Stärker als in anderen Ansätzen wird in der Umsetzung der Basale Aktionsgeschichten das Spannungsfeld zwischen dem sogenannten Entwicklungsalter von Menschen mit komplexer Behinderung und dem tatsächlichen Lebensalter dieser Menschen berücksichtigt, indem einerseits entwicklungsangemessene Methoden eingesetzt werden, andererseits aber auch altersangemessene (Bildungs-)Inhalte für die Geschichten gewählt werden.
Ausgehend von einem elementarisierten (auf seine wesentlichen inhaltlichen Aspekte und Strukturen fokussierten) literarischen Text, der das Gerüst der Basale Aktionsgeschichten bildet, werden in einfacher Sprache, mit klaren und sich wiederholenden Handlungen sowie visueller Unterstützung durch Bilder, Gesten oder konkrete Gegenstände Inhalte, Handlungen oder Situationen der Geschichte dargestellt. Die rhythmische Struktur der Geschichte bietet immer wieder die Möglichkeit, aktiv zu werden, sowohl auf der Wahrnehmungs- als auch auf der Kommunikationsebene.
Die Geschichten werden z.B. durch taktile, visuelle, auditive, olfaktorische und gustatorische Elemente bereichert. So können beispielsweise beim Erzählen einer Geschichte über das Meer die Zuhörer das Gefühl von Sand oder Wasser erleben, den Geruch von Salzwasser riechen oder das Geräusch von Wellen hören. Diese multisensorischen Elemente ermöglichen es Menschen mit komplexen Behinderungen, sich auf einer sehr grundlegenden Ebene mit der Geschichte zu verbinden und sie intensiv zu erleben.
Die Basale Aktionsgeschichten sind oft individuell bzw. zielgruppenspezifisch angepasst und auf die vorhandenen Bedürfnisse und Fähigkeiten zugeschnitten.
Die von Frau Goudarzi selbst entwickelten Geschichten folgen einer bewährten „Rezeptstruktur“: Auf einen kurzen didaktischen Kommentar mit Angabe von Inhalt, Lernzielen und Kernvokabular folgen die Materialübersicht, die Checkliste zur Vorbereitung sowie eine Adaption als elektronikfreie Variante. Eine Ideenkiste am Ende jeder Geschichte liefert weitere Anregungen und Aktionen.
Der besondere Wert von Basalen Aktionsgeschichten für das Literaturerleben von Menschen mit komplexer Behinderung liegt in ihrer Fähigkeit, literarische Inhalte tiefgehend und multisensorisch erfahrbar zu machen. Für Menschen, die traditionelle Formen der Literatur möglicherweise nicht erfassen oder genießen können, bilden sie eine Brücke in die Welt der Geschichten und Erzählungen, da literarische Inhalte nicht nur gehört oder gesehen, sondern ganzheitlich erlebt werden können. Auf diese Weise können die Grenzen des traditionellen Literaturerlebnisses erweitert und für alle zugänglich gemacht werden, unabhängig von kognitiven oder physischen Fähigkeiten.
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