuwendung zum Glauben kann als Reaktion auf den Verlust erfolgen.
    [13] [14]

Grundsätzlich sind all dies gesunde Reaktionen auf Verlusterfahrungen.

Antizipierte Trauer

 

Trauer, die eine Person bereits vor dem tatsächlichen Verlust empfindet wird antizipierte Trauer genannt. Diese kann beispielsweise im Kontext einer schweren Krankheit oder einem bevorstehenden Abschied auftreten. Sie kann Trauernden ermöglichen sich langsam mit dem bevorstehenden Verlust auseinanderzusetzen, über mögliche „Auswirkungen für sich und  ihre Zukunft“ [15] nachzudenken und sich darauf vorzubereiten sowie sich bewusst Zeit für Abschied und Erinnerung zu nehmen. Dadurch tragen antizipierte Trauerprozessen gegebenenfalls dazu bei Prozess des Abschiednehmens und des Trauerns zu erleichtern. Gleichzeitig ist wichtig mitzudenken, dass es sich letztendlich immer nur um vage Vorstellungen handelt. Die volle Wucht des Verlusts und die schmerzhafte Realität des Todes mit all ihren Konsequenzen für die Hinterbliebenen werden erst nach und nach erfahrbar, wenn es darum geht, ohne den Verstorbenen weiterzuleben. [16] [17]

Trauermodelle

Auswahl an Phasen – bzw. Aufgabenmodellen

 

Für ein besseres Verständnis von Trauer wurden verschiedene Modelle entwickelt. Sie sollen sowohl trauernden Menschen als auch ihren Bezugspersonen helfen Trauer zu verstehen, damit umzugehen, ihnen im Trauerprozess eine Orientierungs- und Verarbeitungshilfe sein. Es können phasenhafte bzw. aufgabenorientierte und prozesshafte Trauermodellen unterscheiden werden. [18] [19]

Trauermodelle maßgeblicher Theoretiker:innen:

Kübler-Ross führte Interviews mit sterbenden Menschen. Ihre daraus gewonnenen Erkenntnisse wurden auf den Trauerprozess übertragen [20]. Kübler-Ross beschreibt fünf Phasen der Trauer, die Menschen bei der Verarbeitung eines Verlusts durchlaufen. Am Ende des Trauerprozesses steht die Anpassung an eine neue Lebensrealität [21].

  • „Leugnen“ [22]: Verlust wird nicht anerkannt
  • „Zorn“ [23]: Verlust wird realisiert, negative Gefühle werden gegenüber sich selbst, anderen oder der verstorbenen Person erlebt
  • „Verhandlung“ [24]: Gleichzeitigkeit von und Pendeln zwischen Annahme und Ablehnung des Verlustes
  • „Depression“ [25]: Verlust und seine Konsequenzen werden begriffen; tiefe Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit und Einsamkeit können erlebt werden
  • „Akzeptanz“ [26]: Trauernde beginnen den Verlust anzunehmen und sich langsam an neue Lebensrealität anzupassen

Das Trauermodell von Bowlby betont die Bedeutung von Bindungen und Beziehungen im Umgang mit Trauer. Wenn eine wichtige Bezugsperson stirbt, kann dies zu intensiven Gefühlen der Trauer führen, da die Bindung unterbrochen wird [27]

Bowlbys Trauermodell umfasst vier Phasen:

  • „Schock“ [28]: Trauernde reagieren oft mit Wut, Schmerz und Verzweiflung
  • „Verlangen und Suche“ [29] nach der verstorbenen Person: Trauernde sind auf der Suche nach der verstorbenen Person
  • „Desorganisation“ [30]: Hoffnung auf Rückkehr der verstorbenen Person kann nicht erfüllt werden, es folgt: Verzweiflung und Neuorganisation der Gegenwart
  • „Reorganisation/ Akzeptanz“ [31]: Anpassung an veränderte Lebensrealität; Finden von Umgangswegen mit dem Verlust; Akzeptanz des Verlustes und Integration der Erinnerungen an die verstorbene Person in das gegenwärtige Leben.

Worden übt Kritik an den vorhandenen Phasenmodellen. Er entwickelt daher ein Aufgabenmodell, das Menschen helfen soll aus einer passiven Rolle in der Trauer herauszukommen, indem es ihnen aktive Umgangsweisen mit der eigenen Trauer aufzeigt. [32] [33] Nach Worden gibt es folgende vier Traueraufgaben:

  • 1. Aufgabe: „den Verlust als Realität akzeptieren“ [34], Endgültigkeit des Todes sowohl emotional als auch kognitiv verstehen und akzeptieren
  • 2. Aufgabe: „den Schmerz [auf körperlicher und emotionaler Ebene] verarbeiten“ [35]
  • 3. Aufgabe: „sich an eine Welt ohne die verstorbene Person anpassen“ [36]
  • 4. Aufgabe: „eine dauerhafte Verbindung zu der verstorbenen Person inmitten des Aufbruchs in ein neues Leben finden“ [37]

Kast betont die Bedeutung von Emotionen in ihrem Trauermodell und die Wichtigkeit, diese zuzulassen und auszudrücken. Sie beschreibt Trauer als einen schmerzhaften, aber notwendigen Prozess des Loslassens und Neuanfangs. Ihr Modell legt Wert darauf, dass Trauernde sich selbst erlauben sollten, traurig zu sein und ihre Gefühle zu akzeptieren. [38]

Sie beschreibt folgende vier Phasen der Trauer:

  1. „Phase des Nicht Wahrhaben-Wollens“ [39]: Nicht-Wahrhaben-Wollen kann als „Verdrängung“ des Verlustes aber auch als „Schutz vor überwältigenden Gefühlen“ [40] verstanden werden
  2. „Phase der aufbrechenden Emotionen“ [41]: Trauernde erleben Gefühlschaos, Ziel ist Gefühle zuzulassen
  3. „Phase des Suchens und Sich-Trennens“ [42]: Auseinandersetzung mit dem Verstorbenen und Vorbereitung auf ein Weiterleben ohne den Verstorbenen
  4. „Phase des neuen Selbst- und Weltbezugs“ [43]: verstorbene Person wird zu innerer/m Begleiter:in, gleichzeitig wird es möglich das eigene Leben und die eigene Zukunft (neu) zu gestalten sowie offen für neue Beziehung zu sein

Kritik an den Phasenmodellen

 

Alle Phasenmodellen weisen die Gemeinsamkeit auf, dass die Akzeptanz des Verlustes und die Anpassung bzw. Neu-Gestaltung des Lebens nach dem Tod einer Bezugsperson angestrebt werden soll [47] [48]. Sie suggerieren damit ein vermeintliches Ende der Trauer [49]. Zwar sind Phasenmodelle sehr bekannte und vielgenutzte Versuche um Trauererleben zu erklären, gleichzeitig gibt es aber auch Kritik an ihnen. Zum einen wird kritisiert, dass sie der Komplexität und Individualität von Trauerprozessen nicht gerecht werden.

Trauer kann in ihrem Verlauf, ihrer Dauer und Intensität sehr unterschiedlich sein und stimmt nicht immer mit den vorgegebenen Phasen und den Foki der Modelle überein. Jeder Mensch trauert auf seine eigene Art und Weise, basierend auf persönlichen Erfahrungen, Beziehungen und Umständen. Die Art und Weise wie getrauert wird ist beispielsweise abhängig von „Alter, Geschlecht, gesellschaftliche[n] und kulturelle[n] Normen, [Glaube], Erziehung und sozioökonomischen Faktoren“ [50]. Phasenmodelle versuchen jedoch Allgemeingültigkeiten und Gemeinsamkeiten zwischen trauernden Menschen zu definieren. Modelle die Trauererfahrungen verkollektivieren, können der Individualität des erlebten Verlustes nicht gerecht werden [51]. Hinzu kommt, dass Phasenmodelle häufig auf westlichen kulturellen Vorstellungen von Trauer basieren und damit für Menschen mit anderen kulturellen Hintergründen oder Glaubensvorstellungen weniger relevant und passend sind [52]. In der Logik der Phasenmodelle liegt auch, dass Menschen, die trauern idealerweise die verschiedenen Phasen – auch wenn nicht zwangsläufig in einer fest vorgeschriebenen Reihenfolge – durchlaufen bzw. in die nächste Phase gebracht werden sollen. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Trauer wird dadurch passiv. Trauer wird zu einem Geschehen was mit einem Menschen geschieht. Mit einer Ausrichtung auf das Erreichen der nächsten Phase geht die Problematik einher, dass dabei unter Umständen die Bedürfnisse und Wünsche der Personen, die trauern, unberücksichtigt bleiben. Besonders problematisch kann dies bei Menschen mit Behinderung sein, die in ihrem Alltag oftmals von Fremdbestimmung betroffen sind. [53] [54] Durch Phasenmodellen kann zudem der Eindruck entstehen, dass es ein richtiges oder falsches Trauern gibt. Menschen, die nicht (alle) definierten Phasen durchlaufen, könnten damit konfrontiert werden bzw. selbst annehmen, dass sie nicht „richtig“ trauern. Das kann den individuellen Trauerprozess erschweren.

Neuere Modelle

 

Diese Kritik erfordert einen sensiblen Umgang mit den Modellen und der durch sie suggerierten Phasenhaftigkeit von Trauer. Dennoch beinhalten sie auch Erkenntnispotenziale für die Begleitung von trauernden Menschen. Prozess- und bindungsfokussierte Modelle stellen eine Weiterentwicklung dieser Modelle dar. Sie versuchen der Individualität von Trauer gerechter zu werden. Im Folgenden soll auf das Duale Prozessmodell von Stroebe und Schut und den Ansatz Continuing Bonds von Phyllis Silverman eingegangen und auf ihr Potenzial bezüglich der Begleitung von Menschen mit komplexer Behinderung hin dargestellt werden. [55]

Duales Stressmodell

 

Strobe und Schut beschreiben in ihrem Dualen Stressmodell verschiedene Stressoren, die sich auf Trauer auswirken. Sie differenzieren zwischen verlustbezogenen und wiederherstellungsbezogenen Stressoren. Verlustbezogene Stressoren beziehen sich direkt auf den erlebten Verlust. Es geht um die konkrete Trauer um die verstorbene Person und die Bewältigung des Verlustes selbst (verlustorientierte Verarbeitung/ Verlustorientierung).

Dabei geht es nicht primär um das Ablösen von der verstorbenen Person. Vielmehr sollen Möglichkeiten gefunden werden, wie mit dem Verlust im Alltag umgegangen werden kann. Der Verlust eines nahestehenden Menschen führt oft auch dazu, dass neue Alltagsanforderungen entstehen, die bewältigt bzw. neuerlernt werden müssen. Stroeber und Schut nennen dies Wiederherstellungsorientierte Bewältigung/ Rekultivierung. [56] [57]

„Es wird davon ausgegangen, dass sich die hinterbliebene Person in der Welt neu zurechtfinden muss, die sich ohne die verlorene Person anders darstellt als vor dem Verlust“ [58].

Trauernde Personen bewegen sich zwischen der Verlust- und der Wiederherstellungsorientierung. Sie pendeln (oszillieren) zwischen den Stressoren hin und her. Es wird davon ausgegangen, dass es neben der aktiven Auseinandersetzung mit dem Verlust auch Zeiten ohne Trauer bzw. ohne Auseinandersetzung mit dem Verlust im Alltag gibt. [59] [60] Trauernde Menschen können es so eher schaffen, im Alltag weiter handlungsfähig zu bleiben [61] und ihre individuellen Ressourcen zu stärken [62]. Ähnlich wie bei den Phasen-/Aufgabenmodellen nimmt die Auseinandersetzung mit dem Verlust zu Beginn viel Raum ein. Dieser Fokus wird im Laufe der Zeit durch eine stärkere Hinwendung zu alltagspraktischen und lebensbewältigenden Aspekten abgelöst [63]. Im Dualen-Prozessmodell werden auch bewusst kulturelle und geschlechtsbezogene Aspekte mitgedacht [64].

Continuing Bonds

 

Im Ansatz der Continuing Bonds wird die „Beibehaltung der Verbindung zu den Gestorbenen“ [65] bestärkt. Auch wenn die physische Seite von Beziehungen unwiderruflich zu Ende ist, so besteht die emotionale Seite einer Beziehung weiter. Trauernde Menschen gestalten nach dem Versterben einer Bezugsperson die Beziehung neu aus. [66]

Funktion der Trauermodelle im Kontext von komplexer Behinderung

 

Die verschiedenen Trauermodelle können beim Verstehen von und dem Umgang mit der eigenen und/oder fremder Trauer Orientierung geben [67]. So können beispielsweise „Bezugspersonen oder Betreuer […] Hintergrundwissen erfahren und damit sicherer zur Seite stehen und unterstützen“ [68]. Auch die Kenntnis über verschiedene Trauerreaktionen kann ein Mehr an Akzeptanz für den individuellen Trauerweg schaffen [69]. Gleichzeitig braucht es ein Bewusstsein für die bestehenden jeweiligen Grenzen der Modelle. Statisch festgelegte Phasen und Aufgaben können der Individualität des Trauerprozesses nicht umfänglich gerecht werden. Ebenso muss das Ziel einer endgültigen Trauerverarbeitung in den Phasenmodellen in Frage gestellt werden. Vielmehr scheint die Anerkennung der Trauer und der Umgang mit ihr als Teil des Lebens bedeutsam. Jedes Trauererleben ist einzigartig und variiert in seiner Dauer und Intensität in Abhängigkeit von der Art des Verlustes und den individuellen Umständen.

Für die Begleitung von Menschen mit komplexer Behinderung bedeutet das:

  • In der Begleitung trauernder Menschen mit komplexer Behinderung sollte es nicht darum gehen Trauer schnellstmöglich aus der Welt zu schaffen. Trauer ist kein statischer Zustand. Vielmehr sollte Trauer als komplexer Prozess, der das Leben prägt, verstanden werden [70] [71] und darauf fokussiert werden einen Umgang mit der Trauer zu finden, der das Leben begleitet.
  • Die Trauerbegleiterinnen Witt-Loers (2023) und Förster (2023) schlagen vor, verschiedene Aspekte aus den einzelnen Modellen zu kombinieren, um eine bedürfnisgerechte Unterstützung und Begleitung von trauernden Menschen zu erreichen. [72] [73] Eine Begleitung von Menschen mit komplexer Behinderung sollte sich an den individuellen Bedürfnissen, die diese im Prozess der Auseinandersetzung sowie der Um- bzw. Neugestaltung der Realität und der individuellen Beziehung zum Verstorbenen brauchen, ausrichten. Für manche Personen ist es wichtig sich mit ihren Emotionen auseinanderzusetzen, anderen hilft das Festhalten an und Bewahren von Beziehung, das Erinnern, selbst aktiv werden und/oder Loslassen. Wichtig ist dabei, dass alle Facetten Raum in der Auseinandersetzung mit dem Verlusterleben erhalten.

Welche Faktoren beeinflussen den Trauerprozess?

Trauer kann von individuellen, sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Faktoren beeinflusst werden. Diese können den Trauerprozess sowohl begünstigen als auch erschweren Es gibt Einflussfaktoren, die sich generell auf Trauerprozesse auswirken können und sowohl für Menschen mit als auch ohne Behinderung eine Relevanz haben. [74]

Umstände des Versterbens

 

Die Art und Weise des Versterbens stellt einen bedeutsamen Einflussfaktor dar. Plötzliche und unvorhersehbare Todesfälle sowie traumatisierende Umstände des Versterbens können einen Risikofaktor im Trauerprozess sein [75].

Absehbarkeit des Versterbens

 

Wenn das Versterben absehbar ist, ist und bleibt es traurig und schwer, eröffnet aber die Möglichkeit, dass über den möglichen Tod schon im Vorfeld gesprochen und der Abschied aktiv mitgestaltet werden kann. Das kann den Trauerprozess erleichtern [76]. Vorweggenommene Trauer (antizipierte Trauer) kann aber auch eine eher belastende Wirkung haben. In Anbetracht von beispielsweise schwerer Krankheit kann die ohnehin schon angespannte psychische Lage durch den nahenden Verlust belastet werden. Personen, die bereits viele Verluste erlebt haben, können Ängste vor weiteren oder dem eigenen Tod entwickeln.

Bewältigungsstrategien

 

Jeder Mensch verfügt zudem über individuelle Bewältigungsstrategien. Diese können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Für manche Menschen stellt es eine Bewältigungsstrategie dar, den eigenen Alltag mit seinen Anforderungen weiter zu führen, andere suchen die intensive Auseinandersetzung mit ihrer Trauer. Auch die einfühlsame Unterstützung durch Bezugspersonen kann zur Trauerbewältigung beitragen. Wenn solche Strategien „nicht vorhanden, wenig ausgebildet oder […] nicht geübt werden [konnten], wird es Menschen gerade in schweren Belastungszeiten kaum gelingen, solche Bewältigungsmechanismen zu entfalten“ [77].

Kulturelle und religiöse Überzeugungen

 

Auch kulturelle und religiöse Überzeugungen einer Person können ihre Sichtweise auf den Tod und den Trauerprozess beeinflussen. So gibt es einerseits verschiedenen Rituale und Traditionen, die dabei helfen können, mit dem Verlust umzugehen. Beispielsweise kann der Glaube an ein Leben nach dem Tod Trost spenden und unterstützend sein. Andererseits können „[s]trikte religiöse Normen oder kulturelle Erwartungen an die Art wie und um wen getrauert werden darf, [den] […] Trauerprozess reglementieren. Bestehende beängstigende Glaubensvorstellungen wie z.B. ‚Der Tod ist die gerechte Strafe Gottes‘ oder ‚Es ist Gottes Wille, und deshalb darf nicht getrauert werden“ [78], erschweren den Trauerprozess.

In der Begleitung von trauernden Menschen mit komplexer Behinderung ist zudem ein Bewusstsein für Einflussfaktoren wichtig, die mit den spezifischen Sozialisationserfahrungen und Lebensbedingungen des Personenkreises einher gehen können.

Individuelle Bedeutsamkeit der Beziehung zur verstorbenen Person

Verlust von bedeutsamen Beziehungen als einschneidende Erfahrung

 

Je größer die individuelle Bedeutsamkeit einer Beziehung zu einer verstorbenen Person war, umso intensiver kann der Trauerprozess sein. Der Tod einer engen Bezugsperson kann eine Vielzahl von emotionalen, psychischen und sozialen Herausforderungen mit sich bringen. Für Menschen mit komplexer Behinderung kann der Verlust von engen Begleitpersonen darüber hinaus noch zusätzlich herausfordern, da sie aufgrund ihrer individuellen pflegerisch-medizinischen Bedarfe und ihrer Bedürfnisse in Bezug auf Kommunikation, Interaktion und Mobilität auf diese angewiesen sind. Der Verlust einer solchen (Sorge-)Beziehung geht möglicherweise mit vielen Unsicherheiten einher und kann sowohl Lebensqualität negativ beeinflussen als auch Teilhabe erschweren. [79] Ein Mensch, der gut über die individuellen Bedarfe einer Person mit komplexer Behinderung Bescheid wusste und ihre individuellen Kommunikationsweisen kannte, kann nun nicht mehr als Unterstützer:in und persönliche ‚Anwält:innen‘ agieren. Menschen mit komplexer Behinderung verlieren eine Person, die ihre Lebensgeschichte gut kannte, eine Person die verstand, was sie bewegt und mit welcher sie „intime Sorgen“ [80] und Ängste teilen konnte [81].

Neben der Trauer um einen nahestehenden Menschen kann es nun parallel auch zu einem Verlust des Lebens- und Wohnumfeldes kommen [82]. Der Verlust von Bezugspersonen kann so schnell zu einer Mehrfachverlusterfahrung werden.

Auch der Verlust von Menschen, zu denen eine eher ambivalente bzw. konfliktreiche Beziehung bestand, können zu einem intensiven Trauererleben führen. Der Tod kann beispielsweise die Hoffnung nach einer Verbesserung der Beziehung zueinander beenden. „Bindungen, die eher von Abhängigkeiten, Konflikten, Gewalt und Ambivalenzen geprägt […] [waren können] nach dem Tod der Person [aber auch] weiter negativ nachwirken. Jenseitsvorstellungen sind dann beispielsweise eher beängstigend als tröstlich“ [83

Belastend und somit erschwerend für den Trauerprozess kann auch sein, wenn keine Zeit mehr blieb bisher Unausgesprochenes (z.B. Freude über Beziehung zueinander) zum Ausdruck zu bringen oder ungelöste Konflikte zu klären.

Exkludierende Vorannahmen und aberkannte Trauer

Trauernormen

 

Trauerprozesse sind in jeder Gesellschaft durch Normen geprägt [84]. „Diese Normen bestimmen, welche Verluste betrauert werden dürfen, auf welche Art und Weise dies geschehen darf – und wer überhaupt das Recht hat zu trauern“ [85]. Wenn Trauerende aufgrund ihrer persönlichen Eigenschaften oder ihrer Lebenssituation nicht als trauerfähig angesehen werden, spricht man von entrechteter oder aberkannter Trauer. Außerdem sind die Reaktionsweisen auf Verluste stark normiert. Weiterhin gibt es immer noch Erwartungshaltungen, die davon ausgehen, dass Menschen in Trauer traurig sein müssen. Konträre Reaktionsweisen bzw. ein „Trauerausdruck, [der]nicht den gesellschaftlichen Erwartungen entspricht“ [86] kann zu Unverständnis und einer Aberkennung des Trauererlebens führen. [87]

Aberkennung von Beziehungs- und Trauerfähigkeit

 

Menschen mit komplexer Behinderung sind im besonderen Maße mit Vorannahmen konfrontiert, die ihnen ihre Trauer erschweren. Sehr problematisch ist, wenn ihnen ihre Fähigkeit zu trauern abgesprochen wird [88]. Diese Aberkennung von Trauerfähigkeit resultiert häufig aus einer Unsicherheit heraus wie Menschen mit komplexer Behinderung Sterben, Tod und Trauer verstehen können [89]. Ihnen „wird oft unterstellt, dass sie den Verlust aufgrund ihrer eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten nicht begreifen und daher auch nicht als schmerzhaft erleben könnten“ [90]. Zudem gibt es auch die konträre Annahme, dass die Wahrheit über den Verlust sowie die aktive Auseinandersetzung und Teilnahme an Abschiedsprozessen Menschen mit komplexer Behinderung zu stark belasten und überfordern könnten [91]. Hinzu kommt, dass sie in ihrer Beziehung zu anderen Menschen oft nicht ernst genommen und bewertet werden.

Trauerreaktionen werden dann nicht als solche erkannt und adäquat begleitet. Das kann dazu führen, dass gewisse Reaktionen auf Trauer so falsch verstanden werden, dass Menschen mit Komplexer Behinderung „verurteilt, ausgeschimpft oder bestraft “ [92] werden. Sowohl die Aberkennung der Beziehungs- und Trauerfähigkeit als auch ein mögliches Schutzbestreben kann dazu führen, dass Menschen mit komplexer Behinderung nicht die Möglichkeit erhalten, sich mit dem Verlust auseinanderzusetzen, eigene Trauerreaktionen zu verstehen und Umgangsmöglichkeiten zu finden [93]. Sie werden in wichtigen Momenten im Trauerprozess (z.B. Abschiedsrituale) nicht einbezogen [94].

Sie erleben, dass nahe Bezugspersonen auf einmal nicht mehr da sind: Mitbewohner:innen, Angehörige kommen nicht zu Besuch oder fehlen im familiären Gefüge. Ohne einen aktiven Umgang mit dem Verlust bleiben primär Unsicherheiten und schmerzliche Vermutungen über den plötzlichen Beziehungsabbruch. Menschen mit komplexer Behinderung stellen Mutmaßungen über den Verbleib der Person an, die sie aber mit niemandem kommunizieren können. Sie können beispielsweise Sorgen und Ängste entwickeln und/ oder suchen mitunter die Schuld für den Beziehungsverlust in ihrem individuellen SoSein.

Es können auch Widersprüche erlebt werden: Bezugspersonen negieren Veränderungen und verhalten sich „wie immer“, die eigene Wahrnehmung zeigt aber, dass vertraute Personen nicht mehr da sind. Menschen mit komplexer Behinderung können davon verunsichert sein und belastende Gefühle, wie beispielsweise Einsamkeit, Traurigkeit und Angst erleben [95] [96] [97] [98].

Problematisch ist auch, dass diese Nicht-Anerkennung von Trauer zu einem Mangel an „Verständnis, Zuwendung und Mitgefühl“ [99] sowie Unterstützung führen kann [100] [101].

Unsicherheiten und eigene Betroffenheiten von Bezugspersonen

Eigene Unsicherheit und Betroffenheit als Trauererschwernis

 

Gesamtgesellschaftlich stellen Sterben, Tod und Trauer noch immer Tabuthemen dar. Eigene Befürchtungen, Betroffenheiten und Unsicherheiten von Bezugspersonen können dazu führen, dass diese Menschen mit komplexer Behinderung nicht bei ihrer Auseinandersetzung mit Verlust und Trauer unterstützen (können) [102].

Wenn es sich bei der verstorbenen Person um ein nahestehendes Familienmitglied oder eine andere nahestehende Bezugsperson handelt sind Angehörige mitbetroffen und trauern auch. Sie können dann selbst emotional belastet sein und möglicherweise Schwierigkeiten haben, sich um die Bedürfnisse ihres Angehörigen mit komplexer Behinderung zu kümmern

Auch Mitarbeiter:innen aus dem Kontext Eingliederungshilfe haben mitunter eine lange Begleitungsbeziehung zu verstorbenen Klient:innen. Sie trauern somit auch [103]. In Abhängigkeit von ihren eigenen (biografischen) Erfahrungen, Haltungen sowie den vorliegenden Bedingungen des Arbeitsumfeldes und den konkreten Sterbebedingungen (eigener Anspruch an die Begleitung im Sterben) gehen sie unterschiedlich mit diesen Erfahrungen um. So kann es auch zu Abwehrreaktionen in Bezug auf die Themen Sterben und Tod kommen [104].

Fehlendes Angebot einer professionellen Trauerbegleitung

Professionelle Trauerbegleitungsangebote sind rar

 

Die Unterstützung des nahen Umfeldes ist manchmal nicht ausreichend um Menschen mit komplexer Behinderung in ihrer Trauer umfassend zu begleiten. In solchen Fällen gibt es theoretisch das Angebot einer Begleitung durch professionelle Trauerbegleiter:innen. In der Praxis sind jedoch Angebote für Menschen mit geistiger, insbesondere komplexer Behinderung, extrem rar [105].

Biografische Erfahrungen und die aktuelle Lebenssituation als Erschwernis

Biografische Erfahrungen und Lebenskontexte als Herausforderung

 

Biografische Erfahrungen und die (aktuelle) Lebenssituation können sich auf den Trauerprozess auswirken und die individuellen Trauerreaktionen beeinflussen [106]. Belastungen, die das alltägliche Leben von Menschen mit komplexer Behinderung und ihren nahen Bezugspersonen prägen, können beispielsweise zu Erschwernissen im Trauerprozess führen: „Familien sind ohnehin oft durch jahrelange Belastungen ausgelaugt und überfordert. Kommt ein Todesfall hinzu, sind körperliche, geistige und soziale Ressourcen häufig nicht oder kaum vorhanden. Weil adäquate Unterstützungsangebote fehlen, sind Menschen mit geistiger Beeinträchtigung und ihre Familien auf sich allein gestellt und gelangen an Belastungsgrenzen.“ [107]

Im institutionellen Wohn-, Arbeits- und Lebenskontext (Wohnheim, WfbM, Tagesförderstätte) von Menschen mit komplexer Behinderung kann wenig Raum für die Kommunikation über oder den Umgang mit Sterben, Tod und Trauer vorhanden sein. Gründe dafür sind vielfältig, beispielsweise kann Personalknappheit sowie fehlende Möglichkeiten der Auseinandersetzung und Schulung von Mitarbeiter:innen zu den Themen Sterben, Tod und Trauer dazu führen, dass Trauersensibilität nicht umfassend in die Einrichtungskultur implementiert wird. [108]

Exkurs: Trauer im Kontext psychiatrischer Diagnosemanuale
Die Aufnahme der Diagnose „Anhaltende Trauerstörung“ in das psychiatrische Diagnosemanual ICD hat eine Diskussion um einen möglichen pathologischen Wert von Trauer entfacht [109]. Kritiker:innen verweisen darauf, dass dadurch natürliche Trauerreaktionen pathologisiert und als Störung klassifiziert werden und Trauer nicht mehr als natürliche Reaktion auf Verluste gesehen wird. Die Diskussion um Trauer im Kontext psychiatrischer Diagnosemanuale ist sehr komplex und soll daher lediglich nur kurz angerissen werden. Wichtig ist mitzudenken, dass es Verluste geben kann, die für die Hinterbliebenen Menschen mit komplexer Behinderung traumatische Erfahrungen darstellen können. Es stellt sich allerdings hierbei die Frage, inwiefern die Trauer der Ausgangspunkt für den psychologischen oder psychiatrischen Behandlungsbedarf als solches ist oder ob es hierbei nicht vielmehr um ein mit dem Verlust im Zusammenhang stehendes Trauma geht. [110]

Wie können Menschen mit komplexer Behinderung in ihrer Trauer begleitet werden?

Für die Begleitung von Menschen mit komplexer Behinderung ist es wichtig Trauer nicht per se als etwas Negatives oder Problematisches, sondern als einen natürlichen und notwendigen Prozess der Auseinandersetzung und des Umgangs mit Verlusten zu sehen [111]. „Es geht darum, Trauer Ausdruck zu verleihen und sie aus einer im schlimmsten Fall statischen Situation ins Fließen kommen zu lassen, sie also in die ‚Entwicklung‘ zu bringen“ [112]. Es bedarf eines Bewusstseins für die bereits aufgeführten Einflussfaktoren um Menschen mit komplexer Behinderung adäquat zu unterstützen.

Anforderungen an die Begleitung von trauernden Menschen mit komplexer Behinderung

Personzentrierte Haltung

 

Handlungsleitend in der Begleitung sollte sein, Verlusterfahrungen und Trauer nicht abzuerkennen bzw. wegzutrösten oder wegzureden, sondern die Trauer von Menschen mit komplexer Behinderung ernst zu nehmen, anzuerkennen und ihnen eine Auseinandersetzung mit dem Verlust und der eigenen Trauer zu ermöglichen [113] [114] [115]. Durch eine ressourcenorientierte und personzentrierte Haltung in der Begleitung soll ermöglicht werden, dass Menschen mit komplexer Behinderung, orientiert an ihren Bedarfen und individuellen Ressourcen, empowert werden, sich mit ihrer eigenen Verlusterfahrung auseinanderzusetzen und mit Unterstützung eigene Umgangswege zu finden [116] [117] [118].

Um Menschen mit komplexer Behinderung gut in ihrer Trauer zu begleiten, ist u.a. eine empathische, respektvolle, zugewandte und authentische Haltung wichtig [119]. Wichtig ist auch kulturspezifische Bedürfnisse zu berücksichtigen. Zudem erfordert „[d]as Gelingen einer Begleitung, ob durch Betreuer*innen, die Mitarbeiter*innen im Wohnhaus, der Familie oder im professionellen Bereich, […] höchste Sensibilität für persönliches »Schubladendenken«“ [120] Es muss kritisch über eigene „Vorurteile […] »Das kann er doch nicht«, »Das würde er nicht verstehen«, »Das ist ihr wahrscheinlich nicht wichtig«“ [121], reflektiert werden. Mit Bezug auf das Duale Stressmodell sollte das „Pendeln“ zwischen Zeiten, in denen sich Menschen mit komplexer Behinderung mit ihrer Trauer beschäftigen (Verlustorientierung) und Zeiten, in denen die Trauer nicht im Fokus steht (Wiederherstellungsorientierung) mitgedacht werden. Schnell kann es in Zeiten der Wiederherstellungsorientierung zu negativen Bewertungen bzw. Abwertungen der individuellen Trauerreaktionen des Personenkreises kommen [122].

Die Enttabuisierung von Sterben, Tod und Trauer im Lebensumfeld stellt ebenso einen wichtigen Schritt dar. Bezugspersonen müssen offen für die Auseinandersetzung mit Trauer sein und dies den Personen mit komplexer Behinderung deutlich zeigen. Für trauernde Menschen mit komplexer Behinderung ist es wichtig zu merken, dass Trauer ein Thema im Zusammensein und Zusammenleben sein darf [123].

Teilhabe und Partizipation

 

Zudem ist die Ermöglichung von Teilhabe und Partizipation im Trauerprozess bedeutsam. Menschen mit komplexer Behinderung sollen an Ritualen rund um den Verlust und die Trauer um eine bekannte bzw. nahestehende Person teilhaben dürfen. Wichtig ist, dass alle Teilhabemöglichkeiten immer ein Angebot sind, was angenommen aber auch abgelehnt werden kann. [124] Teilhabe und Partizipation im Trauerprozess kann ganz unterschiedlich ausgestaltet sein. So können Menschen mit komplexer Behinderung in der Planung und Durchführung von Trauerfeiern, der Auswahl von Bestattungsritualen oder auch der Gestaltung von Erinnerungsorten und Gedenkveranstaltungen beteiligt werden. Durch die aktive Beteiligung kann die trauernde Person ein Gefühl von Orientierung und Selbstwirksamkeit in zumeist sehr unsicheren Zeiten gewinnen. Ohnmachtsgefühle, die mit einer Verlusterfahrung einhergehen, können durch Beteiligung verringert werden. [125] [126]

Wissen

 

Das Wissen darüber das, was nach dem Tod eines Menschen passiert, wie Abschiede sowie Beerdigungsrituale aussehen können und welche Möglichkeiten es gibt um sich mit der eigenen Trauer auseinanderzusetzen, kann zum einen dazu beitragen mögliche Ängste zu reduzieren und Unsicherheiten zu minimieren. Zum anderen können Teilhabechancen erhöht werden. Auf der Grundlage von gewonnenem Wissen können Trauernden selbst entscheiden, wie sie beispielsweise in Abschiedsrituale involviert sein wollen. Die Auseinandersetzung mit Sterben, Tod und Trauer kann sowohl ganz grundsätzlich oder in Anbetracht eines aktuellen Todesfalls geschehen. [127]

Bei der Vermittlung von Wissen an Menschen mit komplexer Behinderung sollte mitgedacht werden, dass individuelle Kommunikations- und Verstehensbedürfnisse berücksichtigt werden müssen. Verstehen sollte auf unterschiedlichen Sinnesebene realisiert werden. So können beispielsweise Bilder, Fotos oder Videos komplexe Informationen veranschaulichen. Exkursionen, wie beispielsweise zum Friedhof oder bei einem Bestatter können Sachinhalte begreifbarer machen. Auch die Teilnahme an Abschiedsritualen, wie z.B. Beerdigungen oder Trauerfeiern kann beim Erlangen eines vertieften Verständnisses helfen. [128] [129]

Bei der Vermittlung von Wissen zu Trauer kann ggf. auch auf Kinder- bzw. Jugendbücher zurückgegriffen werden, da in ihnen komplexe Sachverhalte einfach(er) erklärt werden. Hierbei ist wichtig individuell abzuwägen, inwiefern sich die Person mit komplexer Behinderung durch den Einsatz eines Kinder-/ Jugendbuch nicht ernst genommen fühlen könnte [130].

Kommunikation

 

Menschen mit Komplexer Behinderung brauchen eine offene und ehrliche Kommunikation über Sterben, Tod und Trauer [131]. Die Endlichkeit und Unwiderruflichkeit des Todes zu verstehen, kann komplex sein. Es ist daher wichtig die Wissensvermittlung an der „Artikulationsfähigkeit, dem Sprachverständnis, dem Abstraktionsvermögen [sowie dem] Konzentrationsvermögen“ [132] der trauernden Person auszurichten. Es müssen „geeignete Entscheidungen zu Wortwahl, Sprachtempo und den Ebenen der Kommunikation (verbal, nonverbal, welche Art der Kommunikationsunterstützung – sprich: Mimik, Gestik, Körperkontakt, Gegenstände, Fotos, Piktogramme, Medien, …) gemeinsam in direktem Kontakt mit den Betroffenen“ [133] getroffen werden.

Zur Übermittlung der Nachricht über das Versterben einer bekannten bzw. nahestehenden Person ist es wichtig in der Kommunikation möglichst „klare Worte“ [134] zu nutzen. Der Tod sollte nicht mit unklaren „Umschreibungen“ oder irreführenden Bilder[n]“ [135] erklärt werden. Erläuterungen wie ‚die Mama ist weggegangen‘ oder ‚Hans ist für immer eingeschlafen‘ sind eher ungünstig. Es besteht die Gefahr, dass solche Formulierungen wörtlich genommen werden und es zu einem falschen Verständnis bzw. falschen Vorstellungen kommen kann [136]. So kann die Synonyme Verwendung von Schlafen und Tod dazu führen, dass Menschen mit komplexer Behinderung Angst bekommen auch zu sterben, wenn sie schlafen. Durch die Gleichsetzung von Weggehen und Tod kann der Eindruck erweckt werden, dass Personen die kurzzeitig weggehen nie mehr wiederkommen. Temporäre Abschiede können dadurch als sehr schlimm empfunden werden. Verlustängste und Panik können aufkommen.

Ressourcen finden und stärken

 

Individuelle Ressourcen, wie die persönlichen Stärken, Fähigkeiten, Eigenschaften und Unterstützungssysteme einer Person können helfen um mit Verlusterfahrungen und Trauer umzugehen. In der Begleitung von Verlusterfahrungen ist es sinnvoll, die individuellen Ressourcen einer Person, wie besondere Stärken, Fähigkeiten und Eigenschaften zu identifizieren und zu stärken, um mit der eigenen Trauer umgehen zu können [137]. Für Menschen mit komplexer Behinderung kann die Bewusstwerdung über persönliche Ressourcen erschwert sein. Sie brauchen dabei oftmals Unterstützung. „[E]erschwerend [kommt] hinzu, dass äußere Ressourcen wie z. B. soziale Bindungen, Freund*innen, Partnerschaften, eigene Kinder und Netzwerke fehlen oder nur geringfügig vorhanden sind“ [138]. Diese möglichen Herausforderungen müssen mitgedacht werden, wenn es darum geht individuelle Ressourcen zu finden und zu stärken.

Rahmenbedingungen

 

Um Menschen mit komplexer Behinderung in ihrer Trauer zu begleiten, müssen „Bedingungen [ge]schaffen [werden], die notwendig sind, um Teilhabe, Verständigung, Raum und individuelle Bearbeitung zu ermöglichen“ [139]. Die Auseinandersetzung mit der individuellen Trauer braucht Zeit und Kontinuität sowie Methoden und Materialien, die angepasst sind auf die Bedürfnisse der trauernden Menschen [140]. Ein stabiles soziales Gefüge und die Unterstützung von Bezugspersonen kann sich zudem förderlich auf den Trauerprozess auswirken [141]. In Abhängigkeit von den erlebten Verlusten kann auch professionelle Unterstützung in Form von z.B. Trauerbegleitung oder Psychotherapie sinnvoll sein. In institutionellen Lebens- und Wohnkontexten erweist sich eine trauerorientierte Einrichtungskultur als förderlich.

Etablierung einer trauerorientierten Einrichtungskultur

Um Menschen mit komplexer Behinderung in institutionellen Wohn- und Lebenskontexten adäquat in ihrer Trauer zu begleiten ist die Etablierung einer trauerorientierten Einrichtungskultur ratsam. Dabei wird das Ziel verfolgt ein Lebensumfeld zu schaffen, welches den Bedürfnissen der Bewohner:innen in Bezug auf Trauer und Verlust gerecht wird. Unterschiedliche Trauerrituale können in den Einrichtungsalltag eingebunden werden. Grundlegend hierbei ist eine traueranerkennende Haltung, eine grundsätzliche Offenheit, sich im Alltag mit den Themen Sterben, Tod und Trauer zu beschäftigen sowie Rahmenbedingungen und Strukturen (z.B. konstante (Sorge-)Beziehung als Sicherheit in unsicheren Zeiten [142], zeitliche und personelle Ressourcen), die diese Auseinandersetzung ermöglichen. [143]

Etablierungswille auf Leitungsebene

 

Von großer Wichtigkeit ist auch der Etablierungswille auf den Leitungsebenen (Träger/ Einrichtung) damit Trauerorientierung „fest im Bewusstsein und Handeln der Einrichtung verankert“ [144] wird. Um den Anspruch eines teilhabeorientierten und selbstbestimmten Trauerprozesses zu gewährleisten braucht es institutionelle Strukturen, die „Partizipation als Organisationsprinzip“ [145] fördern.

Partizipative Prozesse der Einrichtungsentwicklung

 

Zur Etablierung einer Trauerkultur können auch partizipative Prozesse der Einrichtungsentwicklung sinnvoll sein. Das bedeutet, dass sowohl Mitarbeiter:innen eines Trägers/ einer Einrichtung als auch Bewohner:innen in den Prozess der Organisationsentwicklung involviert werden und diesen aktiv mitgestalten. Durch den Einbezug verschiedener Personen werden unterschiedliche Perspektiven, Ideen und Erfahrungen berücksichtigt, wodurch eine Kulturentwicklung erfolgen kann, die stark an den Bedürfnissen der Betroffenen ausgerichtet ist.

Mitarbeiter:innen treten für Trauerbedürfnisse ein

 

Schließlich sind zur Entwicklung einer Trauerkultur auch Mitarbeiter:innen aufgefordert, sich für die Trauerbedürfnisse ihrer Klient:innen einzusetzen, wenn sie das Gefühl haben, dass z.B. durch Angehörige die Aberkennung individueller Trauer und damit zusammenhängend auch der Ausschluss von Abschiedsritualen droht [146].

Orientierungsrahmen für die Begleitung

 

Die Ausgestaltung der Trauerkultur kann unterschiedlich sein. Die Entwicklung von Leitbildern bzw. Einrichtungskonzepten kann als Orientierungsrahmen für die Begleitung von trauernden Bewohner:innen mit (komplexer) Behinderung dienen. Neben den bereits geschilderten Anforderungen an die Begleitung von trauernden Menschen mit komplexer Behinderung können u.a. folgende Aspekte in einem Leitbild/ Einrichtungskonzept Berücksichtigung finden:

  • Etablierung von (individuellen und/ oder kollektiven) Ritualen zu Abschied(nahme) & Erinnerung, z.B.:
    • Festlegung eines Vorgehens im konkreten Trauerfall: Wer informiert wen und wie? (Überbringung der Todesnachricht), Wer und wie wird die verstorbene Person versorgt? (Zusammenarbeit mit Bestattungsinstitut; Wer ist in der Einrichtung verantwortlich?); Wer ist in die Planung und Ausgestaltung der Abschiednahme/ Trauerfeier in der Einrichtung eingebunden?/ Wie kann die Ausgestaltung aussehen?  (z.B. Kerze, die entzündet wird, wenn Person gestorben ist; Trauertisch (Foto des Verstorbenen, Blumen, Kerze. Lieblingsgegenstände) [147]; Wie können Menschen mit komplexer Behinderung involviert werden? (Planung Trauerfeier …) [148] [149] [150]
    • Wie kann Gedenk- und Erinnerungsarbeit in der Einrichtung aussehen? (z.B. regelmäßige Gedenkveranstaltungen, Schaffung von Gedenkorten) [151]
  • Möglichkeiten der Auseinandersetzung für Bewohner:innen mit dem erlebten Versterben/ der eigenen Trauer (Auseinandersetzung mit Gefühlen, Ressourcenarbeit etc.)
    • Auseinandersetzung kann unterschiedlichen Rahmen haben: ist von Einzel- bis Gruppenangebot (Trauercafé/ Trauertreff o. -gruppen), einmalig oder mehrmals denkbar [152]
    • Unterstützung beim Finden von professionellen Trauerbegleitungsangeboten
  • Möglichkeiten der Auseinandersetzung für Mitarbeiter:innen mit dem erlebten Versterben
  • Einbezug von An- und Zugehörigen in Rituale der Abschied(-nahme) und des Gedenkens/ der Erinnerung, Erstellen eines Erinnerungsbuches [153]
  • Orientierung an den Bedürfnissen der Angehörigen (Versorgung des Verstorbenen durch Angehörige, als Gesprächspartner:innen für Angehörige zur Verfügung stehen [154]
  • Bildungsangebote für Bewohenr:innen zu den Themen Sterben, Tod und Trauer [155]
  • Sensibilisierung und (Weiter-)Bildung von Mitarbeiter:innen: einrichtungsinternen bzw. -externen Fortbildungen zu den Themen Trauer bei Menschen mit (komplexer) Behinderung, Trauerreaktionen und Umgangsweisen [156]
  • Unterstützungsmöglichkeiten für Mitarbeiter:innen im Umgang mit den Themen Sterben, Tod und Trauer (mögliche eigene Betroffenheit, Auseinandersetzung mit Erfahrungen) etablieren: Austausch- und Reflexionsmöglichkeiten sowie Supervisionsangebote [157] [158]
  • „Fortbildungen, Projekt- und Orientierungstage zu Sterben, Tod und Trauer für Angehörige“ [159]

Exemplarische Hinweise für die Begleitung in der Trauer im Lebenskontext Wohneinrichtung

  • Mitbewohner:innen über den Tod eines:r Bewohner:in informieren [160]
  • Für manche trauernden Menschen mit komplexer Behinderung ist es für das Verständnis wichtig immer wieder zu hören, dass eine Person gestorben ist
    • z.B. durch einen Gedenktisch: dieser ermöglicht ein mehrsinnliches Verstehen: der Verlust kann auf einer auditiven (sprachliche Begleitung) und visuellen Ebene (z.B. Fotos der verstorbenen Person) begreifbar werden [161]
  • Kontinuierliche Gesprächsangebote und einen Raum für Fragen schaffen, um ein Verstehen zu ermöglichen [162]
  • Teilnahme an Abschiedsritualen ermöglichen, um Verlust begreifbar zu machen: Aufbahrung, Trauer-/Gedenkfeiern, Beerdigung [163]
  • grundsätzlich: Wissen über Sterben, Tod, Abschiedsfeier, Beerdigung etc. vermitteln – dies sollte nicht erst mit dem konkreten Todesfall erfolgen
    • mögliche Themen: Was passiert nach dem Versterben? (Totenfürsorge, Möglichkeiten der Gestaltung von Abschiednahmen, Informationen zu Bestattungen/ Beerdigungen; Möglichkeiten der Erinnerungsarbeit etc.)
    • Als Verstehensunterstützung können zum einen Bildern, „Fotos (Bestatterauto, ausgehobenes Grab, Grab mit Bagger, Sarg von innen und außen, Urne, Trauernde auf der Trauerfeier, Sarg mit Blumen, …) und Gegenständen (Urne, kleiner Sarg, Kerzen, Blumen, Taschentücher, …)“ [164] genutzt werden.
    • Zum anderen können auch Exkursion, z.B. zu Bestattungsunternehmen, Hospizen oder auf den Friedhof, Sachinhalte begreifbar machen. [165]
  • Seelsorger:innen
  • Pfarrer:innen
  • Trauerbegleiter:innen

Gesprächsaustausch schaffen, der auch über die Beerdigung hinausgeht [170]

  • Teilnahme ermöglichen an:
    • Trauerfeier
    • Beerdigung
    • Erinnerungsritualen
  • Partizipation an der Gestaltung von Abschiedsritualen [171] – möglich wäre das Menschen mit komplexer Behinderung an folgenden Planungsschritten beteiligt werden:
    • Auswahl der Kleidung für die verstorbene Person
    • Einbezug bei der Gestaltung des Ortes der Abschiednahme/ Trauerhalle etc. (Auswahl von Blumen, Kerzen)
    • Einbezug bei der Auswahl des Sargs, der Urne
    • Bemalen von Sarg/ Urne
    • Auswahl von Sargbeilagen (persönliche Gegenstände, Fotos…)
    • Übernahme von Aufgaben auf der Trauerfeier (Begrüßung der Trauergäste, Verteilung von Programm-, Lied-, Erinnerungsheften, Kerze gestalte etc.)
    • Liedauswahl
      [172] [173]
  • Beteiligung an der Gestaltung von Gedenk-/ Erinnerungsorten/ -möglichkeiten [174]
    • Gestaltung eines Gedenktisches, Erinnerungsbuches, Erinnerungsortes in der Einrichtung
  • Erinnerungsmöglichkeiten entwickeln durch das Verwenden von Sinnesgeschichten und Fotografien“ [175]
    • „Eine Geschichte über die Beziehung, die wir mit der Person hatten, entstehen zu lassen, ist ein einfühlsamer Weg, uns mit unseren Erinnerungen und Erfahrungen aus der Vergangenheit zu verbinden und uns in der Gegenwart zu verankern. Ein Beispiel hierfür ist das Sammeln von Gedichten, Fotos und kleinen Kunstwerken, die in einer Erinnerungskiste zusammen aufbewahrt werden können“ [176]
  • Musik der verstorbenen Person hören um sich zu erinnern [177]
  • Gestaltung von Erinnerungskisten mit Fotos, „Gegenständen, die der Person gehörten“, Gegenständen, die zum Wohlfühlen beitragen [178]
  • „Fotobuch erstellen“ [179]
  • Lieblingsspeisen der verstorbenen Person kochen und sich erinnern [180]

Quellen

[1] vgl. Krüger 2022, S. 53 [2] vgl. Oetting-Roß et al. 2018, S. 13 [3] vgl. Müller & Kiepke-Ziemes 2023, o.S. [4] vgl. Oetting-Roß et al. 2018, S. 12f. [5] vgl. DHPV 2021, S. 3 [6] vgl. Grünwald 2014, S. 28 [7] vgl. Krüger 2022, S. 99 [8] vgl. Bruhn 2014, S. 169 [9] Krüger 2022, S. 51 [10] vgl. Müller & Kiepke-Ziemes 2023, o.S. [11] vgl. Witt-Loers 2019, S. 47 [12] vgl. Müller & Kiepke-Ziemes 2023, o.S. [13] vgl. ebd., o.S. [14] vgl. Witt-Loers 2019, S. 49ff. [15] Schröer 2014, S. 245 [16] vgl. ebd., S. 245 [17] vgl. Krüger 2022, S. 85f. [18] vgl. Krause & Schroeter-Rupieper 2018, S. 74 [19] vgl. Witt-Loers 2019, S. 46 [20] vgl. Krüger 2022, S. 65 [21] vgl. ebd., S. 65 [22] ebd., S. 65 [23] ebd., S. 65 [24] ebd., S. 65 [25] ebd., S. 65 [26] ebd., S. 65 [27] vgl. ebd., S. 65 [28] ebd., S. 65 [29] ebd., S. 65 [30] ebd., S. 65 [31] ebd., S. 65 [32] vgl. Diebold 2013, S. 21f. [33] vgl. Müller & Willmann 2016, S. 44 [34] ebd., S. 44 [35] ebd., S. 44 [36] ebd., S. 44 [37] ebd., S. 44 [38] vgl. Förster 2023, S. 26 [39] ebd., S. 26 [40] ebd., S. 26 [41] ebd., S. 26 [42] ebd., S. 26 [43] ebd., S. 27 [44] vgl. Krüger 2022, S. 65f. [45] vgl. Krause & Schroeter-Rupieper 2018, S. 23-32 [46] vgl. Förster 2023, S. 26-30 [47] vgl. Krüger 2022, S. 65 [48] vgl. Krause & Schroeter-Rupieper 2018, S. 26 [49] vgl. ebd., S. 26 [50] Bruhn 2014, S. 169 [51] vgl. Krüger 2022, S. 67 [52] vgl. Müller & Willmann 2016, S. 45 [53] vgl. ebd., S. 45 [54] vgl. Krause & Schroeter-Rupieper 2018, S. 25f. [55] vgl. Krüger 2022, S. 72f. [56] vgl. ebd., S. 75ff. [57] vgl. Müller & Willmann 2016, S. 47ff. [58] Krüger 2022, S. 76 [59] vgl. ebd., S. 76f. [60] vgl. Müller & Willmann 2016, S. 50 [61] vgl. Krüger 2022, S. 75f. [62] vgl. Witt-Loers 2019, S. 149 [63] vgl. Krüger 2022, S. 76 [64] vgl. ebd., S. 77f. [65] Krüger 2022, S. 78 [66] vgl. Krüger 2022, S. ff. [67] vgl. Krause & Schroeter-Rupieper 2018, S. 74 [68] ebd., S. 74 [69] vgl. ebd., S. 74 [70] vgl. Witt-Loers 2019, S. 36 [71] vgl. Young et al. 2014, S. 120ff. [72] vgl. Förster o.J., o.S. [73] vgl. Witt-Loers 2023, S. 5ff. [74] vgl. Krause & Schroeter-Rupieper 2018, S. 32ff. [75] vgl. Witt-Loers 2019, S. 113 [76] vgl. ebd., S. 113 [77] Witt-Loers 2019, S. 112 [78] ebd., S. 92 [79] vgl. ebd., S. 96 [80] ebd., S. 98 [81] vgl. ebd., S. 98 [82] vgl. ebd., S. 96 [83] ebd., S. 97 [84] vgl. Kraft & Brückner 2022, S. 27ff. [85] ebd., S. 28 [86] Witt-Loers 2019, S. 89 [87] vgl. ebd., S. 85ff. [88] vgl. Heppenheimer 2014, S. 180f. [89] vgl. Witt-Loers 2019, S. 129 [90] ebd., S. 88. [91] vgl. ebd., S. 26f. [92] ebd., S. 21. [93] vgl. ebd., S. 88 [94] vgl. Heppenheimer 2014, S. 181 [95] vgl. Witt-Loers 2019, S. 93 [96] vgl. Bürgi & Metz 2014, S. 1 [97] vgl. Müller & Willmann 2016, S. 20 [98] vgl. Doka 2014, S. 8 [99] Witt-Loers 2019, S. 90 [100] vgl. Bürgi & Metz 2014, S. 1 [101] vgl. Müller & Willmann 2016, S. 20f. [102] vgl. Witt-Loers 2019, S. 99ff. [103] vgl. Pfister 2014, S. 46 [104] vgl. Müller & Pfister 2014, S. 14 [105] vgl. Witt-Loers 2019, S. 116 [106] vgl. Bruhn 2014, S. 170 [107] ebd., S. 92 [108] vgl. ebd., S. 111 [109] vgl. Kraft & Brückner 2022, S. 20 [110] vgl. ebd., S. 22 [111] vgl. ebd., S. 20 [112] Mucksch 2015, S. 58 [113] vgl. Müller et al. 2021, S. 109ff. [114] vgl. Kraft & Brückner 2022, S. 37 [115] vgl. Witt-Loers 2019, S. 91 [116] vgl. ebd., S 38/ 156 [117] vgl. Krause & Schroeter-Rupieper 2018, S. 41 [118] vgl. Benz & Trommler 2023, S. 15 [119] vgl. Mucksch 2015, S. 45ff. [120] Witt-Loers 2019, S. 154 [121] ebd., S. 154 [122] vgl. ebd., S. 149 [123] vgl. ebd., S. 38 [124] vgl. ebd., S. 86 [125] vgl. ebd., S. 134ff. [126] vgl. PiCarDi-Homepage o.J. (a), o.S. [127] vgl. PiCarDi-Homepage o.J. (b), o.S. [128] vgl. Krause & Schroeter-Rupieper 2018, S. 28/ 47 [129] vgl. Witt-Loers 2019, S. 58/ 133f./ 160ff. [130] vgl. ebd., S. 125 [131] vgl. ebd., S. 38ff. [132] Witt-Loers 2019, S. 158 [133] ebd., S. 158 [134] ebd., S. 127 [135] ebd., S. 127 [136] vgl. ebd., S. 134/ 215 [137] vgl. ebd., S. 138 [138] ebd., S. 140 [139] ebd.,S.  40 [140] vgl. ebd., S. 48 [141] vgl. ebd., S. 147 [142] vgl. ebd., S. 114 [143] vgl. Heppenheimer 2014, S. 180ff. [144] Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration 2017, S. 16 [145] PiCarDi-Homepage o.J. (c), o.S. [146] vgl. Heppenheimer &Sperl 2011, S. 135 [147] vgl. Witt-Loers 2019, S. 135 [148] vgl.  ebd., S. 135 [149] vgl. Brand & Bruhn 2014, S. 155ff. [150] vgl. Gelhaus 2017, S. 7ff. [151] vgl. Witt-Loers 2019, S. 170 [152] vgl. Müller et al. 2021, S. 267f. [153] vgl. PiCarDi-Homepage o.J. (d), o.S. [154] vgl. Kostrzewa 2020, S. 268 [155] vgl. PiCarDi-Homepage o.J. (e), o.S. [156] vgl. Witt-Lors 2019, S. 20 [157] vgl. Pfister 2014, S. 46 [158] vgl. Heppenheimer & Sperl 2011, S. 133 [159] Witt-Loers 2019, S. 200 [160] vgl. Krause & Schroeter-Rupieper 2018, S. 100 [161] vgl. ebd., S. 100 [162] vgl. ebd., S. 105 [163] vgl. ebd., S. 98 [164] Witt-Loers 2019, S. 133 [165] vgl. ebd., S. 134 [166] vgl. ebd., S. 162 [167] vgl. Krause & Schroeter-Rupieper 2018, S. 107 [168] ebd., S. 111 [169] vgl. Witt-Loers 2019, S. 145 [170] vgl. Krause & Schroeter-Rupieper 2018, S. 99 [171] vgl. ebd., S. 98 [172] vgl. ebd., S. 102/ 105 [173] vgl. Witt-Loers 2019, S. 135ff. [174] vgl. Krause & Schroeter-Rupieper 2018, S. 98 [175] Young et al. 2014, S. 128 [176] ebd., S. 130 [177] vgl. Krause & Schroeter-Rupieper 2018, S. 111 [178] vgl. Young et al. 2014, S. 130 [179] Krause & Schroeter-Rupieper 2018, S. 118 [180] vgl. ebd., S. 117



Literatur

Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (2017): Palliative Care und Hospizarbeit in der Behindertenhilfe. Rahmenkonzept. [Zugriff am 25.03.2024].

Benz, S. & Trommler, K. (2023): Sarggeschichten. Warum selbstbestimmtes Abschiednehmen so wichtig ist. München: Mosaik.

Brand, C. & Bruhn, R. (2014): Wenn ein Mensch gestorben ist – Orientierung für Mitarbeiter in der Behindertenhilfe. In: Bruhn, R. & Straßer, B. (Hg.): Palliative Care für Menschen mit geistiger Behinderung. Interdisziplinäre Perspektiven für die Begleitung am Lebensende. Stuttgart: Kohlhammer, S. 155-167.

Bruhn, R. (2014): Trauernde Menschen mit geistiger Behinderung begleiten und nach ihren eigenen Bedingungen verstehen lernen. In: Bruhn, R. & Straßer, B. (Hg.): Palliative Care für Menschen mit geistiger Behinderung. Interdisziplinäre Perspektiven für die Begleitung am Lebensende. Stuttgart: Kohlhammer, S. 167-180.

Bürgi, D. & Metz, Ch. (2014): Leiden im Verborgenen. In: Leidfaden 3(3), S. 1.

DHPV e.V. (2021): Hilfen für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen. [Zugriff am 26.03.2024].

Diebold, R. (2013): Trauerbegleitung von Jugendlichen. Bausteine professionellen Handlungswissens in der Offenen Jugendarbeit. Wiesbaden: Springer.

Doka, K. (2014): Entrechtete Trauer. In Leidfaden 3(3), S. 4-8.

Förster, M. (2023): Qualifikation in Trauerbegleitung, unveröffentlicht.

Förster, M. (o.J): Der Trauerkompass. [Zugriff am 26.03.2023].

Gelhaus, M. (2017): Ein Bewohner ist während meiner Schicht verstorben … was soll ich jetzt machen? [Zugriff am 26.03.2024].

Grünwald, H. S. (2014): Abrupte Beziehungsabbrüche – unerwartetes Leid mit schwierigen Verarbeitungsmöglichkeiten. In: Leidfaden 3(3), S. 28-31.

Heppenheimer, H. & Sperl, I. (2011): Emotionale Kompetenz und Trauer bei Menschen mit geistiger Behinderung. Stuttgart: Kohlhammer.

Heppenheimer, H. (2014): Entwicklung einer Trauerkultur in einer Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung am Beispiel Mariaberg. In: Bruhn, R. & Straßer, R. (Hg.): Palliative Care für Menschen mit geistiger Behinderung. Interdisziplinäre Perspektiven für die Begleitung am Lebensende. Stuttgart: Kohlhammer, S. 180-186.

Kraft, C. & Brückner, S. (2022): Endlich. Über Trauer reden. München: Goldmann.

Krause, G. & Schroeter-Rupieper, M. (2018): Menschen mit Behinderung in ihrer Trauer begleiten. Ein theoriegeleitetes Praxisbuch. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Krüger, T. (2022): Trauer in der Sozialen Arbeit: Bedeutung von Verlust und Trost. Stuttgart: Kohlhammer.

Kostrzewa, S. (2020): Menschen mit geistiger Behinderung palliativ pflegen und begleiten: Palliative Care und geistige Behinderung. Bern: Hogrefe.

Müller, M. & Pfister, D. (2014): Die verwundbaren Helfer. Warum die Studie und dieses Buch? In: Müller, M. & Pfister, D. (2014) (Hg.): Wie viel Tod verträgt das Team? Belastungs- und Schutzfaktoren in Hospizarbeit und Palliativmedizin. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 13-21.

Müller, H. & Willmann, H. (2016): Trauer: Forschung und Praxis verbinden. Zusammenhänge verstehen und nutzen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Müller, M.; Brathuhn, S. & Schnegg, M. (Hg.) (2021): Handbuch Trauerbegegnung und -begleitung. Theorie und Praxis in Hospizarbeit und Palliative Care. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Müller, H. & Kiepke-Ziemes, S. (2023): Trauer. In: socialnet Lexikon [online]. Bonn: socialnet. 13.10.2023 [Zugriff am: 18.03.2024].

Mucksch, N. (2015): Trauernde hören, wertschätzen, verstehen. Die personzentrierte Haltung in der Begleitung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Oetting-Roß, C.; Schnepp, W. & Büscher, A. (2018): Kindsein mit einer lebenslimitierenden Erkrankung – Erleben und Strategien aus Kinder- und Jugendperspektive. In: Pflege & Gesellschaft, 23(1), S. 5-23.

PiCarDi-Homepage (o.J.) (a): Teilhabe. [Zugriff am 26.03.2024].

PiCarDi-Homepage (o.J.) (b): Durch Bildungsangebote Teilhabechancen erweitern. [Zugriff am 26.03.2024].

PiCarDi-Homepage (o.J.) (c): Partizipation als Organisationsprinzip. [Zugriff am 26.03.2024].

PiCarDi-Homepage (o.J.) (d): Vorgehen im Teilprojekt Leipzig. [Zugriff am 26.03.2024].

PiCarDi-Homepage (o.J.) (e): Auseinandersetzung mit den Themen Sterben, Tod und Trauer. [Zugriff am 26.03.2024]

Pfister, D. (2014): Belastungsfaktoren. In: Müller, M. & Pfister, D. (2013) (Hg.): Wie viel Tod verträgt das Team? Belastungs- du Schutzfaktoren in Hospizarbeit und Palliativmedizin. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 43-49.

Schröer, M. (2014): Trauer. In: Schnell, M. W. & Schulz, C. (Hg.): Basiswissen Palliativmedizin. Berlin/ Heidelberg: Springer, S. 241-250.

Witt-Loers, S. (2019): Trauernde Menschen mit geistiger Behinderung begleiten: Orientierungshilfe für Bezugspersonen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Witt-Loers, S. (2023): Kreative Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen: 75 Therapiekarten. Weinheim; Basel: Beltz.

Young, H.; Garrard, B.; Lambe, L. & Hogg, James (2014): Trauer verstehen und mit Trauer umgehen bei Menschen mit komplexer Behinderung (übersetzt aus dem Englischen von Dr. Nicola Maier-Michalitsch). In: Maier-Michalitsch, N. & Grunick, G. (Hrgs.): Leben bis zuletzt – Sterben, Tod und Trauer bei Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen. Düsseldorf: verlag selbstbestimmtes leben.